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Nr. 46. HEIDELBERGER 1856.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Les quatre martyrs par A. F. Rio. Paris, Ambroise Bray, libraire-
editeur, rue des saints peres 66. 1856. 338 S. 8.
Der Verfasser des vorliegenden Buches gibt in einem Vorworte
zu demselben über dessen Entstehung und die dabei zu Grunde lie-
gende Idee folgende Andeutung. Als er nämlich vor zwanzig Jahren
den ersten Band seines Werkes über „die christliche Kunst“ er-
scheinen liess, welchem er den zweiten allgemeinem Titel beigab:
„De la poesie chretienne dans son principe, dans sa mutiere et
dans ses formes“, so hatte er sich vorgesetzt, bei der Weiterführung
dieser allgemeinen Betrachtung der christlichen Poesie in einem eig-
nen Abschnitte von dem „Marterthume“ zu handeln, dazu Vorstu-
dien gemacht und Materialien gesammelt. Inzwischen hielt es der
Verfasser im Laufe der Jahre für angemessener, die Grenzen und
das Ziel seiner Aufgabe auf das Gebiet der zeichnenden und bilden-
den Künste zu beschränken, wodurch er dann auch veranlasst wurde,
jene früher beabsichtigte allgemeine und umfassende Behandlung des
Marterthumes, und namentlich des christlichen Marterthumes, nicht
zur Ausführung zu bringen. Aber als eine Frucht seiner frühem
Beschäftigung mit diesem Gegenstände erhalten wir jetzt „die vier
Märtyrer.“ Diese vier Märtyrer sind aber nicht den ersten Jahr-
hunderten des Christenthums entnommen, wie man bei der Bezeich-
nung „Märtyrer“ zunächst zu denken gewohnt, sondern aus einer
viel spätem Zeit. Ist ja doch auch das Marterthum, das Leiden
und, wenn es sein muss, das Sterben für eine höhere Idee und für
die darauf gegründete Ueberzeugung, weder auf ein Zeitalter, noch
auf ein Lebensvcrhältniss innerhalb des Christenthums und der Kirche
eingeschränkt. Die vier hier geschilderten Märtyrer, von denen je-
der eine andre Seite des Marterthumes repräsentirt, gehören dem
sechzehnten und siebenzehnten Jahrhundert an und sind folgende:
Philipp Howard oder der Martyr der Wahrheit (S. 1 — 95}; An-
saldo Ceba, Martyr der Liebe (— S. 165); Helena Cornaro, Martyr
der Demuth (— S. 221), und Marc-Anton Bragadino, der Soldat
als Martyr (— S. 338). So erhalten wir hier vier biographische
Gemälde, welche nach unsrer Ansicht eben so sehr durch die Aus-
wahl der hier geschilderten Personen, als durch die historische Be-
handlung und durch die Form der Darstellung gleich anziehend und
von bleibendem Werthe sind.
Das erste biographische Gemälde — Philipp Howard — hat
zum historischen Hintergründe die Zeit der Regierung der englischen
Elisabeth und ihre grausame Verfolgung der Bekenner der katholi-
schen Kirche in England. Der Verfasser spricht seine Ansicht über
diese Verfolgung sogleich in den einleitenden Worten offen und sehr
XLXI. Jahrg. 10. Heft. 46
 
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