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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

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Dresdner, Albert: Bürgerlicher Hausrath
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https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0200

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November-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 167.

weil sie sich von der Nachahmung überkommener, in diesem
Falle besonders unangebrachter Prunkformen nicht loszulösen
vermochten und den Hausrath nicht aus seinen Zwecken
schlicht zu entwickeln versuchten. Ob seither an anderen
Orten ähnliche Versuche angestellt wurden, entzieht sich
meiner Kenntniss; Privatleute aber haben inzwischen nicht
selten und oft mit Glück die Aufgabe für ihr eigenes Heim
in Angriff genommen. Und nur von der Initiative des
Publikums kann, wie die Dinge jetzt stehen, der Fortschritt
ausgehen. Die Möbel-Industrie wird erst dann ihren gegen-
wärtigen Weg verlassen, wenn der Wille der Abnehmer sie
nöthigt, auf eine volksthümlichere, individuellere und künst-
lerischere Gestaltung des bürgerlichen Hausrathes Bedacht

die Massenerzeugung ist im Sinne der Kunst dann kein
Nachtheil, wenn sie sich auf einen echt künstlerischen Gegen-
stand bezieht; ja im Sinne der Entwickelung einer Volkskunst
ist sie dann sogar ein Vortheil. Und dass man in einer
Stadt oder einem ganzen Bezirke in den Wohnungen der
materiell und sozial annähernd gleichgestellten Familien ähn-
lichen Hausrath findet, das ist nichts Unnatürliches, Unge-
sundes oder künstlerisch Beleidigendes, hat sich vielmehr auch
in den Blüthezeiten des Kunsthandwerks zumeist ebenso ver-
halten. Das Ungesunde liegt gegenwärtig nur darin, dass
die Massenerzeugung sich auf Gegenstände bezieht, in [denen
die Formen der Vergangenheit mehr oder weniger mechanisch
wiederholt werden und die eigentümlichen künstlerischen

Abbildung Nr. 937. Halle in einem Privat-Hause zu Düsseldorf. Architekten Kayser & von Grossheim, Berlin.

zu nehmen. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, wo unseren
Künstlern eine bedeutende Rolle in dieser Sache zufallen,
wo ihnen die Aufgabe gestellt sein wird, in steter Rücksicht
auf die Bedürfnisse des Lebens, die technischen Bedingungen
der Holzbearbeitung und die ökonomischen Verhältnisse der
Besteller Entwürfe für schlichte, durchaus zweckmässige und
doch schönheitsvolle Möbel zu liefern und den Reichthum
ihrer Erfindung in den Dienst dieser bescheidenen Aufgabe
zu stellen. Allerdings scheint die Mitarbeit des Künstlers
zunächst vertheuernd zu wirken; der kluge Kaufmann aber
wird gerade in diesem Punkte nicht sparen, da sich ihm zum
Ausgleiche die Möglichkeit bietet, die einmal bewährten Ent-
würfe dann mit den oft leichten Veränderungen, die das
Bedürfniss und der Geschmack des einzelnen Bestellers be-
dingen , fabrikmässig und massenweise herzustellen. Denn

Anschauungen und praktischen Bedürfnisse unserer Zeit
gleicherweise unberücksichtigt bleiben.

Wir waren gezwungen, den Aufsatz, der ursprünglich nach dem Wunsche
des Autors für die Spalten der »Deutschen Kunst und Dekoration« bestimmt
war, um einige Monate zurückzustellen. Damit war dem Verfasser die Gelegenheit
genommen, die Errungenschaften auf dem Gebiete des bürgerlichen Hausrathes
im diesjährigen Münchener Glaspalaste, wie solche namentlich in den von
Hans E. von Berlepsch entworfenen und von J. Buyten & Söhne, Düsseldorf,
ausgeführten Möbeln zutage treten, zu würdigen. Wir verweisen daher hier
ausdrücklich auf das Oktober-Heft 1898 der »Deutschen Kunst und Dekoration«
(Verlag Alexander Koch, Darmstadt, Preis Mk. 2.—), das jene Möbel enthält.
Gleichzeitig möchten wir in Rücksicht darauf, dass der Autor in seinen Aus-
führungen lediglich den bürgerlichen Hausrath streift — und wir können diese
ganz unterschreiben — hier nicht unterlassen, auf unser Werk: Hermann Werle,
»Ein malerisches Bürger-Heim« hinzuweisen. 25 Tafeln Federzeichnungen in
Mappe mit Text Mk. 40.—. Die Redaktion.
 
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