Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Antike Schlachtfelder: Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte (Band 1: Antike Schlachtfelder in Griechenland 1): Von Epaminondas bis zum Eingreifen der Römer — Berlin, 1903

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7205#0060
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1. Dpi- Feldzug.

45

war, das jedem Gebot sich fügte. Der Geist des Feldherrn hatte sich
auf das Heer verpflanzt, und trotz schlechter Nahrung, trotz so ge-
waltiger Anstrengungen und, was mehr sagt, trotz solcher Unglücks-
fälle blieb es vom besten Geiste beseelt. So urteilt selbst Xenophon,
des Epaminondas politischer Gegner1).

Das damalige Griechenland hatte allerdings auch noch mehr als
wir heutzutage Grund zur Bewunderung. Handelt es sich doch nicht nur
um die Marschleistungen als solche, die sich den gröfsten gutbeglaubigten
Märschen des Altertums und der Neuzeit an die Seite stellen können2),
sondern um die Konzeption und Ausführung dieser strategischen
Vorgänge überhaupt, die, um richtig gewürdigt zu werden, im Zu-
sammenhang mit den anderen Operationen dieses Feldzuges und vom
Standpunkte der damaligen Kriegskunst aus betrachtet werden müssen.

Epaminondas tritt uns dabei als der Mann entgegen, der über-
all und mit allen nur irgend verfügbaren Mitteln auf die Vernichtung
des Feindes hinarbeitet:

Die Anlage des ganzen Feldzugsplanes, die von Anfang an den
einheitlichen Gedanken zeigt, die Zersplitterung des Gegners zu
seiner Vernichtung auszunutzen. die Besetzung der Stadt Tegea im
Gegensatz zu Brauch und Sitte, die vorzügliche Organisation des
Meldedienstes, endlich die geschilderten gewaltigen Märsche und die
aus jeder neuen Situation sofort neu hervorwachsenden Gedanken:
alles das dient, jedes in seiner Weise, nur dem einen grofsen Ziele
der völligen Niederwerfung und Wehrlosmachung des Gegners. Dabei
ist die Durchführung der Entwürfe von der leidenschaftlichsten Energie
getragen, strebt sie mit aller Gewaltsamkeit und Rücksichtslosigkeit
auch gegen die eigenen Kräfte immer diesem höchsten und letzten

>) Hell. VII 5, 19.

'-') Epaminondas machte vom Abend des ersten bis zum Morgen des dritten
Tages, also in 36 bis -10 Stunden, gegen 110 Kilometer und zwar mit mindestens
etwa 20 000 Mann auf sehr mäfsigen Wegen im Gebirge, dazu ein Gefecht und
einen doppelten Flufsüuergang über den auch im Sommer schwierigen Eurotas.
Der gröfste Marsch Casars bei der Belagerung von Gergovia betrug in 28 Stun-
den 75 Kilometer (bell. Call. VII 09 ff.). Aus der neueren Kriegsgeschichte
wären die Märsche des Bülowschen Korps im Feldzuge von Waterloo, wohl die
gröfsten derselben, zu vergleichen. Am 15. Juni machte (nach v. Griesheim, S. 448)
dies Korps 64 Kilometer, am 27. die 4. Brigade desselben z. T. 60, von Chouni
bis Gillicourt, die 2. Brigade sogar 67 in 20 Stunden von Chouni bis Longpre
und hatte am Morgen ein Gefecht. Die Leistungen des Epaminondas gehen noch
beträchtlich darüber hinaus.
 
Annotationen