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Biedermann: Jmighegel’sche Weltanschauung.

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Menschen noch nicht so unmittelbar entscheidet. Das ist aber eine in
Beziehung auf die Seele abstrakt materialistische, in Beziehung auf den
ganzen Menschen dualistische Vorstellung.“ Wie man die Ansicht, welche
die Seele als ein „besonderes, von der leiblichen Existenz des Menschen
unterschiedenes Wesen“ annimmt, in „Beziehung auf die Seele“ eine
„materialistische“ nennen kann, ist nicht wohl einzusehen, wohl aber, wie
man sie dualistisch nennen kann. Dass aber diese „ dualistische “, oder
vielmehr ideelle Ansicht von der Seele im Gegensätze gegen das ma-
terielle Dasein des Leibes „die urchristliche“ ist, und dass also des Verf.
Philosophie mit der christlichen Anschauungsweise in Conflikt kommt, leuch-
tet von selbst ein.
„Von dieser Vorstellung aus“, fährt der Verf. S. 174 fort, „welche
neben der leiblichen Existenz des Menschen seiner Seele, die doch nichts
Anderes, als das seiner einzigen Existenz zu Grunde liegende, geistige
Wesen ist, selbst noch eine besondere Existenz für sich zu-
schreibt, kann man nun allerdings ins Blaue {sic!) weiter fragen: Wie
lange wird sie wohl nach der aufgelösten Verbindung mit dem Leibe
fortexistiren? Hat sie nicht vielleicht schon vor dieser Verbindung exi-
stirt?“ „So kann man ins Blaue hinaus {sic!) von Präexistenz
und Fortdauer nach dem Tode, von einer Fortführung der Seele von
andern zu andern Daseinsweisen während Weltaltern, ja während aller
Zeit, phantasiren {sic!) und demonstriren.“ Wenn wir aber von dem
Dasein nach dem Tode so wenig haben sollen, als von dem nach einer
„nicht so geringschätzig abzuweisenden Vorstellung vorausgesetzten, vor-
irdischen Dasein, so kommt das Ganze ziemlich misslich für uns heraus.“
„Denn“, sagt der Verf. „nicht das concrete, bestimmte Ich“, sondern das
„einfache Seelending {sic!) ohne Continuität des Bewusstseins“ müsste
vorher dagewesen sein {S. 175). Man kommt also nach des Verf.’s ei-
genem Geständnisse mit der Unsterblichkeit „ohne Continuität des Bewusst-
seins“ schlecht weg; eine solche Unsterblichkeit sieht nach seinen eige-
nen Worten „misslich“ aus. Der Verf. sagt S. 176, dass die Unsterb-
lichkeitsfrage „keine Sache müssiger Neugierde, sondern ein Gegenstand
des tiefsten, heiligsten Interesses sei.“ Diese Unsterblichkeit ist ihm
aber nichts Anderes, als sein oben entwickeltes „concretes Selbstbewusst-
sein des ewigen Lebens“ {nicht ein Selbstbewusstsein nach dem Tode,
sondern in diesem Leben, das eben dadurch ein ewiges Leben wird).
Von einer „Continuität des Bewusstseins“ nach dem Tode ist in diesem
sogenannten, ewigen Leben, das nach des Verf.’s Ausdrucke die „absolute
Hoffnung des Menschen“ ist, gar keine Rede. Der Glaube „an diese
Ewigkeit“, wie sie der Verf. nennt, muss bei den Menschen, wie er sagt,
„immer durch die Vorstellung der Unsterblichkeit hindurch.“ Bei „denen,
welche nicht zum philosophischen Denken kommen {sic!), wird diese
Vorstellung im Allgemeinen auch das Medium bleiben, durch das sie sich
das Selbstbewusstsein der Ewigkeit vermitteln, die Form, in der sie an
die Ewigkeit glauben.“ Nur sollen sich diese, welche das „philosophische
Denken nicht haben“, in diese Vorstellung des Unsterblichkeitsglaubens
3,nicht so verbeissen“, dass sie „sich selbst überreden, dass alle höchsten
 
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