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Wills: Essay on circumstantial evidence.

Recht als ein höchst werthvolles. Vorzüglich verdient das Werk von
Wills, dessen Titel wir oben angegeben haben, eine grosse Beachtung.
Wenn auch Bentham in seinem bekannten grossen Werke: Rationale mit
seiner feinen Zergliederungskunst und seinem Scharfsinn eine Masse der
geistreichsten allgemeinem Regeln über den Beweis durch Nebenumstände
aufgestellt hat, so ist doch das vorliegende Werk von Wills vorzuziehen,
weil es mehr im praktischen Geiste bearbeitet ist, nicht mit einer Masse
abstrakter und willkürlich zu drehenden Regeln sich begnügt, sondern
die Rechtsanwendung durch das Leben selbst erläutert, jede Regel in
ihrer Wichtigkeit durch eine grosse Zahl von wichtigen Straffällen ver-
ständlich und klar macht und zugleich aus einer Quelle schöpft, welche
sicherer den Praktiker leitet, als allgemeine nur aus gewissen sogenann-
ten Grundsätzen abgeleitete Regeln. Diese Quelle ist der Inbegriff der
Rechtsansichten, λνοίεΐιο von den englischen Präsidenten der Assisen in
ihren charges am Schlüsse einer Verhandlung an die Geschwornen ge-
richtet werden. Es sind hier nicht willkürlich nach der Individualität
eines Richters aufgestellte wechselnde Meinungen des Vorsitzenden, son-
dern in diesen charges liegen die Rechtsansiebten, welche über die Be-
urtheilung der Beweise bei Entscheidung von Rechtsfällen durch die Rechts-
übung von dem obersten Gerichte Englands als dem Mittelpunkt der
Rechtsprechung seit einer langen Reihe von Jahren fortgebildet wurden.
Da nun die 15 Richter, als Mitglieder des obersten Gerichts, in den, in
den verschiedenen Grafschaften in gewissen Zeiten gehaltenen Assisen die
Präsidenten sind, so kann man annehmen, dass die von diesen Richtern
ausgesprochenen Rechtsansichten eigentlich die Ansichten des obersten
Gerichts sind. Eben in der Beweislebre wird dies bedeutend, weil durch
die am Schlüsse der Verhandlung vor der Berathung an die Geschwornen
in den charges ertheilte Anweisung in der Anwendung auf den einzelnen
Fall die Rechtsprechung der Geschwornen eine gewisse Gleichförmigkeit
erhält, und vor Uebereilung gesichert und weil die Berathung erleichtert
wird, da der Richter die Geschwornen aufmerksam macht, worauf sie sehen
sollten und sie vor gewissen leicht auf sie wirkenden gefährlichen Ansichten
warnt. Vorzüglich bewährt sich dies trefflich bei dem circumstantiellen
Beweise, bei welchem die Gefahr, durch einzelne trügerische Erschei-
nungen geblendet zu werden, kühne Schlüsse aus einzelnen Thatsachen
abzuleiten und willkürlich zufällig nebeneinander vorkommende Thatsachen
in eine innere Verbindung zu bringen, so gross ist und leicht unge-
rechte Verurteilungen erzeugen könnte.
 
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