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Nr. 40. HEIDELBERGER 1856.'
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Die physische Geographie des Meeres von M. F. Maury, Marinelieutenant der
vereinig. Staaten. Deutsch bearbeitet von Dr. C. Böttger, Prof, am Gym-
nasium zu Dessau. Mit 5 Holzschnitten und 6 grossem lithographirten Karten.
Leipzig, Verlag von G. Mayer. 1856. (XII und 268 S. in 8.)
Der Zweck des vorliegenden höchst interessanten Buches ist, wie schon
sein Titel sagt, eine Beschreibung und möglichste Erklärung der Erscheinungen,
die der Ozean in seiner Gestaltung und Bewegung zeigt. Dabei war es noth-
wendig, vielfach auch auf die Bewegungen in der Atmosphäre, so wie auf die
Gestaltung des Festlandes überzugehen, da nur dadurch der eigentliche Gegen-
stand deutlicher erklärt werden konnte. Bei dem Interesse, den die hier be-
handelten Punkte an und für sich haben, so wie bei dem Ungeheuern Nutzen,
den eine genaue Kenntniss der ozeanischen Bewegung der Schifffahrt schon
gewährt bat und noch mehr gewähren muss, ist ein Werk wie das vorliegende,
das in allgemein verständlicher Sprache abgefasst ist, jedem Gebildeten eben so
wie dem Seemanne sicherlich sehr willkommen, und der deutsche Bearbeiter
verdient Dank, dass er dasselbe auf unsern Boden verpflanzt hat. Der Leser
möge erlauben, etwas näher und ausführlicher auf den Inhalt einzugehen, als
eine kurze Anzeige gestatten würde.
In der grossen Bucht, die von den zwei Hälften des amerikanischen Fest-
landes und der sie verbindenden Landenge gebildet wird, entspringt ein ungeheurer
Strom warmen Wassers — der Golfstrom — dessen Gewässer, zuerst eine
Indigofarbe zeigend, sich, ohne sich mit dem übrigen Wasser des Ozeans zu
vermischen, aus der Meeresenge zwischen Kuba und Florida herausbrechend, in
einiger Entfernung vom Festlande Nordamerikas gegen Norden wälzen, bis
sie in der Breite von Neufundland gegen Osten abbiegen, die brittischen Inseln
umfluthen und dann längs der Küste Frankreichs und Spaniens gegen Süden zu
abströmen. Bei dieser Bewegung wird der Strom immer breiter, so dass er zuletzt
Hunderte und Tausende von Quadratmeilen des Ozeans mit seinen warmen Wassern
bedeckt. Diesen Abfluss aus dem mexicanischen Meerbusen zu ersetzen strömen
von Süden her die Gewässer des Ozeans in denselben ein, so dass ein Aequato-
rialstrom sich gebildet hat, der eine nothwendige Folge des Golfstroms war.
Flaschen, die nach alter Sitte von den Seefahrern ausgeworfen wurden, und
wobei immer Zeit und Ort aufgezeichnet waren, haben diese Strömung ganz
äusser Zweifel gesetzt. Woher rührt nun diese wunderbare Strömung, die in
ihren Folgen so wohlthätig auf das Klima Europas ein wirkt? — Wohl offenbar
daher, dass im Golfe von Mexiko unter dem Einflüsse der tropischen Sonne die
Gewässer in einer Weise erhitzt werden, dass sie leichter sind, als die kältern
Wasser des Ozeans und daher eine Strömung sich nothwendig bilden musste.
Dass diese nach Worden sich wenden musste, liegt in der eigenthümlich vor-
springenden Gestalt Südamerikas, die ein Abfluthen nach Süden gehemmt hat.
Die aus dem mexikanischen Busen abfliessenden Gewässer kommen aus einer
Gegend, die nahe am Aequator sich befindet, bei der also die Geschwindigkeit
XLXI. Jahrg. 8, Heft,
 
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