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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

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Lüthgen, Eugen: Kunst in Kölner Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0435

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die gleiche Freude an den verhaltenen Ton-
werten der Farbe, die gleiche Neigung zur
Formklarheit und endlich die gleiche Tiefe
des Gefühls. Auch Habermanns Frauen-
kopf (Abb. S. 402) und Hans Thomas Kin-
derbildnis, das Stilleben von Schuch, Ha-
gemeisters Landschaft „Am Schwielow-
see" (Abb. S. 403) und Leistikows Grune-
waldlandschaft finden in diesem Zusammen-
hang ihre rechte Beleuchtung. Man könnte
fast sagen, daß das Altmeisterliche in die-
sen Arbeiten nicht allein auf der handwerk-
lichen Eigenart und der gebundenen Farb-
anschauung beruhe, sondern ebensosehr auf
der Mitwirkung von Gefühlserlebnissen, die
die Tiefe eines Kunstwerkes bedingen. Diese
Auffassung, schon sichtbar veräußerlicht
durch die ständige Zunahme der Beobach-
tung der Wirklichkeitsformen, findet ihren
Abschluß in der Düsseldorfer Schule, in
Bochmanns Muschelkarren (Abb. S. 401),
in Gebhardts Christusbild (Abb. S. 394)
und in G. Janssens echtem Genrebild
„Prost Gretchen" (Abb. S. 398). Hier hat sich
die Wandlung zum Neueren insoweit schon
vollzogen, als ein inneres Gefühlserlebnis
nicht mehr notwendig die Nachahmung der
äußeren Wirklichkeitsform bedingt.

Die neue Anschauung von Bild und Farbe
lag auf einer anderen Entwicklungslinie.
Sie wurde getragen vom Impressionismus.
Hagemeister und Leistikow, bedeutsamer
noch der reife Trübner und Kalckreuth,
zeigen, daß das Eigenleben der leuchtenden,
ungebrochenen Farben das Ziel des Malens
bedeuten kann. In Trübners „Haus am
See" (Abb. S. 400) und in dem „Parkinneren"
strahlen die Farben in lebhafter Helligkeit,
trotzdem die Linie ihre alte Macht noch
keineswegs eingebüßt hat. Max Liebermann
hat das Malen um des Raumes, um des
Lichtes willen als bedeutsamstes Ergebnis
seiner einfühlungsstarken Natur hingestellt.
Der lebendig farbige Schein schneller Be-
wegungseindrücke, die hinhuschenden atmo-
sphärischen Stimmungen des Lichtes und

der Luft, die Auflösung der Körper im Licht
geben den eigentlichen Stoff der Darstel-
lung. Liebermanns „Dünenlandschaft",
sein „Strandstück", die „Judengasse in
Amsterdam", das Bildnis von Dr. Fuchs
zeigen, wie er in jeder Erscheinung eine
Summe von Färbtönen sieht, aus denen
seine Phantasie die optischen Wirkungen
der Natur formt. In seinem „Korso auf
dem Monte Pincio" hat er gleichsam das
Wesen des Bewegten, des Lichtes, der Luft
in straffster Geschlossenheit der Form fest-
zuhalten versucht. In der gesteigerten Zu-
sammenfassung der Formen macht sich wohl
schon der Einfluß einer neueren Richtung
geltend, die in Weisgerber ihren stärksten
Führer verloren hat. Die schöne Land-
schaft Weisgerbers „Rast im Walde" zeigt
diese Umbiegung der künstlerischen An-
schauung zu einer Ausdrucksgestaltung, die,
wieder anknüpfend an Vergangenes, in der
Gefühlstiefe, in dem inneren Erlebnis die
sicherste Vorbedingung eines großen Kunst-
werkes sucht. Picassos Bildnis eines
Schauspielers und vor allem Karl Hofers
„Badendes Hirtenmädchen" weisen auf die
Endpunkte dieser Entwicklung.

Von der großen Zahl der ausgestellten
Werke seien noch erwähnt: Landschaften von
Westendorp, Ernst Hardt, Ciarenbach
(Abb. S. 399), Bretz; ferner Arbeiten von
Vuillard, Israels, Uhde, Hübner, Or-
lik, Weiß, Hengeler, Zügel, Stuck,
v. Kardorff. Endlich ein sehr schönes
kleines Stilleben, ein totes Reh, von Cour-
bet und die „Liesel" von Renoir, die durch
den Reiz ihrer Anmut alles überstrahlt.

Auf die Ausstellung von Original-Graphik
aus der Sammlung Stinnes kann nur hinge-
wiesen werden. Sie macht durch ihre Ge-
schlossenheit den stärksten künstlerischen
Eindruck. Die Werke des Kunstgewerbes
und der Plastik aus Kölner Privatbesitz
wurden auf Anregung der Vereinigung für
Kunst in Handel und Gewerbe zusammen-
gebracht.

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