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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 9.1898

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G.: Die Fest-Strasse beim Kaiser-Besuch in Mainz
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https://doi.org/10.11588/diglit.7396#0207

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November-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 173.

Pie Fest-Strasse beim Kaiser-Besuch iN Mainz.

Nach dem glanzvoll verlaufenen Kaiserbesuch in der alten
Moguntia am 20. August dürfte es nicht uninteressant
sein, einige kurze Mittheilungen über die Dekoration folgen
zu lassen. Die Stadt Mainz hat es sich angelegen sein lassen,
den Ruf der alten »Aurea Moguntiae« zu wahren und es ist
ihr gelungen, in der Ausschmückung der Strassen und Plätze
auf dem langen Weg durch die Stadt von mehr als 8 km,
der sich zu einem glänzenden Triumphzug des Kaisers
gestaltete, Hervorragen-
des zu leisten, dank der
zielbewussten Thätigkeit
der Behörden, nicht zum
mindesten aber auch
dank der opferfreudigen
Mitwirkung der Bevöl-
kerung, die sich strassen-
weise vereinigte um die
Ausschmückung der
Strassenzüge harmonisch
und wirkungsvoll zu ge-
stalten. — Der Kaiser,
welcher zum ersten Male
nach Mainz kam, hat der
Stadt eine besondere
Gnade dadurch erweisen
wollen, dass er vom
Xordbahnhof ausgestie-
gen ist und von da zu
Pferde den weiten Weg
durch die Stadt zum
Paradefeld und an der
Spitze der Fahnenkom-
pagnie wieder zurück
die Hauptstrassen der
Stadt passirt hat. — In
Anbetracht der sehr be-
trächtlichen Strecke der
berührten Strassen und
bei der für die Aus-
schmückung zur Ver-
fügungstehenden kurzen
Zeit von nur vier Tagen
musste Alles aufgeboten
werden, um die Stadt
des hohen Gastes würdig
zu dekoriren. — Vom
Neuthorbahnhof, der An-
kunftsstelle , ausgehend,
dessen vorgelagerter

Platz einem Fahnenwalde glich, war das Empfangszelt
aufgeschlagen, unter welchem der Kaiser zu Pferde stieg.
Von da führte der Weg entlang den geschmackvoll dekorirten
Fabrikgebäuden und Eisenbahnwerkstätten in der Dagobert-
strasse zur Uferstrasse, welche einen schönen Anblick
gewährte. Der Schmuck der villenartigen Häuser hatte
einen maritimen Karakter, um die Zugehörigkeit zum Rhein-
strom zu dokumentiren. Die Häuser wären durchweg reich
mit Fahnen, Wappen, Guirlanden und Pflanzen geschmückt,
wozu die hübschen Vorgärten so recht gestimmt haben. Am
Ein- und Ausgang der Strasse waren zwei Triumphbögen
errichtet, deren Dekoration, hauptsächlich in Weiss und Gold,
wirkungsvoll mit dem frischen Grün kontrastirte. Die Ent-

Abbildung Nr. 944. Kamin in einem Speisezimmer eines Privat-Hauses zu Düsseldorf.

Architekten Kavser & von Grossheim, Berlin.

würfe rührten von dem Architekten Herrn J. Rühl her. Von
hier aus wendete sich der Zug durch das Fischthor zum
Rheinufer ausbiegend, wo das Geländer der Promenade bis
hinunter zum Schlossthor mit Guirlanden behangen war und
eine stattliche Reihe von Flaggenmasten aufwies. Alle der
Schifffahrt dienenden Lagerhallen und sonstigen Bauten an
den Landestellen waren aufs Schönste dekorirt. Einen Haupt-
schmuck dieser Wegstrecke bildeten aber die auf dem Strom

verankerten Schiffe, die
jederzeit, am meisten zu
frohen Festtagen mit
Fahnen und Wimpeln
gerüstet, auch jetzt
reichen Flaggenschmuck
getragen haben. Diese,
sowie die ober- und
unterhalb der Strassen-
brücke vor Anker ge-
legte, prächtig dekorirte
Dampfschiff - Flotte in
Paradestellung, die den
Kaiser mit dem Donner
der Geschütze begrüss-
ten, haben zu der erhe-
benden Feier des Tages
wesentlich beigetragen.

Am Schlossthor, wo
sich die Rheinstrasse
mit der grossen Bleiche
kreuzt,wurde dem Kaiser
von den Spitzen der Be-
hörden der erste Will-
kommensgruss darge-
bracht Hier zwischen
dem Kurfürstl. Schloss
und dem Grossherzog-
lichen Palais, diesen mo-
numentalen Bauwerken
gegenüber, wurde sei-
tens der Stadt eine
Ehrenpforte nach den
Entwürfen und unter
der Leitung des Bau-
Inspektors Herrn Gelius
zur Ausführung ge-
bracht, welche nur durch
reichere architektonische
Gestaltung zu entspre-
chender Bedeutung ge-
bracht werden konnte. Diese Ehrenpforte, von welcher wir
verschiedene Abbildungen geben, die freilich durch das Fehlen
der Farbe die Wirklichkeit nur annähernd veranschaulichen
können, zeigt ein Mittelthor mit kuppelartigem Ueberbau.
In einer Höhe von 15 Metern glänzt weithin die Kaiserkrone,
rechts und links flankiren von durchbrochenen Säulen getra-
gene und durch hohe Obelisken abgeschlossene Anbauten
das reich und prachtvoll durch Stoffe, Teppiche, Immergrün-,
Eichen- und Lorbeerkränze, Blumen und plastisches Beiwerk
dekorirte Ganze von imposanter Wirkung.

Links von der Ehrenpforte in der Rheinstrasse war ein
21 Meter hoher Schiffsmast errichtet, der, komplet getakelt,
zahlreiche Wimpel und Flaggen tragend, einen wirksamen
 
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