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Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0148
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KREIS OFFENBACH

vorigen Jahrhundert an, ebenso die in der Taufkapelle befindliche grössere plastische
Darstellung der Immaculata.

Liturgische ^n metallotechnischen Erzeugnissen des edleren Kunstgewerbes sind zwei

Gcfässe und

Gewänder MesskclcJie bcmerkcnswerth, welche gleichaltrig'sind und deren silberne Arabesken
vom vergoldeten Grunde in blühendem Röcocostyl sich abheben. — Unter den
Paramenten verdient eine Brokatkasula mit grossblumigen, goldenen und bunt-
farbigen Ornamenten Erwähnung. Im Mittelpunkt des Kreuzes auf dem Rücken-
theil der Kasula erscheint als deren Hauptschmuck ein in Goldstickerei ausgeführtes,
auf dem Evangelienbuch ruhendes Opferlamm.

Alter Friedhof

Der die Kirche umgebende alte Begräb Iiis sfi lata ist eingefriedigt von einem
Mauerzuge mit zahlreichen Bruchsteinlagerungen, welche an das sogenannte opus
spicatum, d. h. an die ährenfürmige Schichtung der einzelnen Steine gemahnen,
eine Technik des Mauerverbandes, welche schon in römischer Zeit vorkommt und
in verwandten Bildungen das ganze Mittelalter hindurch in Uebung geblieben ist.
Im vorliegenden Fall werden sich schwerlich Rückschlüsse auf eine vormittelaltrige,
geschweige denn auf römische Zeitstellung wagen lassen, zumal auf einem Werkstück
in der Ostseite des Mauerringes eine durch Steinfrass und Verwitterung wie auch
durch wucherndes Moos unleserlich gewordene Inschrift in ihren Minuskeln wie in
dem Jahreszahlfragment lllCCCC .... den gothischen Ursprung im 15. Jahrhundert
bekundet, womit übrigens die Möglichkeit des älteren Zeitverhältnisses einzelner
Mauertheile von sehr alterthümlichem Ansehen nicht ausgeschlossen bleibt. An der
Ostseite wird die Beringung vom Rodaubach bespült. Sowohl dieser Umstand wie
die Ausstattung der Umfriedigungsmauer mit schiessschartenartigen Oeffnungen be-
rechtigt zu der Annahme, dass die Oertlichkeit ehemals wehrhafte Bedeutung hatte
und allem Anschein nach ein befestigter Kirchhof war.

Privatleuten Unter den älteren FacJnvcrkbauten des Ortes sind folgende zu nennen. Ein

in der Hirschgasse gelegenes Privathaus zeigt über dem Sturz der alten, horizontal
getheilten Doppelthüre die Bezeichnung J. M. 1707. M. P. Das Gebäude soll als
Pfarrhof errichtet worden sein und später als Amthaus gedient haben. Neben dem
Hause steht ein Ziehbrunnen mit gebauchtem Sandsteinbecken. Zwei Steinpfeiler
tragen einen geschwungenen, an den Seiten mit derben Kugelornamenten gezierten
Sturz, worauf als Wahrzeichen der vormaligen Kurmainzischen Domination der erz-
bischöfliche Hut prangt und darunter ein Wappenschild erscheint mit einem Stern
auf schrägem, von rechts nach links ziehenden Diagonalbalken und der Jahreszahl
1712. Am Obergeschoss eines Hauses in der Offenbacherstrasse springt ein
Giebelerker vor, welchem zwei kräftige, gerundete Holzpfeiler als Stütze dienen.

Graben und Ueberreste eines die Gemarkung- durchziehenden Grabens heissen im Volks-

Wustung °

mund Haingraben und sollen sich bis in die Nähe von Seligenstadt verfolgen
lassen. Die Frage, ob in diesem Grabenzug eine römische Anlage zu erkennen sei,
im Sinn eines Grenzgrabens der zu den Mainuferbesitzungen gehörigen Güter, wie
 
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