Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Triebner: Spartanische Verlassungageschichte.

691

lasse ich sie zwar gelten; allein der Namenerklärung nehme ich
Anstand eine grosse Beweiskraft beizulegen ; denn wenn auch Al-
kander Starkmann, Lykurgos der Lischtscbaffende, Eunomos Wohl-
gesetz und Eukosmos Wohlordnung heisst, so ist doch nicht zu
vergessen, dass jeder Eigenname ursprünglich etwas bedeutete und
sich daher bei etwas gutem Willen für einen gewünschten Zweck
verwenden lasst; hätte z. B. der spartanische Gesetzgeber nicht
Lycurg, sondern Lakedaemon oder Pythagoras geheissen, so hätte
man mit Bezug auf seine orakelgleichen Gesetze (ρ?)τρ(π) in diesen
Namen ohne grossen Zwang ein orakelverkündendes höheres Wesen
(λακεΐν, δαίμων) oder durch Eingebung des Pytbischen Gottes
Sprechenden sehen können und in Aristobulus, Aristoteles, Homeros
u. s. w. wäre sehr leicht die weitere Personification eines mythi-
schen Gesetzgebers, der treffliche Rathschläge ertheilt, oder die
besten Zwecke verfolgt oder alles wohl aneinanderfügt zu finden
gewesen. Was aber speziell die Sonnengottschaft betrifft, so muss
man, obgleich unläugbar diese mythische Interpretationsweise in
vielen Fällen sehr wohlberechtigt scheint, trotzdem anfangen sie
vorsichtig in Anwendung zu bringen, damit sich nicht am Ende
alles in Sonnengötter verwandle. Allein wir haben gesehen, dass
Triebner eben nicht sich dieser Uebereilung schuldig macht, son-
dern die in Rede stehende Frage negativ beantwortet und darin,
wie bemerkt, mit lobenswerther Vorsicht verfährt. — Wir kommen
demnächst zu dem von Triebner in dem Anfang des vierten Ab-
schnitts »Ueber den Zusammenhang der spartanischen Verfassung
mit der kretischen« besprochenen Wanderzügen der Dorier und
auch diesen will er kein grosses Vertrauen schenken, indem er
meint, »dass wir hier nichts Historisches vor uns haben«. Ganz
recht, denn wenn irgend etwas, so sind diese Wanderungen der
alten Völker etwas höchst Unzuverlässiges. Man vergleiche hierzu
das von G. C. Lewis Untersuchungen über die Glaubwürdigkeit
der altröm. Gesch. I, 262 ff. (deutsche Uebers.) Bemerkte (wo frei-
lich in manchen Puncten zu weit gegangen ist), so wie Max Müller
Essays III, 270 f., wo es bei ähnlicher Veranlassung heisst: »Hier
sehen wir wieder, wie man Geschichte macht, und wenn unsere
Untersuchungen auch zu keinem andern Ergebnisse führten, so
würden sie doch als Warnung dienen können, den Angaben von
Schriftstellern, die von den Ereignissen, welche sie berichten, durch
Jahrhunderte getrennt sind, keinen unbedingten Glauben zu schen-
ken. Wir haben hier Männer vor uns, wie Carew und Camden,
die beide in hohem Grade gebildet, gelehrt und gewissenhaft sind,
gleichwohl aber in Werken von historischem Charakter etwas als
Thatsache hinstellen, was man bestenfalls nur als eine sehr kühne
Muthmassung betrachten kann. Hat man nun wohl irgend einen
Grund zu der Annahme, dass Herodot oder Thukydides, wenn sie
von den Ursitzen der verschiedenen Stämme Griechenlands, von
ihren Wanderungen, ihren Kriegen und schliesslichen Ansiedelungen
 
Annotationen