Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 10.1899

DOI Artikel:
Fuchs, George: Deutsche Kunst und Dekoration neuen Stiles, [3]
DOI Artikel:
Zu unseren Illustrationen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7397#0093

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite 66.

[Illustr. kunstgewerbl.

Zeitschrift für Innen-Dekoration.

April-Heft.

Abbildung Nr. 1076. Bücher-Schrank. georg müller jr.—baden-baden.

steten Verkehr mit wirklichen, eigenartigen Künstlern selbst
zum Künstler erzogen wird. Die Kunst kann allen Volks-
kreisen erschlossen werden, denn hier ist das Gebiet wieder
erkämpft, wo auch das ungelehrte Volk zu produziren vermag.
Wir kennen jetzt schon solche Künstler, die aus dem Gewerbe
hervorgingen und nun Gebilde schaffen, die auch den ver-
feinertsten und vornehmsten Geschmack entzücken.

Und so meine ich denn, nicht nur aus eigener unmass-
geblicher Ueberzeugung, sondern gestützt auf das, was unsere
besten Künstler, Denker und Forscher erwiesen haben und
erstreben: öffnet die Herzen und Sinne dieser neuen, dieser
grossen Kunst! Hier ist jeder im Stande mitzuwirken, denn
hier ist jeder ein Bedürfender. Und wenn sich heute noch
Zweifel regen, so verfolget ohne Vorurtheil die Produktion, ver-
folget in den Zeitschriften und auf den Ausstellungen die weitere
Entwickelung! Ich bin des festen Glaubens, sie wird mich nicht

Lügen strafen. Wir kämpfen aber hier nicht nur um ein ästhe-
tisches, wir kämpfen auch um ein sittliches Ideal. Die Kunst
will das Leben lebenswerther machen. Diese Kunst, die alles
um uns verschönt und aus unserem besten Empfinden und
edelsten Wollen zu geläuterten Formen erhebt: sie ist ein
gewaltiges Mittel der Erziehung, der Zucht, der Weiterentwicke-
lung des Menschen . Denn diese Kunst will das Heiligste, das uns
anvertraut ist, mit lebendiger Schönheit umgeben: die Jugend!
Sie will den jügendlichen Menschen von frühester Kindheit
an zum Künstlerischen hinleiten, indem sie sich an alles heftet,
dessen er bedarf, indem sie durch Symbole und Formen zu
ihm spricht, die seinem Empfinden und seinem Leben ent-
nommen sind. Öas ist der neue Stil! Georg Fuchs—München.

£U UNSEREN ILLUSTRATIONEN.

Das vorliegende Heft ist durchweg dem modernen Mobiliar
gewidmet. Eine Fülle neuer Formen und Lösungen
mit eigenartigen Bildungen und Schmuckzuthaten drängt sich
uns auf, die uns auf den ersten Blick verräth, dass auch wir
Deutsche uns zu ausgesprochener Eigenart gerade in unseren
Wohnungen bereits durchgerungen haben. Wir sind inzwischen
ein gutes Wegstück vorwärts gekommen. Uns kann auch
die schärfste Kritik nicht mehr nachsagen, dass wir uns von
irgend einer Nation diesseits oder jenseits des grossen Wassers
derart beeinflussen lassen, dass aus unseren Möbeln und
Wohnungen ein anderes als deutsches Empfinden spräche.
Jedenfalls haben wir Amerika, wie auch England und Frank-
reich in den letzten beiden Jahren nicht mehr kopirt; im
Gegentheil — die alten deutschen Vorbilder müssen noch
immer herhalten, namentlich amerikanischen Möbeln, über-
wiegend Tischen und Stühlen, die auf die deutschen Bauern-
möbel des 17. und 18. Jahrhunderts zurückgehen, Modelle zu
liefern, deren praktische Gestaltung und gediegene und schöne
Konstruktion und Ausführung sich geradezu aufdrängt. Wir
selbst haben auf diesen alten Schatz in den letzten Jahren
kaum zurückgegriffen, weil wir nicht wieder in den alten
Fehler verfallen wollten, unsere Museums - Bestände als
vorbildlich für die moderne Miethswohnung oder das Eigen-
haus nachzumachen. Durch diese freiwillige geistige Ent-
äusserung alten Besitzes haben wir uns in freudiger
Schaffenslust von der modernen Bewegung mitreissen lassen,
ohne uns jedoch damit eigener Willensäusserung zu begeben.
— Wir sind nie ungebundener und freier in künstlerischen

Abbildungen Nummer 1077 —1078. Diplomaten-Schreib-Tisch and Rauch-Tischchen. Entwurf von georg Müller jr.— Baden-Baden.
 
Annotationen