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Stephens und Catherwood: Ueber Central-Amerika. 115
werken zu einer grossen Hacienda, in der die Reisenden eine freund-
liche Aufnahme fanden. Die ersten Nachrichten über die alte Stadt, welche
neun Leguas von der Stadt Valladolid entfernt ist, hat im Jahre 1840
Baron Friedrichsthal gegeben. Der Name Chichen ist aus zwei Worten
der Maya-Sprache gebildet, nämlich Chi Mündung und Chen Quelle, also
Quellen-Mündung. Es befindet sich hier ein grosses Becken von vor-
trefflichem Wasser, welches von hohen Felsenwänden eingeschlossen ist.
Die zahlreichen, sehr grossartigen Gebäude sind auf einer Fläche γοη
ohngefähr zwei englischen Meilen im Umfang ausgebreitet. Ueber ihre
Lage ist ein Grundriss beigefügt. Im Ganzen sind sie noch gut erhalten.
In der Beschreibung, welche Refer. ganz gedrängt geben wird, folgt er
dem Grundplan.
Das erste grosse Gebäude, welches 250 Yards von der Hacienda
entfernt ist, liegt mit der Fatjade nach Osten, und hat eine Länge von
149 Fuss und eine Breite von 48 Fuss. Es besteht nur aus einem Erd-
geschoss und einem breiten Treppenhaus, durch das man auf das flache
Dach gelangt. Zu beiden Seiten des Treppenhauses befinden sich zwei
Thorwege, und an der Westseite sind sieben Eingänge vorhanden. Durch
die Eingänge kommt man in achtzehn Gemächer. In einem derselben fand
man eine steinerne Tafel, in die sehr roh die sitzende Figur eines Man-
nes mit aufgerichtetem rechten Arm eingegraben ist. Sie trägt eine mit
langen Federn verzierte Kopfbedeckung, ein breites Halsband, Armbän-
der und Sandalen. Am Stein nahm man zugleich einige Reihen Hiero-
glyphen wahr, welche den in Copan und Palenque gefundenen glichen.
Was diese Figur, von der eine Abbildung gegeben ist, eigentlich be-
deute, liess sich nicht errathen.
Ostwärts, in einer Entfernung von 150 Yards, sah man ein zwei-
tes, sehr gut erhaltenes prachtvolles Gebäude, dessen Fa^ade 35 Fuss
lang und 25 Fuss hoch ist. Es wird, wie eins der Hauptgebäude zu
Uxmal, Casa de las Monjas genannt. Seine ganze Vorderseite ist vom
Boden an bis zum flachen Dach auf das reichste und schönste mit Mo-
saik -Sculpturen verziert, In das Innere führt nur eine grosse Thür-
Oeffnung, über welcher man zwanzig kleine Felder in vier Reihen er-
blickt, die mit Hieroglyphen bedeckt sind. Weiter oben, am sehr hohen
Karniess, befindet sich eine grosse halbeiförmige Nische mit einer sitzen-
den menschlichen Figur, deren Haupt mit einer Federkrone geziert ist.
Das flache Dach des Gebäudes war ganz mit tropischen Gewächsen be-
deckt, welche, über das Karniess herabhängend, der schönen Fa^ade ein
malerisches Aussehen verliehen.

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