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Neueste Literatur auf dem Gebiete der antiken Vasenkunde.

dass sie mit ihm vereint dann in Phthia lebt, ihm in Molottos
einen Sohn gibt, ihm wahrhaft ergeben sich Hermione gegenüber
erweist, ein lockender Anlass, sie auch hier in gewaltiger That-
kraft demselben verwandt, ebenbürtig zu zeigen? Wir dürfen ge-
wiss nicht allein aus Homer uns das Bild Andromaches als ein
massgebendes für den Maler entnehmen. Die Andromache, die in
Pergamos ein hochberühmtes Heroon besass, welche in Epirus als
Ahne des Königshauses verehrt war, die mit Pyrrhos wie mit He-
lenos noch vereint wird, kann sehr wohl als die auch in der That-
kraft der Verzweiflung hervorragendste Heroine des troischen Kreises
gefasst werden. So glaube ich allerdings, dass die Bezeichnung
Andromache aus den Intensionen des Malers hervorgegangen ist,
wie dort die des Neoptolemos. Ob nun Andromachos als ihr Gatte
nach Hektors Tod erscheint, das ist gleichgültig, er ist der Schützer
ihres Hauses.
Sonst ist aber unverkennbar, dass die Inschriften auch auf
diesem Bilde gleichsam ihren eigenen Gesetzen oder den Launen ihres
Schreibers folgen. Es ist nicht gleichgültig, dass gerade vier auf
der einen, wie auf der andern Seite angebracht sind, dass hier
wie dort ein Frauenname und drei Männernamen sich finden. Und
so mochte einem attischen Meister der Name des Akamas beson-
ders nahe liegen, unbekümmert, ob er zur Fortführung der Polyxena
sich besonders eigne. Ebenso kann gleich sein, ob der Name
Astyanax nicht vielmehr dem Knaben, den Neoptolemos erfasst,
zu geben sei, obgleich wir überhaupt hier nur an eine Scene des
äussersten Grauens zu denken haben, wobei ja Vergil den Polites
vor Priamos Auge hinmorden lässt. Genug dass durch diese Na-
men das ganze Bild des troischen Untergangs in den Augen wie im
Geiste des Beschauers stärker, eindringlicher belebt wird!
Die troischen Miscellen von H. Brunn, die Frucht archäo-
logischer Uebungen, welche wie einst in Rom so auf deutschem
Boden um den Verfasser einen engen Kreis dankbarer Schüler ver-
sammeln, enthalten noch sonst aus andern Abschnitten der Sage
z. B. dem ürtheile des Paris, Achilleus’ Abschied, Hektors Ab-
schied, Hektors Tod, Odysseus und seinen Hund, Diomedes und
Glaukos treffende kritische Beurtheilungen einzelner Vasenbilder.
Besonders unterrichtend ist der S. 51 ff. schlagend geführte Beweis
der theilweisen Fälschung einer Vase der Münchner Sammlung
(Nr. 247), bei welcher 0. Jahn bereits die Cursivinschriften dar-
auf als modern erkannt hatte, Brunn durch genaue Untersuchung
des Originales, Abwaschen einzelner neu aufgetragenen Farben
allmälig die Personen eines Urtheils des Paris schwinden und an-
dere, z. B. einen Apoll mit Lorbeerstamm hervorkommen sah. Das
berühmte Thema hatte hier den Finder oder Verkäufer zu dieser
eingreifenden und geschickt ausgeführten Fälschung verleitet. Die
Zahl solcher Fälschungen auf antiker Unterlage ist grösser als
man denkt} ein merkwürdiges aus Sicilien, wenn ich nicht irre,
 
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