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Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0096
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KREIS OFFENBACH

ich, Maria Theresia, aus dem Teutschen Hauss deren von Montfort, gebohrne
Reichsgräfin, ehedessen vermählte, nunmehr aber hinterlassene Wittib des Weyland
hochgebohrnen H. Herrn Anselm Frantz, des heyligen Römischen Reichs Grafen
von Schönborn, &c. &c. &c. , als Mutter und Vormündern! über Eugen Erwin,
Reichsgrafen von Schönborn, dermaligen Herrn zu Heusenstamm (damals im vier-
zehnten Lebensjahr), .... im Jahre 1739, den 18. Tag des April, die alte Pfarr-
kirche zu Heusenstamm theils wegen Enge des Raumes, theils aber und vorder-
samst die Ruhestatt obbemelten meines liebsten Gemahles und zwei Söhnen, Lothar
Franz und Friedrich Carl, sowie deren Voreltern und Verwandten, desto ansehnlicher
zu machen, von Grund hinweggerissen und gegenwärtigen, vergrösserten Kirchenbau
nebst Thurm innerhalb zweyer Sommer, bey denen gleichwohlen allerorthen in
und ausser Teutschland schlechten und sehr theuren Zeiten, mit Gottes Hülff so
weit zu stand gebracht, dass in gegenwärtigem Jahr 1740, den 17. November, der
Thurmknopf sammt dem Kreuz glücklich aufgesetzt wurden, unter der Regierung
des Papstes Benedict XIV., des Kurfürsten von Mavnz Carl Philipp, während des
durch den Tod des Kaysers Carl VI. veranlassten Reichs-Interregums.«

Am Fuss des Pergamentes steht die Notiz: »Die Haupt-Denk- und Zuschrift
findet sich unter dem hohen Altar.« Der Urkunde liegt ein auf starkes Bütten-
papier geschriebenes Festgedicht zu Ehren des Neubaues bei mit der Aufschrift:
„Glück, Heil und Segen sei je uns er m Gotteshaus jetzt und auf ewig." Ein-
zelne als lateinische Majuskeln ausgezeichnete Buchstaben der Ueberschrift bilden
ein Chronogramm, welches die Jahreszahl 1740 enthält. Die Gräfin Maria Theresia
ist als Stifterin der neuen Kirche in dem Festgedicht redend eingeführt und hat
dasselbe eigenhändig mit ihrem Namen unterzeichnet. Als Verfasser der Dichtung
und Studirender zu Mainz gibt sich der in der Urkunde genannte vierzehnjährige
Sohn der hohen Frau durch folgende Beischrift zu erkennen: »Eugenius Erwinus
S. R. J. Comes de Schoenborn, Poetices Studiosus Moguntinus.« Zu den Bau-
kosten des Chores steuerte das St. Peterstift zu Mainz bei.

Ausser den Schriftstücken entfielen der Zinkkapsel bei ihrem Herabfallen vom
Thurm drei Denkmünzen, von denen eine kleinere die Darstellung eines dem An-
scheine nach um ein Jahrhundert älteren Sakralbaues zum Gegenstand hat. Auf
dem Avers sieht man eine mit der Jahreszahl 1627 versehene Renaissancekirche
mit zwei Thürmen und gradlinig abschliessendem Chor. Auf dem Revers steht in
lateinischen Majuskeln die Inschrift: »IM NAMEN DER HEILIGEN DREIFALTIG-
KEIT WARD DER ERSTE STEIN GELEGT DEN 4. JULI.« Eine grössere Denk-
münze zeigt auf dem Avers ein Brustbild in Allongeperrücke und geistlicher Tracht, mit
der Legende: »Damian Hugo S. R. Eccles. Card. Exs. R. J. Comit. de Schoenborn.«
Auf dem Revers liegt dieser Kirchenfürst vor einem von Wolken umgebenen Strahlenkreuz
auf den Knieen. Mitra und Stab am Boden symbolisiren die Würde Damian Hugo's
als Bischof von Speyer. Die Figur eines schwebenden Engels hält in der Rechten
einen Kelch, über dessen Kuppa die Hostie sichtbar ist. Die Linke deutet auf
die Vision des Kreuzes hin. Darüber steht in einem Halbrund: »Pro hoc et in
hoc signo vinces«; darunter: »Consecratio Damiani Hugonis Antistitis Urbis Spi-
rensis«, ein Chronogramm, worin die Jahreszahl 1720 enthalten ist. Die dritte
 
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