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Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Antike Schlachtfelder: Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte (Band 1: Antike Schlachtfelder in Griechenland 1): Von Epaminondas bis zum Eingreifen der Römer — Berlin, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.7205#0061
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46

Maritin ea.

Kriegszwecke zu. Das alles zusammen war für die Zeitgenossen etwas
noch nie Erlebtes. Ein völlig neues Prinzip der Kriegführung trat
ihnen vor Augen.

War doch bei ihnen bisher kluge Schonung der Kräfte, Hinziehen
und Abwarten, Erspähung kleiner Blöfsen, ja geradezu Vermeidung
grofser Entscheidungen höchste Klugheit gewesen, und hatte es doch
als Prinzip gegolten, den Gegner nie zum Äufsersten zu treiben, um
nicht die schlummernde Kraft der Verzweiflung zu wecken').

Die aufreibenden Märsche eines Epaminondas, die Kombina-
tionen und Unternehmungen, die, wenn geglückt, sofortige Entschei-
dung in sich trugen, die stets auf das Ganze gerichtete Tätigkeit,
die sich in kleinen Nebenzwecken zu zersplittern verschmähte, für
grofse Ziele aber eine bisher unbekannte Entschlossenheit zu entwickeln
im stände war: das alles kann daher nicht mehr jedes für sich als
Einzelheit betrachtet werden, dem sich auch wohl hie und da in der älte-
ren Zeit etwas Ähnliches an die Seite stellen lasse, sondern hier sind
Äufserungen einer ganz neuen Auffassung von den Zwecken und
Mitteln des Krieges und daher Tatsachen, die sich mit dem alten
Mafsstabe überhaupt nicht mehr messen lassen. Man kann ohne
Übertreibung sagen, dafs das Prinzip der Kriegführung, welches wir
wohl als Napoleonische oder Moltkesche Niederwerfungs - Strategie
bezeichnen, in die griechische Kriegskunst zuerst durch Epaminon-
das gekommen ist, dafs er auch in dieser Beziehung als der un-
mittelbare Vorgänger Alexanders erscheint. — Es ist selbstverständ-
lich, dafs ein solcher Mann vor der Entscheidung der grofsen Feld-
schlacht nicht zurückscheute, auf die jetzt alles hindrängte. Denn
nach dem zweifachen Scheitern seiner Unternehmungen hatte sich
die Sammlung der feindlichen Armee, die nicht mehr zu hindern ge-
wesen war, in aller Ruhe volllzogen, und das vereinigte Heer hatte
die Stellung bei Mantinea von neuem besetzt. Nach mehreren Tagen der
Ruhe und Erholung, die Epaminondas seinen Truppen natürlich gönnen
mufste, ehe er sie zu neuen Anstrengungen heranziehen konnte, er-
griff er wiederum die Initiative und suchte jetzt die Entscheidung der
Hauptschlacht, die den Lohn der bisherigen Mühen gewähren sollte.

') Diese Charakterzüge der bisherigen Kriegführung sind treffend ausgeführt
und mit einer Fülle von Beispielen belegt von E. Schwartz im Rhein. Museum
Bd. XLIV S. 169 ff. Der Grundsatz, dafs man den Feind nicht zum Äufsersten
treiben solle, findet sich z. B. befolgt in der Schlacht am Neineabache (Xen. Hell.
IV 2, 22).
 
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