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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1883

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Vereinschronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7027#0093

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Ueberblickr man das gesammte Material, welches in den Vor-
mittagsstunden der drei Kongreßtage, den 3. und 5. September,
erledigt wurde, so wird man der Versammlung die Anerkennung zollen
müssen, daß sie bei so kurzer Frist in der That Bedeutendes geleistet
hat. wesentlich trug hiezu bei, daß sowohl der die verbandsfrage
enthaltende Antrag 5 mit den für denselben in Vorlage gebrachten
Modisikationen, sowie der die Innnngsfrage behandelnde Antrag IX und
die Anträge XI und XII, welche den Export und das Ausstellungswesen
in ihre» Bereich zogen, eigenen Kommissionen zur Berathung über-
wiesen wurden. Nicht minder aber war es der echt parlamentarische
Geist, von welchem die Durchführung der Verhandlungen getragen
war, der die Lösung der umfassenden Aufgabe in so rascher und exakter
weise möglich machte.

Den Dank der Versammlung für die umsichtige und objektive
Leitung des Ganzen durch das Bureau unter dem I. Vorsitz des kjerrn
Direktor Lange brachte Herr Geheimer Dberregierungsrath Lüders
aus Berlin zum Ausdrucke, indem er zugleich die Versammlung auf-
forderte sich zur Bestätigung seiner Dankesworte von den Sitzen zu
erheben, Herr Direktor Lange dankte hierauf für die dem Bureau
und speziell ihni zu theil gewordene Huldigung, gedachte ferner dankend
der Antheilnahme der Vertreter der Bayerischen Staatsregiernng und
brachte dann dem neugeschaffenen verbände deutscher Knnstgewerbe-
vereine ein Hoch aus, in welches die Versammlung begeistert einstimmte.

Nahmen somit die Berathungen des Kongresses einen außerordentlich
befriedigenden Verlauf, so war dies noch in erhöhtem Maße der Fall mit
jenem Theile des Programmes, welcher den gesellschaftlichen Zwecken
zu dienen hatte. Die Nachmittage wurden der Besichtigung der Sehens-
würdigkeiten Münchens gewidmet, von denen insbesondere die inter-
nationale Kunstausstellung, die kgl. Residenz, die kgl. Schatzkammer,
die reiche Kapelle und das Nationalmuseum aus das allgemeine Pro-
gramm gesetzt wurden. Der Abend des offiziellen Kongreßtages,
Montag, 3. September, vereinigte die Theilnehmer in freier, geselliger
Zusammenkunft auf dem neu erbauten Löwenbräukeller, um den aus-
wärtigen Gästen Gelegenheit zu bieten, Münchens Volksleben kennen
zu lernen. Die eigentliche Fest-Vereinigung fand am Dienstag den
4. September Abends halb 8 Uhr im Arzbergerkeller statt, wo der
Kunstgcwerbc-Vcrein seinen Gästen ein echtes Münchener Kellerfest ver-
anstaltete. Der an sich schon ungemein dekorativ wirkende Saal war
durch die Büsten Ihrer Majestäten des Königs Ludwig II. und des
deutschen Kaisers Wilhelm, durch Pflanzen- und Guirlandenschmnck,
sowie durch ein flott arrangirtes Buffet, mit prächtigen alten Zinn-
geschirren besetzt, noch festlicher gestaltet und bot in seiner elektrischen
Glühlichtbeleuchtung einen reizenden Anblick. Ungefähr 200 Thcil-
nchmer füllten den Raum, darunter befanden sich die Regierungs-
Vertreter, Ministerialrath Dr. v. Ziegler, Regicrungsrath Landmann,
Regierungsassessor Gareis und Polizeirath Pfister, sowie der I. Bürger-
meister Münchens, Or. v. Erhardt. An reich besetzten, blumengeschmück-
ten Tafeln nahm inan Platz. Kellnerinnen, in der alten Münchener
Riegelhaubentracht gekleidet, kredenzten Bier und kalte Speisen. Nach-
dem der Fcstmarsch und eine Gnverture, exekntirt durch die Kapelle
Roßmann, verklungen, erhob sich der Vizepräsident des Kongresses,
Baurath Köhler aus Hannover, um zur weihe des Abends Dessen
zu gedenken, der mit leuchtendem Beispiele voranging, das Kunsthand-
werk zu heben; Sr. Majestät König Ludwig II. galt sein dreifaches,
begeistert aufgenommenes Hoch. Gleich darauf gedachte Präsident
Lange unter Hinweis auf das nunmehr vollendete Denkmal der
Germania des Deutschen Reiches Beschirmers und Mehrers, des edelsten
Vorbildes der Nation, Seiner Majestät Kaisers Wilhelm I. und nicht
minder brausendes Hoch schloß seine schwungvolle Rede. Nach einer
Pause toastirte der I. Bürgermeister Or. v. Lrhardt auf die
Gäste und die deutschen Kunstgewerbe-Vereine. Ihm erwiderte Direktor
Lut hm er aus Frankfurt, der das Münchener Kindl als ihren guten
Schutzgeist preisend auf die Stadt München sein Glas leerte. Mini-
sterialrath von Ziegler hob hervor, daß die Natur in deutschen
Landen wesentlich anders auf das Kunsthandwerk einwirke als in
anderen Ländern, wir hätten einen harten Kampf zu führen mit
Kälte, Sturm und Schnee und das werde wohl der Grund sein, wa-
rum das Kunstgewerbe seinen Schwerpunkt in unser Haus und unsere
Wohnung gelegt habe. Ls habe eine Zeit gegeben, wo nicht nur die
Gebäude der Großen und vornehmen, sondern auch die Heimstätte
des Mittelstandes das Werk gediegener deutscher Arbeit war. wie es
kam, daß sich dieser Zug verlor, das zu erörtern würde zu weit führen.

Aber das Line wolle er betonen, daß der Zug, unsere Wohnungen
wieder mit gediegenem Schmuck aus deutscher Meister Hand zu zieren,
neuerdings vorhanden ist. Und daß er wieder da sei, daß wir dem
häuslichen Raum wieder Zier verleihen könnten, das verdankten wir
dem wiedererblühen des Kunsthandwerker und deßhalb sei es den
Laien ein so freudiges Empfinden, unter Lehrern und Meistern des-
selben weilen zu dürfen. Sein Hoch gelte dem Blühen und Gedeihen
des Kunsthandwerkes. Architekt Gurlitt aus Dresden ließ nun in
gelungener humoristischer Form den Präsidenten des Kongresses, Herrn
Direktor Lange, leben.

Direktor Hefn er-A l ten e ck brachte sei» Hoch dem Vertreter der
RegierungHerr» MinisterialrathDr.von Ziegler. Präsident Lange da-
gegen trank unter Dankesbezcugung für die ihm gewordene Auszeichnung
auf das Wohl des Lhrenvorstandes Herrn von Miller, der ihm wie
jedem Anderen zum leuchtenden Vorbild diene, voll von sprudelndem
Ejuittor war der Toast des Herrn Architekten w a l l ö aus Berlin auf
das gesammte Fest-Komite, der die Meinung aussprach, man möge
in Ankunft die Kongresse mit einem solchen Kellerfest beginnen,
statt sie erst im verlaufe derselben zu inszeniren. Schließlich ergriff
noch Professor Dr. von Stein aus Wien, welcher als Mitglied des
gleichzeitig in München tagende» Kongresses für internationales Völker-
recht dem Feste beiwohnte, das Wort, gab einen Rückblick auf die Ent-
wicklung der deutschen Industrie seit 40 Jahren und gipfelte seine
Rede in der Prophezeihnng, daß der Geschmack, den dermalen die
Deutschen entwickeln und großziehen, einstens die Welt beherrschen
werde.

Nach diesem mehr offiziellen Theil des Abends ging man zu
zwangloser Unterhaltung über, die zunächst durch eine eigens für diesen
Abend von dem Architekten I. von Schmädel im Vereine mit dem
Herrn Professor Vtto Seitz, Professor Anton Seder, Architekten
Brochier, Professor August Spieß und Maler Hans Kanfmann
herausgegebene Kneipzeitung, betitelt „Kunstgewerbliche Keller-Fantasien,
herausgegeben bei Gelegenheit des II. Kongresses deutscher Kunstge-
werbe-Vereine am -p. September 1883 zwischen 10 und 12 Uhr Nachts,
als die Theilnehmer desselben im Saale des Arzberger-Kellers der
königlichen Haupt- und Residenzstadt München zu hochwichtigen Be-
rathungen versammelt waren", lebhafteste Steigerung erfuhr. Das in
der „Altdeutschen Kunstbuchdruckerey" von Knorr & Hirth in München
hergestellte Mxus wurde an alle anwesenden Festgäste vertheilt und
war von zündender Wirkung. Schlag auf Schlag folgten nun humo-
ristische Vorträge aller Art, wobei insbesondere die Herren Fellheimer,
Brummer und Dreher köstliche Proben ihres Humors lieferten. Erst
in später Morgenstunde traten die letzten Gäste den Heimweg an.

Mittwoch den 5. September war für de» Abend eine Fest-vor-
stellung im Kgl. Hof- und Nationaltheater vorgesehen. Es wurde die
„Zaubcrflöte" gegeben und zwar in so hoher Vollendung, daß die an-
wesenden Gäste einstimmig des höchsten Lobes voll waren.

Am letzten Tage, Donnerstag den s. Septenibcr, unternahmen die
Theilnehmer des Kongresses im Vereine mit den Thcilnehtnern am
Kongresse für internationales Völkerrecht einen Ausflug nach dem
Starnberger-See. Leider ließ die Witterung sehr zu wünschen übrig,
obwohl sie leidlich getiug war, um den Ausflug wagen zu können.
Man kam um halb 5 Uhr in Starnberg an und bestieg dort den festlich
geschmückten Salondampfer „Bavaria". Derselbe nahm unter den
Klängen eines auf demselben befindlichen Musikkorps seinen Kurs
direkt nach Leoni. In der Nähe von Schloß Berg verminderte er
seine Geschwindigkeit und da die Hausflagge auf genanntem
Schlöffe aufgezogen, sonach Seine Majestät König Ludwig in
seinem Schlosse anwesend war, brachte die Gesellschaft Seiner
Majestät durch dreimaligen Hochruf, wobei die Musik die

Nationalhymne spielte, eine Gvation. In Leoni angekommen bestieg
man gemeinschaftlich die Rottmannshöhe, wo das Kieser'sche Eta-
blissement mit seiner für solche Zwecke vorzüglich geeigneten Terrasse
in buntem Schmucke prangend die Gäste aufnahm. Die Terrasse
selbst war durch die Herren Maler Kuppelmayer und Prof. Anton
Seder reich dekorirt. Als die Gesellschaft vollzählig versammelt war
öffnete sich die durch Draperien verhüllte xhantasievoll arrangirte
grottenartige Mittelparthie des Raumes und uingcben von allerlieb-
sten Nixen tauchte aus einem Dickicht von Schilf und Wasserpflanzen
eine reizende See-Nymphe empor, die folgenden von Hermann Lingg
gedichteten Fcstgruß sprach:
 
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