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KREIS ERBACH
gedämpft und weiterhin klingt die Kraft der Decoration zu noch massvollerer Be-
handlung aus den rein ornamentalen Elementen, Genien, Frucht- und Blumenge-
winden, aber auch Scenen der Thierfabel wie Fuchs und Storch und einzelnen mit-
unter derben Genrescenen voll freien Humors. Muss man dem Künstler zum
Vorwurf machen, dass er seine Compositionen eigentlich für einen dreimal höheren
Saal berechnet hat, so wird man anderseits zugestehen, dass in der Abstufung vom
kühnsten Hochrelief bis zum Flach-
relief die Einsicht eines wahren
Meisters der Composition sich offen-
bart. Dazu kommt endlich noch ein
rings an den Wänden angebrachter
und über den Fensternischen sich
fortziehender Relieffries, welcher die
verschiedenen antiken Gottheiten
auf Wagen darstellt, die von den
ihnen zukommenden Thieren ge-
zogen werden. Diese Arbeiten sind
zwar von schwächeren Gehülfen-
händen ausgeführt, im Figürlichen
Fig. 21. Brettberg. Römische Skulptur. meist derb und gering, aber in den
Bewegungen voll Leben. Sie tragen
zur Gesammtwirkung wesentlich bei. Endlich haben die tiefen Fensternischen,
die dem Saal einen anheimelnden Charakter verleihen, noch Flachornamente an
ihren Decken.« (W. v. Lübke.)
1^m|is<j-he Eine im Rittersaal aufgestellte Sandsteinskulptur zeigt einen antiken jugend-
lichen Kopf von entschieden römischer Herkunft. Ein bestimmter olympischer
Typus ist darin nicht zu erkennen; gleichwohl neigt der geistige Ausdruck mehr
dem Idealen als dem Realen zu. (Fig. 21).
Verbindungs- Die bei der tektonischen Schilderung des Kasimirbaues erwähnte freie Galleriff
Gallerie u. andere
Gebäudereste beschränkte sich nicht auf dieses Gebäude, sondern setzte sich mit Ueberschreitung
des daneben befindlichen Hofthorbo^ens län°;s eines zweiten grösseren Renaissance-
OO O
Palatialbaues weiter fort, von welchem nur noch ein stattlicher Schnörkelgiebel und
die unteren Umfassungsmauern vorhanden sind, auf denen zahlreiche Ueberreste des
ehemaligen Wandelganges mit Konsolenornamenten im Metallstil aus dem Beginn
des 17. Jahrhunderts sich erhalten haben. (Fig. 22).
Jenseits des Thorbogens überschreitet man einen Wehrgraben, welcher die
Hauptgruppe des Schlosses von der äusseren Befestigung scheidet und den west-
lichen Mauerzug der Ruine des erwähnten Wohnbaues begrenzt. Hier bildet ein
zweites Zeughaus durch seine formlose Struktur einen auffallenden Gegensatz zu der
formenschönen Fassade des von Graf Michael II von Wertheim erbauten älteren
Zeughauses, welches bei der Ganerben-Tb eilung in Löwensteinischen Besitz kam,
während der einfachere Bau Erbach gehört. Weiterhin begegnet das schweifende
Auge, neben wenigen Nutzanlagen und Erneuerungen, einem Bilde der Verwüstung,
KREIS ERBACH
gedämpft und weiterhin klingt die Kraft der Decoration zu noch massvollerer Be-
handlung aus den rein ornamentalen Elementen, Genien, Frucht- und Blumenge-
winden, aber auch Scenen der Thierfabel wie Fuchs und Storch und einzelnen mit-
unter derben Genrescenen voll freien Humors. Muss man dem Künstler zum
Vorwurf machen, dass er seine Compositionen eigentlich für einen dreimal höheren
Saal berechnet hat, so wird man anderseits zugestehen, dass in der Abstufung vom
kühnsten Hochrelief bis zum Flach-
relief die Einsicht eines wahren
Meisters der Composition sich offen-
bart. Dazu kommt endlich noch ein
rings an den Wänden angebrachter
und über den Fensternischen sich
fortziehender Relieffries, welcher die
verschiedenen antiken Gottheiten
auf Wagen darstellt, die von den
ihnen zukommenden Thieren ge-
zogen werden. Diese Arbeiten sind
zwar von schwächeren Gehülfen-
händen ausgeführt, im Figürlichen
Fig. 21. Brettberg. Römische Skulptur. meist derb und gering, aber in den
Bewegungen voll Leben. Sie tragen
zur Gesammtwirkung wesentlich bei. Endlich haben die tiefen Fensternischen,
die dem Saal einen anheimelnden Charakter verleihen, noch Flachornamente an
ihren Decken.« (W. v. Lübke.)
1^m|is<j-he Eine im Rittersaal aufgestellte Sandsteinskulptur zeigt einen antiken jugend-
lichen Kopf von entschieden römischer Herkunft. Ein bestimmter olympischer
Typus ist darin nicht zu erkennen; gleichwohl neigt der geistige Ausdruck mehr
dem Idealen als dem Realen zu. (Fig. 21).
Verbindungs- Die bei der tektonischen Schilderung des Kasimirbaues erwähnte freie Galleriff
Gallerie u. andere
Gebäudereste beschränkte sich nicht auf dieses Gebäude, sondern setzte sich mit Ueberschreitung
des daneben befindlichen Hofthorbo^ens län°;s eines zweiten grösseren Renaissance-
OO O
Palatialbaues weiter fort, von welchem nur noch ein stattlicher Schnörkelgiebel und
die unteren Umfassungsmauern vorhanden sind, auf denen zahlreiche Ueberreste des
ehemaligen Wandelganges mit Konsolenornamenten im Metallstil aus dem Beginn
des 17. Jahrhunderts sich erhalten haben. (Fig. 22).
Jenseits des Thorbogens überschreitet man einen Wehrgraben, welcher die
Hauptgruppe des Schlosses von der äusseren Befestigung scheidet und den west-
lichen Mauerzug der Ruine des erwähnten Wohnbaues begrenzt. Hier bildet ein
zweites Zeughaus durch seine formlose Struktur einen auffallenden Gegensatz zu der
formenschönen Fassade des von Graf Michael II von Wertheim erbauten älteren
Zeughauses, welches bei der Ganerben-Tb eilung in Löwensteinischen Besitz kam,
während der einfachere Bau Erbach gehört. Weiterhin begegnet das schweifende
Auge, neben wenigen Nutzanlagen und Erneuerungen, einem Bilde der Verwüstung,