Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

DOI Artikel:
Kriegsbilderausstellung in Berlin
DOI Artikel:
Personalnachrichten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0342

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B Kunstblbliothek
Staatliche Museen
zu Berlin

Erlebnis erwachsen ihm ganz von selbst, ohne daß
er nach einem künstlichen Stile suchen muß, neue
überzeugende Formen. Das falsche Pathos schlech-
ter Kriegsgemälde ist bei ihm nicht zu finden; auf
ihn wirken die Schattenseiten des Krieges am
stärksten ein. Pferdekadaver, Gräben, die mit
modernden Leichen angefüllt sind, Schlamm und
Schmutz, naßkalter Regen, der auf frierende Solda-
ten herabströmt, Lazarette und Züge von Gefange-
nen, Fäulnis und Verwesung — das sind die Dinge,
die in Dettmanns Bildern packend veranschaulicht
sind. Auch dort, wo er Soldaten in der Kirche
oder Offiziere beim Studieren der Karten schildert,
arrangiert er das Gesehene nicht effektvoll um,
sondern läßt die schlicht und tief empfundene Wirk-
lichkeit unmittelbar zu dem Beschauer sprechen.
Wie stark dabei die verschiedenartigsten Objekte
im Bilde in persönlicher Weise formuliert sind,
zeigt ein umfassender Ueberblick über die aufge-
reihten Bilder: sie sind alle in tiefem dunklem Ton
gehalten, aus dem kräftiges Gelb und brennendes
Rot herausleuchten. Fritz Erler strebt mit hero-
isch stilisierten Kriegsbildern eine monumentale
Historienmalerei an. Er entfernt sich mehr als alle
anderen Künstler der Ausstellung vom Boden der
Wirklichkeit. Seine Umformungen sind bisweilen
leer und theatralisch, zumeist gelingen ihm aber
Schöpfungen, die mehr als rein dekorative Gebilde
sind und in denen er tatsächlich die angestrebte feier-
liche und strenge Haltung erreicht. Unaufdringlicher
und doch nicht weniger eindrucksvoll sind Ferdi-
nand Spiegels feine stilvolle Blätter vom östlichen
Kriegsschauplatz, die zu den künstlerisch wertvoll-
sten Schöpfungen der Ausstellung gehören. Von
Fritz Rhein sieht man eine Reihe von zarten
kleinen Skizzen, die der Künstler als Offizier im
Felde nebenbei geschaffen hat. Sie sind nicht mit
dem Blick des Soldaten, sondern mit dem Auge
des iMalers gesehen und atmen in ihrer zierlichen
und geistreichen Art eine friedliche Stimmung aus.
Amüsante Bewegungsmotive, originelle Ausschnitte
und duftige Landschaftstimmungen interessierten
Fritz Rhein beim Zeichnen und Aquarellieren am
meisten. Die mit leichter Hand sicher hingesetzten
Skizzen und die guten Offiziersbildnisse, die man
jetzt bei verschiedenen Gelegenheiten von dem
Künstler sah, deuten darauf hin, daß seine Fähig-
keiten während des Krieges reicher und vertiefter
geworden sind. Offiziersporträts und Bildnisse
und Büsten von berühmten Heerführern sind sonst
noch reichlich vertreten, aber nur das Porträt des
Admirals von Schroeder von franz eichhorst
hebt sich aus der Menge als besonders gute Male-
rei heraus.

Eine Ergänzung zu der Akademie-Ausstellung,
auf der die Vertreter der modernsten Richtung feh-
len, hätte die Ausstellung „Kunst im Kriege" wer-
den können, die in den Räumen des neuen Seces-
sionshauses veranstaltet wird. Wenn sie es nicht
geworden ist, so liegt das zum Teil daran, daß hier
das Programm allzu weit gesteckt wurde und daß
man infolgedessen auf engem Räume nur andeu-
tende Proben geben konnte. Auch hier wäre weni-
ger mehr gewesen. Man sieht Projekte für Gene-
sungs- und Kriegerheime, Entwürfe für Friedhofs-
anlagen und Denkmäler und dergleichen mehr.
Neben originell und doch nicht gesucht wirkenden
Entwürfen von österreichischen Künstlern aus dem
Kreise der Wiener Werkstätten machen die von
August Endell den besten Eindruck. Den guten
kunstgewerblichen Kleinarbeiten, die auf den Krieg
Bezug nehmen, sind nach bewährtem Rezept ab-
schreckende Gegenbeispiele gegenübergestellt wor-

den. Die Gemälde und graphischen Arbeiten reichen
von Künstlern der extremen Richtung wie Nolde,
kirchner und heckel bis zu den Vertretern der
konventionellen Malerei und ihre Zusammenstel-
lung macht einen recht willkürlichen Eindruck.

PERSONALNAGHRICHTEN

MÜNCHEN. Der Verleger und Kunstschrift-
' steller Dr. georg Hirth, der am 28. März
nach langjährigem Leiden im 75. Lebensjahre starb,
sagte einmal, es habe ihn die Enttäuschung, die er
im politischen Leben erfahren mußte, der Kunst
in die Arme getrieben. Das scheint, so uneinge-
schränkt ausgesprochen, nicht recht glaubhaft.
Eine so aktive Natur wie Hirth entsagt nicht
kampflos, es sei denn, daß ein neues Ziel, dem die
Wünsche des Herzens entgegenstreben, verhei-
ßungsvoll lockt. Es dürfte viel wahrscheinlicher
sein, daß Georg Hirths jugendliche Ausflüge ins
Politische eine Verirrung waren, daß die Liebe
zur Kunst als das Ursprüngliche und Wesentliche
seiner Persönlichkeit gelten muß, daß es also nur
eine Heimkehr, nicht eine Entsagung war, als er
der Politik den Rücken kehrte und einer auf den
mannigfachsten Gebieten der Kunstpflege wirk-
samen Tätigkeit sich zuwandte. Als Verleger hat
Hirth eine Reihe wertvoller Publikationen teils
selbst, teils in Verbindung mit ausgezeichneten
Kunstgelehrten herausgebracht und damit dem in
den siebziger Jahren wieder auflebenden deutschen
Kunstgewerbe vielfältige Anregungen gegeben.
Sein „Formenschatz", die Neudrucke der Heilig-
tumsbücher, der Holzschnittwerke von Flötner,
Virgil Solis, Jost Ammann, die stattlichen Bände
des „Kulturhistorischen Bilderbuchs", „Das deutsche
Zimmer", Werke über Porzellan u. a. gehören hier-
her. Um die Jahrhundertwende erschien dann
noch, als Nachzügler dieser Veröffentlichungen,
das dreibändige Mappenwerk „Der schöne Mensch",
das Hirth ebensosehr aus reiner Freude an der
schönen Form förderte als aus Opposition gegen
die muckerische Verfehmung des Nackten, die er,
der stets ein Todfeind der „virorum obscurorum"
war, in seiner leuchtenden Begeisterung nieder-
kämpfen wollte. Dieses mutige und aufrechte Kämp-
fertum bekundet sich auch in den zahlreichen tem-
peramentvollen und selbständigen Aufsätzen Georg
Hirths, die im Laufe der Jahre in den Bänden
„Wege zur Kunst", Wege zur Heimat", „Wege zur
Freiheit" und „Wege zur Liebe" gesammelt vor-
gelegt wurden. Die Münchner „Secession", deren
Name einem Vorschlag Hirths zu danken ist, hatte
in dem kunstbegeisterten Mann einen einflußreichen
publizistischen Anwalt, der die Ehrenmitglied-
schaft, mit der ihn der Verein auszeichnete, im
reichsten Maße verdient hatte. In ganz besonderem
Grade gewann Hirth Einfluß auf die Belebung der
künstlerischen Bestrebungen in München, als er
vom 1. Januar 1896 an seine illustrierte Wochen-
schrift „Jugend" erscheinen ließ. Um die „Jugend"
sammelte sich ein Kreis hochbegabter Mitarbeiter,
besonders das Fähnlein der „Scholle" und die
Leute aus dem Geniekasten der Höcker-Schule,
und wenn die Erler, Püttner, Eichler, Münzer,
Feldbauer, Rieth, Georgi, Jank, Julius Diez, Wilke,
Weisgerber u. a. für ihre Kunst den Weg in die
weiteste Oeffentlichkeit fanden und ihre Namen
im besten Sinn volkstümlich wurden, so danken
sie das kaum weniger als ihrem Ingenium der
Pionierarbeit, die Hirths „Jugend" für sie ge-
leistet. Im letzten Jahrfünft seines Lebens

315
 
Annotationen