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Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0178
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XXVII. OFFENTHAL

FARRDORF, östlich von Langen, hiess Obendam im g. Jahrhundert,
Ovendan im 13. Jahrhundert, Ofendael 1428 und Offendann 1446.

Im Volke lebt bis auf den heutigen Tag die Ueberlieferung, dass Allgemeines
Offenthal in früheren Zeiten ein der h. Jungfrau geweihter Wallfahrtsort
war. Für die Richtigkeit dieser Tradition spricht zunächst der Inhalt eines Ge-
dichtes von Erasmus Alberus aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, worin es heisst:
»Wie Maria, die reine Magt, ein Wallfahrt hab gerichtet an .... beim selben
Dorff, heisst Ofenthal.« Ferner spricht dafür ein auf Befehl des Grafen Ludwig
von Isenburg von dem Rath und Secretarius Weiprecht Schmitt im Jahre 1578
angefertigtes Verzeichniss von zahlreichen, aus Offenthal eingelieferten kirchlichen
Geräthen und Paramenten, unter denen ein kleiner, weisser, mit rother Seide
gestickter »Krohn, so vor Zeiten umb vnser liebe Frauen ist gehenkt worden,«
Erwähnuno- findet.

Die eigenartige Plananlage der jetzigen evangelischen Pfarrkirche bestätigt Kirche
ausreichend die Annahme ihrer früheren Bestimmung als Wallfahrts-Gotteshaus.
An der Nordseite erweitert sich nämlich die Kirche zu einer dem Chor angefügten
und einem stark ausladenden Transeptarm vergleichbaren hohen Seitenkapelle,
welche das Gepräge eines besonderen Sanktuariums, also hier eines Marienheilig-
thums, deutlich an der Stirne trägt. Im Uebrigen zeigt die Plananlage, ausser
diesem Seitenbau und der etwas gestreckten Ostparthie, ein in der Breite um ein
Geringes vorspringendes Langhaus, welchem im Westen ein Thurm vorliegt. Die
Entstehung des Gebäudes um die Wende des 14. und 15. Jahrhunderts ergibt sich
mit Verlässigkeit aus den gothischen Formen des Thurmes, des Chores und der
Liebfrauenkapelle, während das styllose Langhaus das Produkt einer Bauveränderung
des vorigen Jahrhunderts zu sein scheint. Prüfen wir die Bestandtheile in ihrer
Aufeinanderfolge von West gen Ost. Von trefflicher Erhaltung und frei von

stylwidrigen Zuthaten ist der an den Ecken und Bogeneinfassungen mit kräftigen
Sandsteinquadern gesäumte Thurm. Sein Untergeschoss ruht auf einem derben
 
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