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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 40.1924-1925

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Beringer, Joseph August: In Hans Thomas Spuren auf der Stufenleiter seines Erfolges: zum 85. Geburtstag des Meisters, 2. Oktober 1924
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https://doi.org/10.11588/diglit.14152#0043

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Miller werden könne, wie die, von denen die
icl lünen Bilder im Hader Alu Ten m gemalt feien".
Auch war Thoma zum Pfarrerwerden zu alt und
um Ralfchreiber zu werden, zu jung und zum
ülireufcliildmaler zu arm; er konnLe das Lehr-
geld oder die Biirgfchaft nicht aufbringen.
In der Karlsruher Kim lisch ulzcit genoß TJioma
zunächft nur das VcrLrauen in feine Begabung
hei Schirmer. Er lagt darüber in feinem Tage-
buch: „Meine Studien undbefonderseinigeKom-
pofitionen, einige zu Hebels Gedichten, gefielen
dem Direktor Schirmer ganz außergewöhnlich;
er rief aus: ,Thoma, Sie lind ein Poet!' Er foll
auch geäußert haben, als andere fagten: ,Das gibt
einen zweiten .Richter': ,Das gibt noch einmal
viel BedeulendcrcsalsRichter!" — Auch die erfte
Kritik fiel lehr günfligaus. Man nannte Thomas
Bildchen „ Im Tarniwa I d " eincn „hei m e Iigen An-
klang an Hebel, voll Seele". Aber Mitfchüler
und ältere Maler haben aus anderen Bildern un-
gebeten Frifche und viel Selblländiges hinweg-
korrigiert. Der Anfang zu der fchweren Ver-
kennung Thomas feitens der Kunftprofelforen
und Kunftvereinsbefucher w ar damit eingeleitet,
was Ende der fechziger Jahre dazu geführt bat,
dal) Thoma das Bilderausftcllcn in Karlsruhe
unmöglich gemacht wurde und der Akademie-
direktor ihm das Unziemliche feines Verhallens
gegenüber dem Publikum vorhielt
Aber auch in Düffeldorf fließ Thoma auf ent-
Ichiedenen Widerftand und heftige Ablehnung.
Dem geringlchätzenden Urteil einiger Genre-
maler begegnete nur Otto Scholderer mit dem
I Iiiiweis, daß die Dülfeldorfer bclfcr täten, lieh
darauf vorzubereiten, wie Thoma zu malen,
als umgekehrt.

in d icl en für denKünfllergrimdkrili leben Zeilen
begann lozufagcn der Weltruhm Thomas. Ein
Engländer Thomas Tee aus Manche Her kaufte
die in Bernau gemalten Bilder und fügte fpäter
noch weitere Ankäufe in München dazu.
Die Münchner Jahre zeigten kaum eine Belfe-
rung in dem fchwankenden Urteil über Thomas
Schallen. Nur der treue Freund Viktor M üller,
der Schwager Scholdercrs, fand unbedingt Ge-
fallen an Thomas Leifluiigen und träumte gerne
vor leinen Bildern. Sonft aber gehörte Thoma
mit noch einigen anderen des kleinen Maier-
k reifes, der fich um Ad. Bayersdorf er gebildet
halte, zum „Vereinfür unverkäufliehe Bilder".
I m Kunftverein begegneten Thomas Bilder viel-
fachen Z weifein. Die öffentlicheKritikbedauerte,
daß fo talentvolleKünMer, wieHirth duFrenes,

unter feinen Einfluß kamen. Die Kunlthändler
brachten fogar die fchon gekauften Bilder als un-
verkäuflich wieder zurück, und die abfällige Ta-
geskritik verdichtete fich zu anonymen Schmäh-
gedichten mit dem Schluß: „Streich Killen an
und Schrein! Doch das Malen, das laß fein!"
Seine damaligen eigenen Werke, die fpäter zu
hohen Ehren gekommen find, fanden keinen An-
klang. Dagegen wurde ihm von Bruckmann der
Auftrag zuteil, zwei größere Werke des verftor-
benen Viktor Müller zu kopieren, was nicht ohne
ergötzliche Zwif chenfälle ablief. Daß Thoma
dem gegen ihn gerichteten ganzen Lärm gegen
feine Bilder ftandhielt, verdankte er lediglieh
dem Selbftvertrauen zu feiner Begabung und

O O

dem auch in der Armut Holzen Unabhängig-
keitsgefühl, das bewußt um das Recht feines
Ausdrucks kämpfte.

In diefe Zeit der hartgefrorenen Wirklichkeit
kam mit Dr. med. O. Eifer aus Frankfurt ein
warmer Tauwind. Damit trat eine entfeheidende
Wendung in Thomas Leben und Schallen ein.
Nicht als ob Thoma von der Mitte der fiebziger
Jahre ab Anklang, Verftändnis und Abnehmer
feiner Werke in Frankfurt gefunden hätte; aber
der kleine Freundeskreis um Eifer gab durch
feine Ankäufe Thoma die nötige Ruhe zum
Schalfen. Der Freu ndeskreis der Eifer, Küchler,
Haag, Rafor, Müller, Scholderer u. a. war es,
der mit den beiden cnglifchen Freunden Mino-
prio und von Sobbe Thomas Schaffen mit In ter-
elfe folgte. Die beiden Letzteren haben auch mit
ihrem Thomabefitz in Liverpool eine größere
Kollektivausftellung veranlaßt und damit An-
erkennung gefu nden.

Als dann auf T. Stadlers Betreiben 1890 Thoma
in München eine Kollektivausftellung mit 30
und eimgenBildernveranltaltete, brach der Bann.
Mit Jubel hat namentlich O. J. Bierbaum, dem
lieh nachher R. Dchmel und D. v. Liliencron
u. a. Neutöner anfchloffen, die neue Art in Tho-
mas Schalfen begrüßt.

Diefe Anmutungen befruch teten Thomas Schaf-
fensluit fo fehr, daß er nun begann, neben feinem
Malwerk ein faft cbenfo wertvolles graphifches
Werk auszugeftalten. C. G urlitt charakterilicrtin
feiner „Deutfchen Kunft des 19. Jahrhunderts"
den Wandel fehr glücklich mit den Worten:
„Während die englifche Kritik — in England
hatte er längft feinen Markt — ihn fchon viel
früher anerkannt hatte, fand plötzlich die deut-
fche Worte der Zuiiimmu ng für ihn. Nicht Tho-
ma hatte fich geändert, fondern der Blick war für

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