Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 1.1866

DOI Heft:
Heft 19 (15. September)
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4905#0124

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
124

die „via triumpIiAlis" unter Herbeiziehung künstlerischer
Kräfte festlich geschmückt werden, sondern auch zwei große
bleibende Denkmäler sollen die patriotische Gesinnung der
Stadt Berlin späten Geschlechtern verkünden. Fast wie
etwas Unbedeutendes und nur so nebenbei wird in der
Vorlage noch angedeutet. daß die entscheidenden Tha-
ten des letzten Krieges auch in dem Cyklus historischer
Bilder verherrlicht werden sollen, der das neue Rath-
hans schmücken soll. Da giebt es ja für die monu-
mentale Kunst hoffnungsvolle Aussichten! Jndessen zwi-
schen Mund und Becherrand kann manches Verhängniß
schweben, was mitunter reckt gut ist. Zunächst soll auf
Kosten der Stadt ein Erinnerungsmal für diesen Krieg
auf einem öffentlichen Platze errichtet werden. Gewiß ein
sehr tüchtiger Gedanke. Möchte nur bei der Ausführung
einmal daran gedacht werden, daß Berlin auch entfernt
von den Linden große und schöne Stadttheile mit herrlich
großen, aber bis jetzt erschrecklich langweiligen Plätzen be-
sitzt. DieStadt kann durch eine solcheDecentralisation ihrer
Sehenswürdigkeiten nur gewinnen, während in dem bis
jetzt mit allen möglichen architekonischen und plastischen
Monumenten ausschließlich gespickten Stadttheil die Fülle
der Denkmäler sich schon erdrückt und todt macht. Außer-
dem muß mit Befriedigung angemerkt werden, daß von
einer Konkurrenz bei Bestellung des neuen Denkmales
Umgang genommen werden soll. Jn der Voraussetzung,
daß die Menschlichkeiten und ungeschickten Beeinslussungen,
die so häufig bei Konkurrenzen den Erfolg zweifelhaft ge-
macht oder verhindert haben, hier nicht dennoch von vorn-
herein ihr Werk wieder beginnen, kann darin nur ein
Schritt zum Besseren erkannt werden. — Eigenthümlich
ist nun aber die Logik, die zu dem zweiten Denkmale führt.
Eiugedenk des ideellen Zusammenhanges der jetzigen
Thaten mit der Erhebung unserer Väter in den Freihcits-
kriegen, und nm „bei dieser Gelegenheit" (!) eine Pflicht
der Pietät gegen den Schövfer der edelsten Banwerke der
Stadt abzntragen (das nennt das Sprichwort: Zwei
Fliegen mit einerKlatscheschlagen), soll der vonSchinkel
zum Andenken an die Freiheitskriege entworfene öffentliche
Brunnen „endlich" ausgeführt werden, wozu die Stadt
50,000 Thaler giebt, falls das Uebrige durch freiwillige
Zeichnungeu zusammenkonimt. Eingedenk jenes ideellen
Zusammenhanges wird man nun aber nicbt das frühere
Ereigniß durch ein expresses Monument verherrlichen (das
thun ja schon das Denkmal anf dem Kreuzberge, die
Belle-Alliance-Säule, dieStandbilder auf dem Opernplatze
und die zum Theil schon gegossenen für den Lustgarten),
sondern cin denkender Künstler wird an dem Monumente
des jüngsten Krieges die passende Stelle und die geeignete
Form schon finden, auf die einzig mögliche Art jenen
„Zusammenhang" anzudeuten. Wenn es aber den
Magistrat so sehr drängte, die erste „Gelegenheit" zu
ergreifen, seine Pietät gegen Schinkel an den Tag zu

legen, so hätte er nicht für schweres Geld in dem schönen
neuen Rathhause „ein geistiges Armnthszeugniß für die
Stadt Schinkel's" (Lübke) in Lapidarstil für die Jahrhun-
derte ausfertigen lassen sollen. Man schlägt eben nicht
mit der einen Hand in's Gesicht, und beweist mit der an-
deren Pietät. Ob Schinkel's Brunnenentwurf es in prak-
tischer und ästhetischer Hinsicht bedauernswerth»erscheinen
läßt, daß man ihn nur in der Skizze bewundern kann,
lasse ich dahingestellt; Einsichtige werden beides kaum be-
haupten, er möchte, um annehmbar zu werden, so durch-
greifende Abänderungen erfahren, daß von dem Werke
Schinkel's wenig mehr übrig bliebe. So kann man also
den Stadtverordneten nur Dank wissen, daß sie diesen
ganzen, die künstlerischen Pläne betreffenden Theil von
der Vorlage abgctrcnnt, daß sie nicht, wic ihnen znge-
mnthet wurde, in aller Eile zu allem ja gesagt und dein
hypertrophirten Patriotismus des Magistrats aufs Schleu-
nigste freies Feld gemacht, sondern eine Sache, die wenig
Eile, aber sehr viel Wichtigkeit hat, einer ruhigen und
ernsten Ueberlegung und Würdigung vorbehalten haben.

Münchcn, Enbe August.

8—t. Das Maximilianeum und die Haidhauser Kirch e
haben, wie Ihnen bereits von anderer Seite gemeldet,
eine neue reizende Umgebung gewonnen. Denn die
Hohe, welche längs der Jsar von der Au bis an dic
Maximiliansstraße läuft, ist in eine prächtige Anlage um-
gewandelt worden. Mannigfaltige Wege kreuzen sich,
offene Stellen wechseln mit Gebüsch und ein herrlicher
Blick eröffnet sich auf die Stadt, den raschen Fluß und
das ferne Gebirge. Schade nur, daß zu diesem Natur-
genusse jene Gebäude nicht auch einc ästhetische Befriedi-
gung gesellen. Durch die neuerlich mit großen Sand-
steinplatten bekleidete Umfassnngsmauer des Maximilia-
ncums wenigstens ist der Eindrnck der Monotonie eher
verstärkt als vermindert worden. Ebeuso unerfreulich
wirkt die nene gothische oder besser gothisirende Kirche.
Ueber ihre vielen Mängel uns im Einzelnen auszuspre-
cheu, ist hier nicht der Ort; wir bemerkcn nur, daß die
kürzlich aufgesetzten Fialen der allgemeinen Nüchternheit
nicht gesteuert habeu, im Gegentheil, besonders an der
Vorderseite, das Unorganische des Baues nur vermehren.
Jm Jnnern hat der Architekt nur auf ein Schiff sich
beschränkt, obgleich der Raum einc doppelte Sänlenreihe
wohl gestattet hätte; er hat sich deßhalb genöthigt gesehcn,
um der Last des Gewölbes entgegenzuwirken, die Wand-
pfeiler unverhältnißmäßig zu verstärken — ein unan-
genehmer Widerspruch mit deni Princip dcr Gothik,
welche die Mauermasse gern in leichte, elegante Glieder
auflöst. Die Theilung in Netzrippen ist cin dürftiger
Bersuch, der Monotonie des breiten Gewölbes entgegen
zuwirken.
 
Annotationen