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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

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Die Zukunft der Münchner Secession
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Voll, Karl: Ein neues volkstümliches Menzel-Werk
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https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0125

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überhaupt nicht mehr in die ausgezeichnet be-
lichteten und vorzüglich instandgesetzten Säle,
die für Bilderaufstellung wie geschaffen sind,
verbringen wolle und daß somit der wohl-
durchdachte, „definitive" Plan der Sammlungs-
neuordnung in München überhaupt nicht mehr
in der alten Form zur Ausführung gelangen
werde. Man hatte also seinerzeit ohne ersicht-
lichen Grund der Secession gekündigt — fast
möchte man glauben: unter einem Vorwand.
Statt der Vasen sollen nun Gemälde aus Staats-
besitz in das bisherige Secessionsgebäude kom-
men — wenigstens solange, bis der längst
geplante und genehmigte Erweiterungsbau der
Neuen Pinakothek in die Erscheinung tritt. Daß
das Kunstausstellungsgebäude solchen Zwecken
dienstbar gemacht werden soll, ist, wenn schon
einmal die Secession weichen muß, an sich
gewiß kein schlechter Einfall. Die ausgezeich-
nete Lage und Innenausstattung läßt das Haus
für Kunstzwecke von allgemeinem Interesse
mehr geeignet erscheinen als für die Unter-
bringung einer Sammlung, die ausschließlich
fachliches Interesse hat, wie das Antiquarium
oder die Vasensammlung. Aber muß denn
diese Verlegung unbedingt in dieser Kriegszeit
erfolgen, wo die Aussichtslosigkeit, der Seces-
sion geeignete, auch wirtschaftlich günstige
Unterkunft zu verschaffen, so gering ist? Man
verschiebe doch, wenn irgend möglich, diese
Neuordnung, die im Rahmen der staatli-
chen Kunstpflege und des Museumsbetriebs
eine Programmänderung bedeutet, auf gelege-
nere Zeiten! Für Frühling und Sommer 1916
aber überlasse man das Haus nochmals der
Secession, fördere gleichzeitig in weitestgehen-
dem Maße den Neubau ihres Ausstellungs-
hauses an dem ursprünglich zugesicherten
guten Platz, so daß dort 1917 die erste Aus-
stellung der Secession auf gesicherter finan-
zieller Grundlage stattfinden kann. — Dann
mögen in Gottes Namen die einschlägigen Be-
hörden aus dem Kunstausstellungsgebäude ma-
chen, was ihnen beliebt — je besseren, größe-
ren, interessanteren Kunstzwecken sie ihn
zuführen, desto reicher wird der Gewinn für
die Kunststadt München sein!

Im Augenblick aber erheischt zweifellos die
Münchner Kunstpflege weniger die Förderung
musealer Dinge als die verständnisvolle Unter-
stützung verdienstlicher Künstler, die gerade
in diesen Zeiten in hartem Kampf stehen und
teilweise sogar um ihre Existenz bangen müssen.
Von der Seite aus betrachtet, wächst die An-
gelegenheit der Secession über den Charakter
einer Kunstfrage hinaus und wird zu einer
Angelegenheit von weittragender sozialer Natur.

EIN NEUES VOLKSTÜMLICHES MENZEL-
WERK*)

Ehrt eure deutschen Meister! Das scheint zur-
zeit die Devise des deutschen Verlagsbuch-
handels zu sein. Wenn sich dazu nicht eine Ver-
achtung guter ausländischer Kunst gesellen wird,
so darf man mit diesem etwas verspäteten Patriotis-
mus recht zufrieden sein. Er ist um so anerkennens-
werter, als er nicht etwa künstlich erzeugt ist und
auch nicht vom sogenannten Publikum dem Ver-
lagsbuchhandel aufgezwungen wurde; denn unsere
Kunstkreise haben nach wie vor ihr volles, sogar
ihr zahlendes Interesse für ausländische Kunst.
Gute Franzosen werden noch immer gern gekauft,
wie die Auktionen der letzten Zeit beweisen. Aber
Italien und England, die künstlerisch völlig impo-
tent sind, von denen aber bis vor kurzem England
so töricht bei uns als vorbildlich gefeiert wurde,
sind jetzt für den Handel, also auch für die Sammler
erledigt.

Wenn nun unsere Verleger nach einem deut-
schen, bei uns allgemein anerkannten Künstler
Umschau halten, so wird man wohl in Nord und
Süd Menzels Namen nennen. In der Tat hört
man von einer schönen Menzelpublikation, die
nächstens in Berlin herauskommen soll und eine
andere liegt bereits in München vor. Bei F. Bruck-
mann A.-G. erscheint soeben ein Band: Menzel, der
Maler deutschen Wesens; 149 Abbildungen, heraus-
gegeben und erläutert von Georg Jacob Wolf. Das
wohl vielen nicht recht angenehm klingende Wort
„erläutert" ist nicht tragisch zu nehmen. Wolf hat
keinen platten Schulmeistertext zu den nebenbei ge-
sagt vorzüglich gedruckten Abbildungen geschrieben,
sondern er gibt eine zwar knappe aber ausreichende
Biographie des Künstlers und bemüht sich, in ihr
Menzels Stellung innerhalb der deutschen Malerei,
wie er sie nach heutiger Anschauung einnimmt,
darzutun. Das ist nun wohl auch das Entscheidende
bei diesem Versuch, ein volkstümliches Menzel-
werk zu geben. Wenn der Verlag bei aller Güte
der technischen Ausführung den Preis sehr nied-
rig stellt (broschiert M 3.—, in Leinwand gebun-
den M 4.50), so hat der Verfasser gewiß recht,
wenn er nicht mehr Menzel so schildert, wie
es noch vor kurzem üblich war. In dieser Hin-
sicht ist es überaus lehrreich, mit der vorliegen-
den eine andere Menzelpublikation zu vergleichen,
die in demselben Verlag 1905 von Max Jordan her-
ausgegeben wurde. Diese versuchte zwar bereits
auf den neueren Standpunkt zu kommen, aber wenn
mansiejetzt, lOJahrenach ihrem Erscheinen wieder
zur Hand nimmt, so erscheint sie doch recht ver-
altet; denn in ihrwird in Menzel sozusagen nur jener
künstlerische Hexenmeister gefeiert, den die Gene-
ration der achtziger Jahre in ihm erblickt hatte. Heute
denken wir anders: wir wissen, daß Menzel alles
andre war als ein Virtuose. Wir verehren in ihm
einen echten Künstler von außerordentlich reichem
Geist. Vieles, was wir in der traurigen Epoche
deutscher Kunst, wie sie dem Jahre 1870 gefolgt
war, als besonders „fein" an Menzel rühmen
hörten, seinen Witz, die fleißige Durchführung
seiner Bilder rechnen wir jetzt als Unarten oder
Nebensächlichkeit. Vor allem ist uns Menzel nicht
mehr ausschließlich ein Zeichner. Wir wissen
jetzt, welche bedeutsame Rolle er innerhalb der

*) Adolf von Menzel, der Maler deutschen Wesens.
149 Gemälde und Handzeichnuneen des Meisters. Herausgegeben
und erläutert von Georg Jacob Wolf. Broschiert M. 3.—, in
Leinwand gebunden M. 4.50. München, F. Bruckmann A.-G.

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