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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

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Markus, Stefan: Das neue Winterthurer Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0349

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ANTON GRAFF-SAAL IM NEUEN WINTERTHURER MUSEUM

Schäften neuzeitlicher Museumsarchitektur
und Raumkunst fanden hier ihre wohlkalku-
lierte Realisierung. Von der neutralen
Wandbespannung der Ausstellungsräume
und dem bequemen Auswechslungssystem
des Graphischen Kabinettes bis hinauf zur
sogenannten Laternenbelichtung, von der
Anordnung und Gestaltung der Säle bis zur
Placierung der Kunstwerke. Ueber die be-
sonderen Schwierigkeiten, die sich dabei
aus der Notwendigkeit der Unterbringung
der städtischen wissenschaftlichen Samm-
lungen und der Stadtbibliothek im selben
Gebäude — ein ausschließliches Kunsthaus
kann sich Winterthur noch nicht leisten und
hat es auch noch nicht nötig — ergaben,
wollen wir hier nicht reden. Um so weniger,
als sie in einer Weise überwunden worden
sind, die in ihrer selbstverständlichen Un-
gezwungenheit einen Gedanken an bestan-
dene Schwierigkeiten nicht aufkommen läßt
. . . Als Ganzes wie im Detail macht das
Museum, im Gegenteil, einen durchwegs
harmonischen und einheitlichen Eindruck.
Auf eine symmetrische Anlage mußte aus
verschiedenen Gründen verzichtet werden.
Die Hauptfassade erscheint gebrochen. Auch

sind die beiden Flügel in Länge und Einzel-
heiten voneinander verschieden. Immerhin
ist der architektonische Charakter so weit
durchgebildet und gewahrt, daß der Ein-
druck des Monumentalen sich einstellt. Im-
posant ist vor allem das Hauptportal mit
seinen jonischen Säulen, Kapitälen und Gie-
beln, in deren Tympanon eine beschwingte
Säerin Hermann Hallers „den Samen des
Schönen und Wahren in die Furchen der
Zeit" aussät. Die Hauptnote des Innern ist
stilvolle Seriosität, Vornehmheit und Har-
monie. Ein prachtvolles, marmornes Trep-
penhaus mit malerischen Ausblicken und
Perspektiven verbindet Erdgeschoß mit er-
stem Stock, wo die permanenten Sammlun-
gen und die Leihgaben untergebracht sind,
während der Saal für die temporären Aus-
stellungen im Erdgeschoß placiert ist. Mas-
sive Nußbaumtüren verstärken den ernsten
Charakter. Vorbildlich in seiner wohnlichen
Schönheit wirkt das wundervoll ausge-
stattete Sitzungszimmer des Kunstvereins.
Unter den fluchtartig angeordneten Ausstel-
lungsräumen gebührt dem unvergleichlich
schönen Anton Graff-Saal die Palme. „Ein
Kabinett von solcher Geschlossenheit der

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