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KREIS OFFENBACH

verjüngen und mit Bossen und Kreuzblumen besetzt sind. Luftige Epheuranken mit
Bandverschlingungen füllen das Feld rechts von der Altarwand, während ein mit
reichen Blüthen prangender Rosenstock einen Theil des linken Feldes einnimmt,
der andere Theil der Bildfläche aber den Ausblick auf eine Berglandschaft frei-
lässt, in deren Vordergrund ein Lamm auf einer Wiese ruht. Das stylisirte Or-
nament wie das naturalistische Laubwerk ist durchweg mit meisselfertiger Technik
ausgeführt. Seinem Style nach gehört der schöne Altaraufsatz, welcher aus einer
Kirche der Diözese Limburg stammen soll, dem letzten Stadium gothischer Kunst-
entwickelung an. — Eine zierliche Kreuzigungsgnippe krönt den Oberbau des
Beichtstuhles. Im Antlitz des Heilandes ist der Zug des Leidens tief ausgeprägt.
Die Marienfigur gibt den Gedanken der von stillem Herzeleid gebeugten Mutter in
treuem Ausdruck wieder. Der Jünger Johannes hingegen lässt seinem Schmerz
vollen Lauf in überströmendem Affekt der Haltung und der Gesichtszüge. Abge-
sehen von der heftigen dramatischen Bewegung, lassen schon die flatternden Ge-
wänder über die Entstehung der Gruppe um die Mitte des 18. Jahrhunderts
keinen Zweifel.

Ehemaliges p)as jm Jahre i 702 errichtete RatJihaus, ein im Zwülfeck angelegter zwei-

Kathhaus

geschossiger Fachwerkbau, mit Arkadenhalle im Erdgeschoss, stattlichem Uhrthurm
auf der in geschwungenem Linienzug sich erhebenden centralen Bedachung und
seitlichen polvgonem Treppenhaus, wurde 1876 wegen Baufälligkeit niedergelegt.
Pnvatbau Einige WoJinJiäuser mit kugelbekrünten Pfeilern an den Thoreinfahrten zeigen,

dass die bürgerliche Bautechnik von der heranwachsenden Kolonie nicht völlig
kunstlos geübt wurde. Eines dieser Gebäude trägt die Jahreszahl 1770. An der
Mündung einer Seitenstrasse auf die Hauptstrasse sind starke Thorangeln in das
Mauerwerk von zwei gegenüberstehenden Eckgebäuden eingefügt und lassen ihrer
Beschaffenheit nach eine ehemalige Einrichtung zum Thorverschluss dieser Strasse
vermuthen.

Römerstrasse Durch die Waldungen von Neu-Isenburg ziehen Spuren einer älteren Strassen-

anlage, die als Ueberrest einer von Obernburg am Main über Dieburg nordwärts
ziehenden Römerstrasse gehalten wird und im Volksmund den Namen steinerne
Strasse führt.

Literatur. Die französische Kolonie Neu-Isenburg bei Frankfurt a. AI. Neu-Isenburg 1861.
Im Selbstverlag des Verfassers. (Ph. Weyell.) — Simon, G., Die Geschichte des reichsständischen
Hauses Ysenburg und Büdingen. Frankfurt a. M. 1865, I. S. 209. — Privileg der französischen
Kolonie Neu-Isenburg. Französisch und deutsch. Herausgegeben von Philipp Weyell, Pfarrer,
1870. Verlag der ev.-reformirten Kirchengemeinde zu Neu-Isenburg. — Archiv für Hessische
Geschichte und Alterthumskunde, I. S. 328.
 
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