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Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0123
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XVII. KLEIN-KROTZENBURG

FARRDORF am Main, nordwestlich von Seligenstadt, erscheint in
früheren Jahrhunderten unter folgenden urkundlichen Benennungen:
Cruzenberg (1232), Cruzenburg (1235), Crotzenborg (1302) und Crotzin-
burg (1371). Der Name wird bald von dem Personennamen Hruozo,
Ruozo, Grozo, bald von dem lateinischen crux, Kreuz, hergeleitet.

Die katholische Pfarrkirche, dem h. Nikolaus geweiht, setzt sich aus zwei Kirche
Bautheilen zusammen, Kirche und Sakristei, welche sehr verschiedenen Stylepochen
angehören. Das Kirchengebäude wurde in den Jahren 1740 bis 1743 errichtet.
Die an die Ostung dieses Bauwerkes anstossende Sakristei hingegen reicht ihrer
Entstehung nach in eine ungleich frühere Zeit zurück: sie ist das Chorhaupt
einer gothischen Kirche aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Dieser ehe-Aeiterer Bautheil
malige Cliorbau ist fünfseitig aus dem Achtort konstruirt und von einem rippen-
losen Kreuzgewölbe überspannt, an welches die Wölbung der Apsis in ebenfalls
rippenlosen Stichkappen sich anlehnt. Von den Lichtöffnungen ist nur die mittlere
in ursprünglicher Beschaffenheit erhalten. Sie besteht in einem zweitheiligen Fenster,
dessen Pfosten und Wandungen einfach ausgekehlt sind und dessen Spitzbogen-
schluss von schlichtem Passformen-Masswerk ausgefüllt ist. Die beiden seitlichen
Lichtöffnungen sind kunstlos und späteren Ursprungs.

Im Innern des ehemaligen Chorhauptes ist in die Nordwand ein nischen-
artiges Sakraments/täuschen eingefügt, dessen künstlerische Ausführung über eine Sakramentsniscbe
handwerksmässige Technik hinaus keine Ansprüche erhebt. Manche Einzelheiten
würden durch ihre charakteristische Formensprache allein schon zur Bestimmung
des Stylstadiums innerhalb der spätgothischen Epoche ausreichend sein, wenn auch
die unter dem Sockel angebrachte Minuskelinschrift einen entscheidenden Aufschluss
über das Zeitsverhältniss des Werkes nicht darböte, wonach das Sakramentshäuschen
»im Jahre des Flerrn 1437 am Palmsonntag« fertiggestellt war. Die Nische des
kleinen Heiligthums ist von einem aufwärts geschweiften Spitzbogen (Eselsrücken
in der Bausprache) überspannt, dessen Innenseiten in sogenannte Nasenvorsprünge

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