J. C. DAHL
HERR MIT ZYLINDER (1821)
verhalfen und eine zuständige Theilnahme an
der allgemeinen Berichterstattung gönnten."
Die beiden Bilder Constables stellten An-
sichten des Schlosses Hampstead-Heath bei
London dar. Die erste war von der West-
seite, die andere von der Südwestseite auf-
genommen. Nach dem Urteile unseres Ge-
währsmannes gehörten die Bilder „zu dem
Schönsten und Trefflichsten", was die neuere,
insbesondere englische Landschaftsmalerei her-
vorgebracht hatte. „Nächst Thomas Gains-
borough ist Constable, und hätte er nichts als
dies gegeben, der erste Naturmaler Englands .. .
Der Künstler gibt sich auf; leibeigen und dienst-
pflichtig seinem Herrn, dem Werke, dem sach-
lichen Thun, besorgt er, wie ein in Pflicht ge-
nommener Geist, seine Aufgabe, still, unter-
würfig, und mit präzis vollendeter Meister-
schaft." „Der ersteren dieser Landschaften,"
fährt der Text fort, „möchten wir den Vor-
zug geben; sie ist wärmer, gediegner, und,
was vielleicht auf Rechnung der Naturscene
zu bringen ist, malerischer beseelt. In bei-
den ist der Hochsommer dargestellt. Der be-
waldete Landstrich mit Harrow-Castle verliert
sich in den Horizont mit fahlen, zarten Licht-
nebeln der an die Ferne aufgegebenen Wal-
lungen hügliger Schwunglinien. Dem Mittel-
grund entlang ist eine Waldeszeile hingereiht,
wo Vorsprünge und Abstufungen verjüngtester
Baumgruppen durch mehr oder minder ge-
spendete Lichtbeglänzung so wunderbar ange-
deutet sind, daß man tief und tiefer ins An-
schauen dieser höchsten Kunst hineingezogen
wird. Vor zwischenhügligen Vollgebüschen
taucht der Vorgrund herein, den Fahrweg bil-
dend, auf dessen Rücken ein zweirädriger
Wagen, worin einige vortrefflich gedachte
Figuren, eben anlangt. Am Wege liegt ein
Kalb; am Seitenrand, da wo die Fahrstraße
in Triften und Wiesen abstreicht, stellen sich
noch einige Kühe dar, von unvergleichlicher
Wahrheit in Art und Charakter. Um den
auslaufenden Wegzipfel biegt ein Eselchen,
Blätter naschend, dessen zierliche Anmuth in
Haltung, Gebärde und seitlichem Umschmiegen
nur von der Naivität und Natürlichkeit seines
Wesens übertroffen wird. Die Kunst der Per-
Die Kunst für Alle XXXI,
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HERR MIT ZYLINDER (1821)
verhalfen und eine zuständige Theilnahme an
der allgemeinen Berichterstattung gönnten."
Die beiden Bilder Constables stellten An-
sichten des Schlosses Hampstead-Heath bei
London dar. Die erste war von der West-
seite, die andere von der Südwestseite auf-
genommen. Nach dem Urteile unseres Ge-
währsmannes gehörten die Bilder „zu dem
Schönsten und Trefflichsten", was die neuere,
insbesondere englische Landschaftsmalerei her-
vorgebracht hatte. „Nächst Thomas Gains-
borough ist Constable, und hätte er nichts als
dies gegeben, der erste Naturmaler Englands .. .
Der Künstler gibt sich auf; leibeigen und dienst-
pflichtig seinem Herrn, dem Werke, dem sach-
lichen Thun, besorgt er, wie ein in Pflicht ge-
nommener Geist, seine Aufgabe, still, unter-
würfig, und mit präzis vollendeter Meister-
schaft." „Der ersteren dieser Landschaften,"
fährt der Text fort, „möchten wir den Vor-
zug geben; sie ist wärmer, gediegner, und,
was vielleicht auf Rechnung der Naturscene
zu bringen ist, malerischer beseelt. In bei-
den ist der Hochsommer dargestellt. Der be-
waldete Landstrich mit Harrow-Castle verliert
sich in den Horizont mit fahlen, zarten Licht-
nebeln der an die Ferne aufgegebenen Wal-
lungen hügliger Schwunglinien. Dem Mittel-
grund entlang ist eine Waldeszeile hingereiht,
wo Vorsprünge und Abstufungen verjüngtester
Baumgruppen durch mehr oder minder ge-
spendete Lichtbeglänzung so wunderbar ange-
deutet sind, daß man tief und tiefer ins An-
schauen dieser höchsten Kunst hineingezogen
wird. Vor zwischenhügligen Vollgebüschen
taucht der Vorgrund herein, den Fahrweg bil-
dend, auf dessen Rücken ein zweirädriger
Wagen, worin einige vortrefflich gedachte
Figuren, eben anlangt. Am Wege liegt ein
Kalb; am Seitenrand, da wo die Fahrstraße
in Triften und Wiesen abstreicht, stellen sich
noch einige Kühe dar, von unvergleichlicher
Wahrheit in Art und Charakter. Um den
auslaufenden Wegzipfel biegt ein Eselchen,
Blätter naschend, dessen zierliche Anmuth in
Haltung, Gebärde und seitlichem Umschmiegen
nur von der Naivität und Natürlichkeit seines
Wesens übertroffen wird. Die Kunst der Per-
Die Kunst für Alle XXXI,
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