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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 2.1887

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Gercke, Alfred: Apollon der Galliersieger
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https://doi.org/10.11588/diglit.36645#0276

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Auch Kallimachos kennt keinen anderen Typus: die Rarität eines aigisschütteln-
den Apollon hätte er sich sicher nicht entgehen lassen, wenn irgend eine lokale Tradi-
tion oder Erfindung davon gewufst hätte. Aber gerade in dem wenige Jahre nach
der Gallierniederlage verfafsten Hymnos auf Delos, worin der Glaube an die Epi-
phanie des Gottes vorausgesetzt und ihm der lanzenschwingende Ptolemaios II
Philadelphos als Keltenbesieger (oder Titanenbesieger) zur Seite gestellt wird, weis-
sagt Apollon, er werde bald in Theben seinen Bogen in Blut tauchen (IV 9$ f.).
Als Dezennien später die Attaliden glänzende Siege über die Kelten errungen
hatten, verewigte Eumenes II diese denkwürdigen Ereignisse, indem er zugleich
den Göttern für ihre sichtbare Hülfe seinen Dank abstattete, in dem Altäre von
Pergamon: der Kampf der Götter mit den Giganten versinnbildlichte die Gallier-
kämpfe. Natürlich mufs auch hier Apollon eine der ersten Stellen eingenommen
haben, und es ist gelungen, seine Gestalt in dem Torso eines Jüngiinges aufzufinden,
welcher mitten im Kampfgetümmel mit erhabener Ruhe wie triumphierend dasteht:
die ausgestreckte Linke, von der das Gewand herabhängt, hielt einst den jetzt ver-
lorenen Bogen, die Rechte griff — soweit sich nach dem Schulterstücke und Arm-
ansatz beurteilen läfst — rückwärts über die Schulter nach einem neuen Pfeil im
Köcher, dessen Band über der Brust des Gottes hegt. Das ist der Typus des
Galliersiegers.
Die vatikanische Statue mufs ebenfalls mit dem Bogen ergänzt werden,
wenn sie in die Reihe der Darstellungen des Galliersiegers gehört, das ist ein
zwingender Schlufs. Nur eine Vermutung Prellers ist es dagegen, dafs die Statue
hierher gehört, aber eine glänzende Vermutung, welche den Stempel der Wahrheit
an sich trägt und sich weder erschüttern noch auch nur durch eine gleichwertige
ersetzen läfst. Die Technik und die Gesamtauffassung der Statue weisen auf das
Zeitalter nach Alexandros, und die augenfällige Verwandtschaft mit dem perga-
menischcn Apollon reiht sie unmittelbar in die Darstellungen des Galliersiegers ein.
Eine ins Einzelne gehende stilistische Vergleichung der beiden Bildwerke würde
für die Datierung deswegen wenig ergeben, weil wir aller Wahrscheinlichkeit nach
in der vatikanischen Statue kein Original sondern eine Replik späterer, vielleicht
römischer, Zeit besitzen; ihr Original, welches das Feuer und die Kraft des Stein-
häuserschen Kopfes gehabt haben wird, kann man sich sehr gut denken als dem
Beginne der Gallierkämpfe entstammend, geweiht bald nach 2/8. Es war eine Statue
von natürlicher Gröfse und stellte den Gott schreitend dar, im Moment vor oder
nach dem Absenden des Pfeiles Der Verfertiger der Replik vom Belvedere kann
nur wenig geändert haben, absichtlich nichts, und auf keinen Fall das Attribut des
Gottes: die Statue kann nur gedacht werden mit dem Bogen und dem Köcher,
welcher, zum Gebrauch geöffnet, über der rechten Schulter sichtbar ist und dessen
Band quer über der Brust liegt.
Das apollinische Gorgoneion ist somit hier unmöglich; dafs es überhaupt un-
erhört ist, sollte man nach Wieselers Ausführungen nicht mehr bezweifeln. Der orien-

9 Vgl. Kekule, Arch. Anz, XVIH 1861, 219.
 
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