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Nr. 49. HEIDELBERGER 1856.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Des Cajus S allustius Crispus Werke, übersetzt und erläutert
von Dr. C. CI ess, Professor am K. Gymnasium zu Stutt-
gart u. s. w. Zweites Bändchen. Die Verschwörung Catili-
na’s und Bruchstücke aus den Geschichtsbüchern. Stuttgart.
Hoffmann’sehe Verlagsbuchhandlung. 1856. VI u. 280 S. in 8.
Es ist schon früher in diesen Blättern (Jahrg. 1855. S. 518 ff.)
auf diese vorzügliche Uebersetzung und Erklärung des Sallustius,
bei dem Erscheinen des ersten Bandes aufmerksam gemacht worden;
wir können bei dem Erscheinen dieses zweiten Bandes, der den Rest
der vorhandenen Schriften des Sallustius enthält und somit das Ganze
vollendet, das früher ausgesprochene Urtheil nur wiederholen. Die
Ausführung ist dem ersten Bande durchaus gleichmässig: die Ueber-
setzung, treu an das Original sich anschliessend und selbst wörtlich,
wenn man diesen Ausdruck in seinem wahren Sinne nimmt, sucht
den Charakter des Originals durch entsprechende Färbung und eben so
angemessenen Ton der deutschen Rede wiederzugeben und so auch
dem des Lateinischen unkundigen Leser einen Begriff des lateini-
schen Originals zu geben, unter Beachtung aller derjenigen Rück-
sichten, welche die Gesetze der deutschen Sprache und des deutschen
Ausdrucks dem Uebersetzer auferlegen. Eine genaue Inhaltsangabe
der einzelnen Capitel geht auch hier dem Catilina voraus, und lässt
den Zusammenhang des Ganzen bequem überschauen. Von der
Uebersetzung selbst mögen einige Proben Zeugniss geben, die wir
aufs Geradewohl auswählen. So das vierte*) Capitel, welches hier
in folgender Weise wieder gegeben ist:
Als daher nach vielen Leiden und Gefahren mein Gemüth wieder Ruhe
gefunden und ich mir fest vorgenommen hatte, den Rest meines Lebens fern
von Staatsgeschäften hinzubringen, da lag es nicht in meiner Absicht, in Ge-
dankenlosigkeit und Müssiggang die edle Musse zu vergeuden, aber auch nicht
unter Betreibung von Ackerbau oder Jagd, sklavischen Beschäftigungen, meine
Tage zu verleben, sondern ich nahm mir vielmehr vor, zu dem Beginnen und
der Geistesarbeit, wovon böser Ehrgeiz mich abgebracht hatte, zurückzukeh-
ren, und die Thaten des römischen Volkes mit Auswahl, wie mir gerade Etwas
als erzählungswerth vorkam, zu schildern, und das um so mehr, weil bei mir
der Sinn von Hoffnung, Furcht, bürgerlichem Parteigeiste frei war. So will
ich denn nun von Catilina’s Verschwörung so wahrheitsgetreu, wie möglich,
mit wenigen Worten handeln; denn diese Thatsache halte ich für besonders

*) In dem Anfänge des dritten Capitels sind die ausdrucksvollen Worte:
„Pulchrum est bene facere rei publicae, etiam dicere haud absurdum est“ also
übertragen: „Schön ist’s, der gemeinen Sache wohl zu thun, auch wohl
zu reden, ist gar nicht unfein.“ Hier glauben wir, ist doch der volle Sinn
des lateinischen Originals, und der in dem Gegensatz hervortretende Ausdruck,
nicht ganz entsprechend wiedergegeben.
XLIX Jahrg, 10. Heft.

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