BONN.
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5.
Kleiner, ungefähr 3' in der Länge messender Löwe von Stein, welcher unter sich
ein anderes Thier niederhält. Die Gruppe befindet sich nunmehr im Hofe des Rathhauses
und war früherhin auf der Stadtmauer in der Nähe der Münsterkirche S. Cassius, eine
gleiche auf dem Platze vor derselben, aufgestellt. In Folge des Vorkommens einer ähnlichen
Darstellung in den Stadtsiegeln des 14ten und löten Jahrhunderts hat man darin ein altes
Wahrzeichen , wie in dem Vorgange eine Begattung zu erkennen geglaubt, und das nieder-
gehaltene Thier als eberartig46 bezeichnet.8 Indessen stellt sich bei genauer Betrachtung
der Behaarung des Halses und der gespaltenen Klauen der Beine heraus,9 dass letz-
teres ein Lamm sein soll. Dadurch erhält die Gruppe jene christlich-symbolische Bedeu-
tung, welche ihre zu Grunde liegende Erklärung findet in I. Petri 5,8: Euer Widersacher
der Teufel gebet umher wie ein brüllender Löwe und suchet, welchen er verschlinge. Das
erwähnte paarweise Vorkommen des kleinen Denkmals in der Umgebung der nach ihren
vorhandenen ältesten Theilen dem Ilten Jahrhundert entstammenden Kirche,10 lässt es nach
der typisch sich wiederholenden Anbringung derselben Darstellung an den Portalen vieler
anderen Kirchen wahrscheinlich erscheinen, dass es zu den Portalfiguren eines frühern Ein-
ganges der S. Cassiuskirche gehörte.
6. 6a.
Reste gleicher Grösse der Broncebekleidung eines hölzernen Kästchens im Museum va-
terländischer Alterthümer.11 Die zehn getriebenen Reliefgruppen stellen, links unten be-
ginnend, dar: 1) das Opfer Abrahams; 2) Moses schlägt Wasser aus dem Felsen, neben
welchem eine kleine Figur, das dürstende Volk repräsentirend, bereits trinkt; 3) Jesus heilt
das sein Gewand berührende blutflüssige Weib 4) Daniel in der Löwengrube; 5) der
Gichtbrüchige nimmt nach seiner Heilung das Bett auf den Nacken und eilt hinweg; 6) das
Opfer Abrahams; 7) die drei Männer im feurigen Ofen; 8) eine verstümmelte Gruppe
zweier Männer, 9) die Auferweckung des Lazarus; 10) die drei Männer im feurigen Ofen.
Nach dem Charakter der Compositionen, wie der von den Randverzierungen herrührenden
Köpfe (6 a) gehören diese Bildwerke den ersten christlichen Jahrhunderten an.
7.
Memorienstein, 2' 6" und 1/ messend, aus dem meist bei römischen Denkmälern
der Rheinlande verwendeten Jurakalk gearbeitet und spätestens dem lOten Jahrhundert ent-
stammend. Der Stein war zur Fundamentirung einer Säule der um 1050 gebauten Crypta
der Münsterkirche verwendet, mithin damals schon zwecklos geworden, und wurde von uns
8. Jahrb. d. Ver. v. Alterth.-Fr. I. p. 30 und III. p. 22 ff.
9. Meinem verehrten Freunde, dem Professor der Zoologie H. Troschel, verdanke ich diese
Bestimmung des kleineren Thieres.
10. Eine im Museum zu Wiesbaden befindliche ähnliche Gruppe dürfte vielleicht durch Dorow
von Bonn dorthin gekommen sein. Aus der Schweiz theilt eine analoge Darstellung Bla-
vignac Histoire de l'architecture en Suisse PI. X bis mit.
11. Jahrb. d. Ver. v. Alterth.-Fr. im Bheinl. XIII. p. 141. Overbeck, Catalog des rhoin.
Mus. p. 151.
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Kleiner, ungefähr 3' in der Länge messender Löwe von Stein, welcher unter sich
ein anderes Thier niederhält. Die Gruppe befindet sich nunmehr im Hofe des Rathhauses
und war früherhin auf der Stadtmauer in der Nähe der Münsterkirche S. Cassius, eine
gleiche auf dem Platze vor derselben, aufgestellt. In Folge des Vorkommens einer ähnlichen
Darstellung in den Stadtsiegeln des 14ten und löten Jahrhunderts hat man darin ein altes
Wahrzeichen , wie in dem Vorgange eine Begattung zu erkennen geglaubt, und das nieder-
gehaltene Thier als eberartig46 bezeichnet.8 Indessen stellt sich bei genauer Betrachtung
der Behaarung des Halses und der gespaltenen Klauen der Beine heraus,9 dass letz-
teres ein Lamm sein soll. Dadurch erhält die Gruppe jene christlich-symbolische Bedeu-
tung, welche ihre zu Grunde liegende Erklärung findet in I. Petri 5,8: Euer Widersacher
der Teufel gebet umher wie ein brüllender Löwe und suchet, welchen er verschlinge. Das
erwähnte paarweise Vorkommen des kleinen Denkmals in der Umgebung der nach ihren
vorhandenen ältesten Theilen dem Ilten Jahrhundert entstammenden Kirche,10 lässt es nach
der typisch sich wiederholenden Anbringung derselben Darstellung an den Portalen vieler
anderen Kirchen wahrscheinlich erscheinen, dass es zu den Portalfiguren eines frühern Ein-
ganges der S. Cassiuskirche gehörte.
6. 6a.
Reste gleicher Grösse der Broncebekleidung eines hölzernen Kästchens im Museum va-
terländischer Alterthümer.11 Die zehn getriebenen Reliefgruppen stellen, links unten be-
ginnend, dar: 1) das Opfer Abrahams; 2) Moses schlägt Wasser aus dem Felsen, neben
welchem eine kleine Figur, das dürstende Volk repräsentirend, bereits trinkt; 3) Jesus heilt
das sein Gewand berührende blutflüssige Weib 4) Daniel in der Löwengrube; 5) der
Gichtbrüchige nimmt nach seiner Heilung das Bett auf den Nacken und eilt hinweg; 6) das
Opfer Abrahams; 7) die drei Männer im feurigen Ofen; 8) eine verstümmelte Gruppe
zweier Männer, 9) die Auferweckung des Lazarus; 10) die drei Männer im feurigen Ofen.
Nach dem Charakter der Compositionen, wie der von den Randverzierungen herrührenden
Köpfe (6 a) gehören diese Bildwerke den ersten christlichen Jahrhunderten an.
7.
Memorienstein, 2' 6" und 1/ messend, aus dem meist bei römischen Denkmälern
der Rheinlande verwendeten Jurakalk gearbeitet und spätestens dem lOten Jahrhundert ent-
stammend. Der Stein war zur Fundamentirung einer Säule der um 1050 gebauten Crypta
der Münsterkirche verwendet, mithin damals schon zwecklos geworden, und wurde von uns
8. Jahrb. d. Ver. v. Alterth.-Fr. I. p. 30 und III. p. 22 ff.
9. Meinem verehrten Freunde, dem Professor der Zoologie H. Troschel, verdanke ich diese
Bestimmung des kleineren Thieres.
10. Eine im Museum zu Wiesbaden befindliche ähnliche Gruppe dürfte vielleicht durch Dorow
von Bonn dorthin gekommen sein. Aus der Schweiz theilt eine analoge Darstellung Bla-
vignac Histoire de l'architecture en Suisse PI. X bis mit.
11. Jahrb. d. Ver. v. Alterth.-Fr. im Bheinl. XIII. p. 141. Overbeck, Catalog des rhoin.
Mus. p. 151.
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