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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 22.1908

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Wolf-Czapek, Karl W.: Die Kinematographie im medizinischen Unterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.32121#0072

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Die Kinematographie im medizinischen Unterricht.
Von K.W. Wolf-Czapek in Dresden.
Da gerade oon jener Verwendung der Kinematographie, die
für den medizinischen Unterricht die geringste Bedeutung hat,
bisher am meisten geredet wurde, ueriohnt es sich uiciicicht,
cinmai die Hufmerksamkeit auf andere Verwendungsmdgtichkeiten
zu ienkcn.
Jene nie) uerkündete Verwendung betrifft die Chirurgie;
besonders uon dem bekannten französischen Operateur Doyen
wurden in den letßten Jahren solche Aufnahmen hergesteiit und
es ist noch immer nicht klar, ob mit seiner (Einwilligung —
Kreisen, uor die sie nicht gehörten, gezeigt. Daiß solche Ruf-
nahmen einen wissenschaftlichen Wert haben, behaupten nur
die Schaubudcnbesitßer; die Subtilitdt der chirurgischen Technik,
die zu den heikelsten aller Techniken gehört, oerlangt für die
wirkliche Belehrung unmittelbare Rnteilnahme an der Operation;
wie sie sich in uhrwerkartiger Präzision abspielt, den (Einsatz
aller Urteils- und Heroenkräfte in wenigen minuten in höchster
Potenzierung erfordernd, das kann nur durch unmittelbares
IRitcrleben seine didaktischen Wirkungen duißern.
Cin geeigneteres Md könnte der physiologische und der
neurologisch-psychiatrische Unterricht bieten.
tn der Physiologie handelt es sich oft um Phänomene,
deren Vorführung mährend des Unterrichts sehr zeitraubend
und zum groißen Teil unsicher ist; die Erklärung, „daiß jetßt dies
und jenes hätte sichtbar werden sollen", mufj oft über die Tücke
des Objektes hinweghelfen, nicht zum Wahle der Rnschautich-
keit. Rus der Reihe solcher Vorführungen seien beispielsweise
genannt: die Bewegungen des bloißgelegten Herzens, das „leer
gehende" Mschherz, die Huslösung oon Bewegungen durch
Reizung der zugeordneten Grofßhirnzontren, die Reizreaktionen
des grofßhirnlosen „Rcflexfrosches", die Rkkommodation des los-
gelösten Ruges des Oktopus bei elektrischer Reizung unter
Wasser. Einige dieser Phänomene lassen sich normalerweise
beim Unterricht gar nicht oder nur mit Hufwendung unoerhältnis-
mdssiger ITtühen uorführen.
Da könnte die Kinematographie helfend cingreifen; die Ruf-
nahmen können in aller Ruhe an ausgewählten und mit höchster
Sorgfalt oorbereiteten Präparaten gemacht werden und stehen
dann dauernd zur Verfügung; statt des ungemifß gelingenden, rasch
oorüberhuschenden Experimentes kann dem Hörer das Serien-
bild wiederholt oorgeführt werden und nicht nur dadurch ein-
dringlicher wirken, sondern ihm zugleich durch Vorführung der
Einzelbilder eine Hnalyse der Erscheinung geben.
 
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