Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

DOI Artikel:
Bredt, Ernst Wilhelm: Mehr Wahrheit und Persönlichkeit in Jedermanns Heim, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0025

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite 12.

unterordnen«. — Also innere und äussere Gediegenheit kenn-
zeichnen die japanische Kunst. Der Japaner schafft nicht
des Prunkes wegen, sondern er verleiht den wenigen Gegen-
ständen seines Haushaltes aus nichts als aus eigenstem,
innerstem Bedürfniss ein schönes Aeussere. Er verdient
deshalb mit einem Worte ein idealer Egoist genannt zu werden.

Durchaus nicht diesem idealen Egoismus widerspricht
die Betonung der Persönlichkeit des künstlerisch schaffenden
japanischen Handwerkers. Denn ganz im Gegensatze zu
Schnaase, der die deutschen Künstler des XV. und XVI. Jahr-

Januar-Heft.

auch bei modernen kunstgewerblichen Arbeiten schmerzlich
vermisst haben, dass er die Persönlichkeit des Künstlers nicht
feststellen, nicht kennen lernen kann. Denn wie wir geneigt
sind, deshalb einem schönen alten Möbel vom Grossvater
einen höheren Werth beizumessen als andere, weil uns in
ihm die ganze Eigenart des uns so oft geschilderten Mannes
entgegentritt, so trägt sicherlich jeder, nachdem das bedeutende
Werk eines Künstlers auf ihn besonders eindrucksvoll gewirkt
hat, Verlangen, den Schöpfer des Werkes näher kennen zu
lernen. Wesshalb sollte da die Namensnennung auch auf

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Abbildung Nr. 755. Tischwange mit Flachschnitzerei in modernem Karakter. Original-Entwurf von Architekt H. Kirchmayr, Klausen.

hunderts ob ihrer Bescheidenheit rühmt, weil sie es unterliessen,
den eigenen Namen ihren Kunstprodukten hinzuzufügen,
tadele ich dies als mangelndes Persönlichkeitsbewusstsein
und finde es mit Brinckmann von jenem *) Kulturvolk lobens-
werth, dass ihre besseren Arbeiten mit dem vollen Namen
ihrer Erzeuger, denen oft noch Angaben über ihr Alter und
ihre Herkunft und die Zeit der Anfertigung beigegeben sind,
versehen sind. Denn ganz gewiss »spricht sich schon in
diesen Bezeichnungen ein stark entwickeltes persönliches
Gefühl eindringlich aus«.

Welcher intime Freund jeglicher Kunst wird es nicht

*) und dem mykeneschen.

guten gewerblichen Werken tadelnswerth sein, so lange sie
nicht den Eindruck der Reklame machen kann? Es ist ein
Zeichen falscher Scham oder mangelnden Selbstbewusstseins,
wenn heute Staffeleikünstler sich schämen, ihren Namen auf
einem Geräthe, einem Plakate, einem Schmucke anzugeben,
wenn sie deren Schöpfer sind, oder den Entwurf schufen.

Was wir uns sonst noch vom Wesen der Japaner zu
eigen machen sollten, ist ihre grosse Liebe zur Natur. Wie
tief ihnen diese innewohnt, geht direkt aus den von ihnen
entlehnten Vorbildern hervor, indirekt tritt sie jedem noch
lebhafter vor Augen, der sich in das Privatleben des Japaners
hin ein versenkt. In den freien Künsten haben wir Europäer
 
Annotationen