Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0127
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KLEIN-KROTZENBURG

IOI

zu Tag. Wir sehen in diesem kleinen Kastell eine auch diesseitige Sicherung des
Flussüberganges zu dem jenseitigen Kastell Gross-Krotzenburg.« Dr. G. Wolff
nimmt den römischen Flussübergang an der gleichen Oertlichkeit an, wo die heutige
Ueberfahrt zwischen Klein - Krotzenburg und Gross - Krotzenburg sich befindet.
(Vergl. S. 39 unserer Abhandlung über Gross-Steinheim.)

Vorstehende Annahmen und Vermuthungen haben in letzterer Zeit eine Römerbrücke
erfreuliche Bestätigung oberhalb des jetzigen Trajekts erfahren. Unweit der schon
von Dr. Steiner bezeichneten Stelle, wenige Schritte oberhalb Klein-Krotzenburg
und gegenüber Gross-Krotzenburg, kommen seit Juli 1885, bei Baggerarbeiten im
Flussbett des Maines Fundstücke zu Tage, die als erste sichere Nachweise einer
ehemaligen Römerbrücke im Zuge des Limes Romanus Geltung beanspruchen.
Die Baggermaschine stiess zunächst auf den Torso eines 36 m vom südlichen,
hessischen Ufer entfernten, 12 m langen Brückenpfeilers, dessen Pfahlrost aus
Eichenstämmen und dessen Steinmaterial aus grösseren und kleineren Basaltwerk-
stücken besteht, die in Verbindung mit grauen Lettenmassen gehoben wurden.
Darauf folgte die Ausbaggerung eines zweiten, 18 m vom vorigen, ungefähr in der
Mitte des Maines befindlichen Pfeilers, der ebenfalls mit Eichenstämmen pilotirt
ist, dessen Werkstücke jedoch keine Basalte, sondern bunte Sandsteine sind mit
Füllmauerspuren in der Mitte. Ohne Zweifel stammen die Basalte aus den uralten
Brüchen bei Gross-Steinheim, der bunte Sandstein aus den noch heute ergiebigen
Brüchen bei Miltenberg, Oertlichkeiten, die eine bequeme Verschiffung des Stein-
materiales an die Baustelle ermöglichten. An beiden Flusspfeilern sind die Pilo-
tirungspfähle dicht um den wuchtigen Steinkern geschaart. Bis Anfang September
1885, wo wir diese Notiz zum Druck geben, sind 50 Eichenpfähle und 12 Eisen-
schuhe von Pfahlspitzen zu Tage gekommen, die nach Gestalt und Grösse mit
den Pfahlrost-Bestandtheilen der Römerbrücke zwischen Mainz und Kastel über-
einstimmen. Dem Mainzer Brückenbau ähneln auch die Pfeiler im Grundriss,
insofern sie von rechteckiger Bildung sind und an ihren gegen die Strömung ge-
richteten Schmalseiten dreieckförmig in stumpfe Kanten auslaufen. Die ausge-
baggerten Basalte und Sandsteine, darunter Werkstücke von beträchtlichen Ab-
messungen, sind am nördlichen, preussischen Ufer in grossen Gruppen regelrecht
aufgeschichtet. Die Eichenpfähle und Eisenschuhe, nebst einigen Fundstücken von
Gefässfragmenten, Eisentheilen und Schieferplatten sind sammt und sonders in das
Museum des historischen Vereines zu Hanau gelangt. Die Entdeckung der Brücken-
reste glückte dem Hrn. Lehrer Schaack in Gross-Krotzenburg, welcher die regie-
rungsseitig im Interesse der Flussbett-Korrektion vorgenommenen Ausbaggerungen
mit unermüdlicher Aufmerksamkeit verfolgte und durch das erfreuliche Ergebniss
seiner Forschungen um die Aufhellung des archäologischen Thatbestandes der
römischen Baudenkmäler in und nahe bei seinem Wohnort auf's neue sich ver-
dient gemacht hat. Abgesehen von den behördlichen Ausbaggerungen setzt Herr
Schaack die begonnenen Untersuchungen selbstständig fort und es ist ihm bereits
gelungen, in der Stromtiefe, nur 9 m vom hessischen Ufer entfernt, einen dritten
Pfeilerstumpf nachzuweisen, dessen Pilotirung und Werksteingefüge mittelst der
Bohrsonde genau zu bestimmen war. Die Lage der bis jetzt entdeckten drei
 
Annotationen