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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 40.1924-1925

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Beringer, Joseph August: In Hans Thomas Spuren auf der Stufenleiter seines Erfolges: zum 85. Geburtstag des Meisters, 2. Oktober 1924
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https://doi.org/10.11588/diglit.14152#0042

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1 Kunstbibliothek
Staatliche Museen

SELBSTBILDNIS

"Verlag F. Bruckmann, Manchen

IN HANS THOMAS SPUREN AUF DER STUFENLEITER SEINES ERFOLGES

Zum 85. Geburtstag des Meifters, 2. Oktober 1924

Mit der ihm in Leben und Schaffen eigenen
Gelaffenheit, die alles Irdifche nicht gar
zu lehr wichtig nimmt, fragt Hans Thoma am
Schluffe leines Lebensganges „Im \\ inter des
Lebens", „ob es wohl der Mühe wert gewelen
ift, dies hinzu!chreiben, oder vielmehr, ob es auch
der Mühe wert lein mag, das Gefchriebene zu
lefen". „Aber" — fährt er fort — „dem sei
jetzt, wie es wolle. Ich will nichts mehr ändern;
was ich gefchrieben habe, habe ich geichrieben.
Ich kann ja auch nichts mehr ändern an dem,
was und wie ich gelebt habe. Das alles muß ich
nun lo dahinnehmen mit allen Unzuträglich-
keiten, Ungelchicklichkeiten, Fehlern und Ver-
zeichnungen, wie lie wohl öfters beim Entlie-
hen von Menfchenwerken mit entliehen. Es find
Dinge, die man durch Ausradieren nicht mehr
verbeflern kann." Kein Künftler feiner Zeit ift
mehr gelcholten und dann mehr geliebt, keiner
ift mehr mißachtet und dann mit Anerkennun-
gen überfchüttet worden als Thoma. Keiner hat
mehr aus dem Boden feiner Heimat gelogen,
und keiner hat an leelifchen, gemütlichen und
künftlerilchen W erteil feinem Heimat- uii''
Vaterland mehr gefchenkt als Thoma. Zum
SchhuTe ift zu erkennen, daß Thoma leit leinem
Gang aus dem Kinderparadies des Heimattales,
aus dem Modergeruch von Sorge, Not, Leid,

Schmerz und Dunkelheit doch „mit der Gnade
des Himmelslichtes" fein Leben im Schaffen
„zu Form und Farbe, zu Blüte und Frucht ge-
haltet" hat.

Reftlofes Eingehen auf leine Y\ elt fand Thoma
in feiner Jugend nur bei ferner Mutter. „Bald
Iah lie in den Strichen ein Pferd, eine Kuh, ein
Schwein, einen blas, einen Hahn, der auf dem
Gartenzaun krähte", wahrend der Nachbar Kri-
tikus fand, „daß das, was ich gezeichnet habe,
kein Pferd lei, londern ein Elel, weil es zu lange
Ohren habe. Das hat mich tief gekränkt" —
fugt Thoma zu dielen erften Reibungen in den
Anfängen der Kiuift hinzu. Aber auch derA ater,
der allerdings fchon früh ftarb, hatte allezeit die
Hoffnung, „daß aus feinem Johannesie einmal
etwas Rechtes werde". Dafür hatte er ja in
Thomas fünftem Lebensjahr den „Hündlebnb"
aus dem Kartenfpiel faft originalgetreu abge-
zeichnet zum Namenstag erhalten.
Je mehr Thoma aus dem Heimat- und Familien-
paradies in die Welt trat, um fo mehr häuften
lieh die Zufammenftöße. So während der Lehr-
zeit bei dem Lithographen in Bafel. Da war er
dem Gelellen gef imdheitlich zu Ich wach, und der
Arzt meinte, ein anderer Beruf lei wohl beffer
für ihn. Dann bei dem Anftreicher, der dem
Lehrling nicht zutraute, daß er einmal „lo ein

Die Kunst für Alle. XXXX. 2. November 1924

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