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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 40.1924-1925

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Heygrodt, Robert H.: Fritz Huf
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https://doi.org/10.11588/diglit.14152#0045

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FRITZ HUF

Die deutliche Plaftik der Gegenwart ift ein
fchöner Beweis für den entrchlofTenen
\^ illen unferer Bildliauer, aus der Sinnlichkeit
wirklicher Anfchauung Monumente und Ge-
ltalten zu bilden, die in Form und Gehalt dem
Rhythmus des modernen Lebens entfprechen,
das zugleich heute gefchieht und in feiner Gül-
tigkeit den Anfpruch auf bleibende Bedeutung
verwirklicht. Nach dem Bankerott feiitimen-
taler, tendenziofer und intellektueller Kunft-
theorien ilt ein kleiner, ungemein wichtiger
Kreis von Bildhauern dabei, mit gutem Ge-
fchmack, kluger Einficht und fmngemäßer
Technik ausgezeichnete plaftifche Arbeit zu
leihen. In diefen Kreis, als delTen Mittelpunkt
ich Ernefto de Fiori anfpreche, gehört der
Schw eizer Fritz Huf.

Fritz Huf ift 1888 in Luzern geboren. Sein
Vater war ein Schuhmacher und beftimmte
den Sohn zum Goldfchmiedehandwerk. Huf
notiert die Abftammung aus dem Handwerker-
haufe und die Lehrzeit als Goldfchmied fehr
gem. Beides ilt tatfächlich wichtig für feine
Knnft. Er ift ein „Handwerker" und immer all
den Theoretikern fern gewefen, die von einer
Idee aus, in der Richtung eines Programms
oder im Gefolge einer literarifch orientierten
Clique zum Kunftwerk kommen wollen. In
guter Nachbarfchaft mit Fiori und feinem
Schweizer Landsmann Hermami Haller fand
er fehr bald feinen eigenen Stil. Paris, Rom,
längere Reifen nach Südfrankreich und Spa-
nien. Kenntnis vieler Kulturen und die Be-
ziehung zu wichtigen Menfchen vervollftändig-
ten den Reichtum diefes aufmerkfam fchauen-
den und eifrig fchaffenden Künftlers. Schon
jetzt liegt ein recht ausführliches Werk vor,
das ein Gelleres Gefchick, frifches Tempera-
ment und jene fympathifche Naivität zeigt, die
den einbeinigen Küiifiler von dem voreinge-
nommenen Theoretiker unterfcheidet.
Die erften Plaftiken find Stilproben. Unter dem
Eindruck Bodins experimentiert er dem Ob-
jekt gegenüber. Ein Porträt Rilkes, das hier zu
erwähnen ift, outriert den Stil nach dem \\ e-
fen Rilkes, wie er es lieht: sclu-äge Bogen,

engfie Schnürung der Linien und darüber die
Schatten eines verhaltenen dunklen Tones ...
fo fpürt er der Struktur und dem Melos rilke-
fcher Poefie nach. Das Porträt, das uns nach
fpäteren Werken Hufs als ein Stück lieber
Literatur anmutet, verrät gleichwohl Flufs in-
tenfive Empfindungsfähigkeit. Er weiß, worauf
es ankommt: daß jede Sache ihren eigenen Klang
hat, der fie wie eine Atmofphäre im Kunftwerk
umgibt. Mehr und mehr gewiimt er ein un-
mittelbares "\ erhältnis zu den Dingen und gibt
ihnen eine gefällige, charakteriftifche Form.
Die „Form" eines Kunftwerks ift nichts Ober-
flächliches, fonderii die gültige Geftalt feines
eigentlichen Däferns. Form ift nicht idenlifcb
mit den Gebärden eines tätigen Temperamentes,
mit den Wallungen rühriger Sentimentalität,
mit der Lehre einer moralifch eingeheilten
Idee. Form entlieht aus dem W efen der Dinge,
aus der Weife, in der wir fie bilden, nachdem
wir ihr eigentümliches Leben und ihre Beftim-
mung erkannten. In der Kultur des Künftlers
erfährt fie ihre befondere Prägung, in feinem
Stil ihre Anwendung und Geltung. Hufs Ar-
beiten haben beides: fie lind in lieh wirkliche
Einheiten und Repräfentanten eines fehr leben-
digen Formwillens. In Porträts wie denen von
Rathenau und Liebermann, zu denen ich einen
feiten gezeigten guten Kopf von Gottfried
Keller zähle, kommen die charakteriilifchen
Züge der Modelle der Bildnerarheit entgegen.
Liebermanns Kopf ilt an lieh fchon eine fer-
tige Plaftik. Huf verftärkle den Eindruck dic-
fer tiefen Züge, diefer A erwitterungen, diefer
unzähligen Spuren eines überall beteiligten Be-
trachters. Schön ift die Senkung der Stirn über
die Augen. Ungemein plaftifch die Mund-
partie: man hört ihn fprechen und lächelt im
Gedenken an eine entzückende Bosheit. Kellers
Kopf ift konzentrierter, freier, ein wenig läffi-
ger in der Technik, dafür leichter in der Wir-
kung feiner Form. Die Bronze Walther Ba-
thenaus vermittelt einen Harken Eindruck die-
fer ungewöhnlichen Perfönlichkeit. Sie ift die
Huldigung des Schweizers für einen unferer
aufrechteften Männer. Im engften Freundes-

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