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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

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Schaefer, Karl: Die sog. verdeckte unerlaubte Nachbildung im Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0059

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Seite 42.

IIIustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

März-Heft.

den Auftrag gab, er möge unter Zugrundelegung jener Porträt-
Photographie, aber unter Beobachtung einzelner kleiner un-
merklicher Abänderungen ein gleiches Bild in Pastell her-
stellen und dieses
Pastellbild an ihn
mit dem Rechte der
alleinigen Verviel-
fältigung mittelst
photographischer
Reproduktion käuf-
lich abtreten. Der
Kunstmaler führte
den erhaltenen Auf-
trag aus und ver-
kaufte, wie verab-
redet , das Pastell-
bild nach Fertigung
an die Kunstanstalt,
welche dasselbe
vervielfältigen und
davon eine grössere
Anzahl verkaufen
Hess. Da das Pastell-
bild in der Weise
hergestellt worden
war, dass der be-
treffende Kunst-
maler zuerst eine
freie und selbstän-
dige Handzeich-
nung nach der
Original-Aufnahme
gefertigt und die
erstere sodann mit
Pastellfarben über-
malt hatte, so glaub-
ten beide, Kunst-
maler und Auftrag-
geber , sich auf
den §. 8 des Photo-
graphienschutz-Ge-
setzes in Verbin-
dung mit §. 7 des

Kunstgewerbeschutz-Gesetzes stützen zu können, welcher die
Nachbildung einer photographischen Aufnahme durch ein
Werk der zeichnenden und malenden Kunst nicht nur auch
ohne, die Genehmigung des Verfertigers der photographischen
Original-Auf nähme als erlaubt erscheinen lasse, sondern dem
durch solche Art von Nachbildung hergestellten Werke auch
einen selbständigen Urheberrechtsschutz mit der Befugniss
zur anderweiten mechanischen Vervielfältigung — hier mittelst
photographischer Reproduktion — verleihe. Die Folge war,
dass zwei fast ganz gleiche Bilder, das eine nach der Natur,
das andere nach einem Pastellbilde gefertigt, in den Handel
kamen und der Verfertiger der Original-Aufnahme in seinem
ausschliesslichen Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung
des Bildes durch eine Konkurrenz-Aufnahme sich beeinträchtigt
und geschäftlich geschädigt sah. Es kam zum Prozess, in
welchem die wegen unerlaubter photographischer Nachbildung
zur Verantwortung gezogenen Konkurrenten die Statthaftigkeit
des von ihnen eingeschlagenen Verfahrens unter Bezugnahme
auf §. 8 des Photographienschutz-Gesetzes und §. 7 des Kunst-
gewerbeschutz-Gesetzes behaupteten und jede Entschädigung
an den Verfertiger der Original-Aufnahme ablehnten.

Nach dem Wortlaut von 3 des Photographienschutz-

Abbildung Nummer 784. Ingrain-Tapete.
Franz Fischer & Sohn. München.

Gesetzes ist nämlich nur die mechanische Nachbildung eines
photographischen Werkes, wenn sie ohne Genehmigung des
ersten Verfertigers in der Absicht der Verbreitung geschieht,
für verboten erklärt, wie überhaupt die Photographie nur
gegen solche Nachbildungen geschützt ist, welche auf mecha-
nischem Wege ohne Genehmigung des ersten Verfertigers
hergestellt werden. Man sollte demnach glauben, dass Nach-
bildungen, welche nicht direkt von der Original-Aufnahme
abgenommen, sondern auf Grund einer von einem Künstler
nach der Original-Aufnahme gefertigten Zeichnung bezw.
Oel-, Aquarell- oder Pastellbilde mechanisch reproduzirt sind,
als Vervielfältigungen selbständig geschützter Werke schlecht-
hin zu gelten hätten, somit als unerlaubte Nachbildungen
nicht in Betracht kämen. Diese Annahme, wenn sie in dieser
Allgemeinheit richtig wäre und in tj. 8 des Photographienschutz-
Gesetzes in jedem Falle eine Stütze fände, würde indess dem
unlauteren Wettbewerb im Handel Thür und Thor öffnen.
Es würde sich vermittelst der malenden, zeichnenden oder
plastischen Kunst der vom Gesetze gewährte Photographien-
schutz auf die leichteste, wenige Kosten verursachende Weise
umgehen lassen und kein Besitzer von photographischen

Allbildung 'Nummer 785. Ingrain-Tapete.

Franz Fischer cc Sohn. München.

Original-Aufnahmen wäre mehr sicher, von sog. Freibeutern
der Kunst auf die schmählichste Art in seinem wohlerworbenen
kunstgewerblichen Eigenthum ausgebeutet zu werden.

Nicht jeder, der eine photographische Original-Auf nähme,
 
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