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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

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Bode, Wilhelm von: Das Ausscheiden der grossen Kunstsammler alten Stils und ihr Nachwuchs in den Vereinigten Staaten
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https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0321

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DAS AUSSCHEIDEN DER GROSSEN KUNSTSAMMLER ALTEN
STILS UND IHR NACHWUCHS IN DEN VEREINIGTEN STAATEN

Von Wilhelm von Bode

Die Kriegsfurie räumt so furchtbar auf unter
den besten und kräftigsten Männern der
größten Nationen Europas, daß das Hinschei-
den dieses oder jenes hervorragenden Mannes
selbst in den Kreisen, denen er nahestand,
kaum bemerkt wird. Während sonst der Tod
eines bedeutenden Sammlers und das Schick-
sal seiner Sammlungen die Spalten der Fach-
blätter wie der Tageszeitungen oft wochenlang
füllte, bringt heute nur die eine oder andere
Zeitung eine kurze Notiz darüber, die über
den furchtbaren Kriegsnachrichten kaum ein-
mal beachtet wird. Das gilt auch für die
Kunstsammler größten Stils, selbst jenseits des
Atlantischen, wo man doch sonst von allen
sensationellen Ereignissen auch auf dem Ge-
biete der Kunst das größte Aufsehen zu machen
pflegt; zumal wird drüben alles, was die
Multimillionäre betrifft, mit einer Heiligkeit
und Ausführlichkeit behandelt wie die Berichte
aus der Gesellschaft in London. In den letz-
ten Wochen sind wieder zwei Sammler größ-
ten Stils, zugleich zwei der größten Unter-
nehmer Amerikas, Sir William van Hörne

und P. A. B. Widener, aus dem Leben geschie-
den, und schon sind sie so gut wie vergessen.

In den Vereinigten Staaten zählte man seit
etwa zehn oder zwölf Jahren vier ganz große
Kunstsammler: John Pierpont Morgan, P. A.

B. Widener, Benjamin Altman und Henry

C. Frick. Im Laufe von kaum drei Jahren
sind sie alle bis auf Frick dahingegangen.
Altman als der erste; er gab durch das Ver-
mächtnis an das Metropolitan-Museum von
allen seinen Kunstschätzen, die man auf 50 Mil-
lionen Mark wertete (waren doch allein 14 Rem-
brandts darunter, und zwar meist ganz ausge-
wählte größere Werke), das großartige Beispiel.
Als bald darauf auch der alte Morgan starb,
nahm man an, daß er dem Beispiel Altmans
gefolgt sei; war doch zur Aufnahme seiner
Sammlung eigens ein großer Flügel — ein
stattliches Museum für sich —■ an das Metro-
politan-Museum angebaut worden. Aber Mor-
gans Testament gab seinem einzigen Sohne
die freie Verfügung, auch über seine Samm-
lungen, um darüber „in dem ihm bekannten
Sinne des Vaters" zu bestimmen. Der ein-

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