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Rott, Hans; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 9,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Bruchsal (Kreis Karlsruhe) — Tübingen, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.1369#0383
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AMT BRUCHSAL — ZEUTERN

Malereien. Das Erdgeschoß des Turmes bildete den Chor der gotischen Kirche,
der später zu einer Sakristei umgewandelt wurde. Hierbei ward eine Zwischendecke
unterhalb des Kreuzgewölbes in halber Höhe eingezogen und an der Nordseite eine Stiege
hergestellt, wobei man das Deckengewölbe roh durchbrach. Bei Entfernung der spätem
Decke kamen die unter der Tünche liegenden ursprünglichen Malereien zu Tage, die
1911/12 im Auftrage des Großh. Ministeriums freigelegt und in Stand gesetzt wurden.

Der ganze Raum, die Wände wie das Rippengewölbe, völlig bemalt, aber durch die
eingezogenen Balken der Zwischendecke und den Gewölbedurchbruch für eine Stiege teil-
weise stark zerstört. Andere Teile dagegen verhältnismäßig gut erhalten. — Der ver-
mauerte Chorbogen bildet jetzt die Westwand des ehem. Chores. Ein Leibungsstück
des Bogens der Nordseite an der Tür sichtbar, die den alten mit dem jungem Chor ver-
bindet; darauf eine kniende Frauengestalt gemalt, vielleicht eine der klugen Jungfrauen.
Die ganze Wandfläche über dem,Scheitel des Chorbogens mit der Darstellung der
Anbetung durch die drei Könige ausgefüllt; eine Hügellandschaft mit Stadt, Kirche und
schloßartigen Häusern bildet den Hintergrund; das Schriftband darunter fast verlöscht.
Die Malereien an den übrigen Turmwänden in drei Zonen übereinander oberhalb
eines gemalten Sockels angeordnet, wagerecht und senkrecht durch Bänder geschieden.
Bei jeder Bildzone der Grund abwechselnd blau, rot und weiß.

Nordwand. Obere Abteilung: Von den zwei Darstellungen die linke zerstört, die
rechte die Flucht nach Ägypten. — Mittlere Abteilung: Der Zyklus durch den spätem
Treppenaufstieg sehr verdorben. Links vom Fenster vielleicht Christus in Bethanien bei
Maria und Martha. Rechts davon Christus im Garten Gethsemane. — Untere Ab-
teilung: Links Grablegung Christi, rechts das Bild zerstört (wohl Auferstehung).

Ostwand. Obere Abteilung: Sehr verdorben und im einzelnen nicht mehr deutbar. —
Mittlere Abteilung: Die Fortsetzung der Passionsgeschichte an der Nordwand; links vom
Fenster Christi Gefangenführung und Christus von Soldaten vor Pilatus gebracht; rechts
davon Jesu Geißelung; naturalistisch gehalten; schließlich die Dornenkrönung. — Untere
Abteilung: Links zerstört (wohl eine der Auferstehung folgende Szene); rechts vom Fenster
die Himmelfahrt und Ausgießung des Geistes.

Südwand. Obere Abteilung: Die Anbetung des Kindes und die Versuchung des
Herrn. — Mittlere Abteilung: Links Kreuztragung Christi; rechte Darstellung vernichtet. —
Untere Abteilung: Links der hl. Martin, der Patron der Zeuterner Kirche, zu Pferd und
dem auf eine Krücke gestützten Bettler den Mantel zerteilend; rechts der Tod Mariens;
gut erhalten. Der Boden bei beiden Bildern mit großblättrigen Pflanzen bedeckt.

Die Gemälde an dem Chorgewölbe durch eine Querwand und den Treppendurch-
bruch stark zerstört. Auf den Gewölbefeldern waren die Evangelistensymbole mit den
Kirchenvätern großzügig dargestellt. Die gekehlten Gewölberippen, die über fratzen-
oder blattgeschmückten Kragsteinen aufsteigen, von Bändern eingefaßt, auf denen kelch-
artige Blätter sitzen.

Die Malereien durch einen Meister von anerkennenswerter Tüchtigkeit und hand-
werklicher Sicherheit ausgeführt. Um 1480. Das Chorgewölbe wurde, wie das Wappen
des Bischofs Ludwig von Helmstatt im Schlußstein beweist, frühestens 1478 hergestellt.
Für die Malereien haben wir damit einen terminus a quo.

Spätere Fresken, um 1530 etwa, in den Leibungen der jetzigen Fenster, die nach
der ersten Ausmalung eingebrochen bezw. erweitert wurden. Spuren von Maßwerkfüllung
 
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