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Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0140
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KREIS OFFENBACH

nach dem Eintritt der Falkensteinischen Erbschaft vollzogenen Theilung kam
Langen 1433 zu gleichen Hälften an Sayn und Isenburg. Aber schon 1446 verkaufte
Graf Diether von Sayn den älteren Antheil seines Besitzes und seiner Rechte zu
Langen nebst anderen Orten an Reinhold von Hanau, Diether von Isenburg-
Büdingen und Frank von Gremberg. Im Jahre 1600 kam Langen an den Land-
grafen Ludwig V. von Hessen und dessen Nachfolger, den Landgrafen Georg II.
Zur Zeit des dreissigjährigen Krieges und zwar im Juni 1645 hatten die Heer-
führer Generallieutenant Graf Königsmark , Generalmajor Geiss nnd Marschall
Herzog von Türenne ihre Hauptquartiere in Langen und Egelsbach , von wo aus
ihre Kriegsvölker Darmstadt schwer heimsuchten und dann gegen Aschaffenburg,
Miltenberg und Weinheim weiterzogen. Das Dorf Langen verblieb seit dem Jahre
1600 bei dem Hessischen Fürstenhause und wurde in der Folge zum Markt-
Hecken und dann zur Stadt erhoben.
Pfarrkirche j)jc (\cm heiligen Jakobus geweihte, in den letzten Jahren niedergelegte evan-

gelische Pfarrkirclie wird als ein architekturloses Bauwerk geschildert, über dessen
Gründungszeit sichere Nachrichten fehlen. Der Thurm allein konnte einigen An-
spruch auf Monumentalität erheben. Er hatte einen schieferbedeckten spitzen
Haupthelm, welcher von vier kleinen Fckhelmen umgeben war. Diese Thurm-
gestaltung sowie die Thatsache, dass das Chorhaupt im Jahre 167g in Folge der
Zerstörungen des Zahnes der Zeit einer durchgreifenden Wiederherstellung be-
durfte, machen die Annahme des mittelaltrigen Ursprunges der Kirche wahr-
scheinlich. Dem baufälligen Zustand des Gebäudes konnte auch durch eine Aus-
besserung im Jahre 1756 nicht dauernd abgeholfen werden. Der Ruin nahm un-
aufhaltsam zu; eine Wendung zum Besseren war unvermeidlich. Die seit 1818
über die Frage, ob Wiederherstellung, ob Umbau, unter Aufstellung und Ver-
werfung verschiedener Pläne und wechselnder Wahl des Platzes für einen Neubau
geführten Verhandlungen blieben lange Jahrzehnte erfolglos. Da wurde im März
1875 die Schliessung der Kirche wegen ihres gefahrdrohenden Zustandes verfügt,
das Langhaus im Herbst 1876, der Thurm im Winter 1878 der Erde gleich ge-
macht und am 28. Juli 1879 der erste Stein zu den Grundmauern eines Neu-
baues gelegt, welcher nach dem Entwurf des Herrn Oberbaurath Horst im Styl
des Ueberganges von der Romanik zur Gothik 1883 vollendet und eingeweiht wurde
Kirchliche Kunst- An Gegenständen des Kunstalterthums sind aus dem niedergelegten alten

gegenstände

Gotteshaus in die neue Pfarrkirche übertragen worden: ein Krucifixus, vier Oel-
gemälde, einige liturgische Gefässe und die Glocken. Der Krucifixus, von zwei-
drittel Lebensgrösse und polychromirt, ist eine ziemlich befriedigende Leistung
der Holzplastik vom Ende des vorletzten Jahrhunderts und wird im Mittelpunkt
der geradlinig abschliessenden Chorwand eine würdige Aufstellung erhalten. Den
gleichen Ursprung und mässigen Kunstwerth theilen die Oelgemälde, welche früher
die Brüstungsfelder der alten Kanzel füllten und nun zum Schmuck der Tauf-
kapelle bestimmt sind. Sie wurden 1684 von Dr. med. Welcker und seinen
Freunden »zur Ehre Gottes und Zierde unseres Hauses« gestiftet und zeigen die
halblebensgrossen Brustbilder der vier Evangelisten mit Nimben über den Häuptern
und den Attributen Engel, Adler, Stier, Löwe an den Seiten. Die liturgischen
 
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