Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

DOI Artikel:
Kern, Guido Josef: Aus Menzels Jugend: zur hundertsten Wiederkehr seines Geburtstages am 8. Dezember 1915
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0110

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
impressionistische Behandlung, wie sie dem Men-
zel der vierziger Jahre eigen ist. Dieser Zusam-
menhang bedeutet für die Entwicklungsge-
schichte der neueren deutschen Kunst nichts
anderes, als daß die Malerei der Frühroman-
tik in den von Krüger übernommenen Realis-
mus Menzels eingedrungen ist und daß sie ihn
durch seelische Vertiefung zu höchster Kunst
entwickelt hat.

Eine andere Gruppe Menzelscher Werke aus
jener Zeit führt uns zu einer zweiten Quelle,
aus der der junge Maler schöpfte.

Vom Balkonzimmer seiner Wohnung in der
Schöneberger Straße aus sah Menzel gerade in
den Park des Prinzen Albrecht von Preußen.
Er hat die Aussicht, soweit bekannt, zweimal,
in einer Studie und einem größeren Gemälde,
verwertet. Die farbenfrohe, leuchtende Studie
behandelt das Motiv wesentlich von der atmo-
sphärischen Seite; sie läßt wenig mehr als
Himmel und Wolken sehen, während das
Hauptwerk ein getreues Abbild des alten
prächtigen Parkes und Palastes vorstellt (Abb.
geg. S. 88 u. S. 99). Das Werk ist 1846

entstanden, nur die Figuren der ruhenden Ar-
beiter wurden später hinzugefügt.

Wer der Auffassung huldigt, daß stets und
unter allen Umständen eine Studie lebens-
wahrer und besser sein müsse als das Bild,
das dem gleichen Gegenstande dient, der mag
hier eines anderen belehrt werden. Das Bild
steht weder an Empfindung noch an Qualität
hinter der Studie zurück, zu ihren hohen male-
rischen Vorzügen aber fügt es eine bis ins
Einzelne gehende bildmäßige Komposition und
eine bildnismäßige Treue. Jeden Baum und
Strauch kann man mit Namen belegen, die
Wiedergabe des Hauses erlaubt Rückschlüsse
auf die Schule, der der Baumeister ange-
hörte, die Wolken sind nach Gattung und
Art zu benennen. In der Bewegung der
alten hohen Pappel kommt der Wind zum
Ausdruck; wir glauben ein leises Flüstern
zu vernehmen. Enthält aber so das Werk
tausend Einzelheiten, die beim Naturfreund
und -Forscher gegenständliches Interesse wach-
rufen, so steht doch die malerische Auffas-
sung über jeder Erzählung. Wichtiger als der
 
Annotationen