Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 1.1866

DOI Heft:
Heft 21 (12. Oktober)
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4905#0139

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
leuchtung, dic sich jetzt auf seineu Bildern auf Kosten
aller auderen Borzüge breit macht, nnd deren Borspiel,
noch gemäßigt nnd beherrscht innerhalb der Gränzen des
Schiinen und Erlanbtcn, das Bild „Am Marmorameer
bei Konstantinopel" vorführt, in zwei kleinen „Tropen-
landschaften" grell und abstoßend zu Tage. — Jn einer
Folgc von Werken, wie man sie nicht leicht zusammen-
findct, steht Andreas Achenbach vor uns. Jn seinen
verschiedenen Richtungen kann man ihn studiren; nur
Proben seiner gewaltigen Erfassung der nordischen Natur
werden leider vermißt. Vor allen anderen hebt sich durch
grandiose Kraft das ehemals schon viel bcwunderte „Boll-
wcrk von Ostcnde bei Stnrm" heraus. Die „Neumühle
bei Bereleben", eines seincr jnngsten Werke, spricht dnrch
milderc dkeize, aber eine glcich große Kraft der Behand-
lnng an. — Wic hoch die landschaftliche Kunst Achen-
bach's steht, konnte besonders reckit klar erkannt werden,
als jetzt seit Kurzem ein kostbarer Hobbema aus dem
Besitze des Königs in die Sammlung eintrat nnd znr
Bergleichnng aufforderte. — Dagegen konnten zehn weib-
liche Bildnisse von Antoine PeSne, Mitglieder nnd An-
vcrwandte des prcnßischen Hofes vor hundert Jahren,
kein recht lebendiges Jntcresse erregen. Die Manier der
damaligen Knnst widcrstrebt nnserem Geschmacke.

Wenn Jhr Berliner Berichtcrstatter heute unter dem
uoch frischen Eindrncke des Trinmpheinzuges nnserer
Armee schreibt, so werden Sie es ihm nicht verargen,
wenn er mit einigen Worten der Einzugsfeierlichkeiten
gedenkt. Nicht als wollte ich die genngsam beschrie-
benen Vorgängc noch einmal erzählen; ich will nur auf
die artistische Seitc der Ansschmückung unserer Lindcn,
der vin triumplmlis, wie sie jetzt gewöhnlich bezeichnet
werden, einen flüchtigen Blick werfen. Bekanntlich hat
man den sehr bcifallswerthen Gedanken gehabt, die ge-
sammte Angelcgenheit der cinhcitlichen Leitnng eincr
tüchtigen künstlerischcn Kraft anznvertrauen, nnd die Per-
sonen, welche mit dem Auftrage betraut worden sind,
haben sich des Bertranens vollkommen würdig gezeigt.
Der Stadtbanrath Meycr hat den Plan entworfen nnd
ihn nach gemeinschaftlicher Dnrcharbeitnng dem Oberhos
baurath Strack, dem Professor Adler nnd dem Pro-
fessor Gropius in scinen einzelnen Theilen zur Aus-
führung übertragen. Anch die bildende Knnst ist in
Viktorien, Friedensengeln, SiegeSsäulen, Waffentrophäen, !
den Statnen der brandenburgisch-prenßisckwn Regenten
ans dem Hansc Hohenzollern nnd endlick einer 25 Fnß
hohcn Bornssia schafsend thätig gewesen, nnd unsere
Künstler, ältere wie jüngere, haben sich ihrer Anfträge
trotz der nöthigen Schnelligkeit sehr gnt entledigt. Nnr
eincn Mißklang konnte man bcmcrken, hcrvorgerufen
durch nnsere Principlosigkcit in Bezng anf die Anwcndung
der Farbe. Denn während die arckitektonischen Gerüste
in reichem Schmnck der bnnten Fahnen nnd Drapcrien

prangten, erhoben sich dic weißen Statnen spnkhaft ans
ihrer heiter glänzenden Umgebung, und eine spärlich und
schüchtern austretende Bergoldung machte den Kontrast
nnr noch empfindlicher. Jch bin kein Schwärmer für die
Polychromie in der Architektnr nnd noch wcniger in der
Plastik. Aber wie man in jener naturgemäß daranf gc-
führt wird, wo man zn den ältesten Motiven, denen eine
unleugbar vorhanden gewesene polychrome monumentale
Knnst ihren Ursprung verdankt, zurückgreifen und einen
schnell aufgerichteten Strukturkern mit Stoffen verkleiden
muß, so hätte man bei den auf ganz ursprüngliche Art
und Weise hergestelltcn plastischen Werken sich vor ähn-
lichen Konseqnenzen nicht scheuen und auch ihnen ein
farbiges Gewand leihen sollen. Es wäre hier gerade cine
schöne Gelegenheit gewcsen, einen Versuch im Großen
damit zn machen; und ich bin der Ueberzeugung, eine
solche natürlich lebendige Plastik würde sich glänzend be-
währt haben, ihrc Gestalten würden viel vertraulicher
und bekannter in den Kreis der Festesfreude hinabgestiegen
sein. — Auch bei unserer glänzenden Jlluminaiion hat
sich vielfach neben der Schablone ein wahrhaft künstle-
rischer Sinn, fein gebildeter Geschmack, sinnige Anordnnng
und schwunghafte Phantasie bethätigt. Durch die Vcr-
einigung aller dieser Eigenschaften in hohem Grade zeich-
nete sich vor allen die Jllnmination an der Einfahrt dcs
Potsdamer Bahnhofes ans.

Die bei Sachse ansgestellten französischcn und belgi-
schen Bilder nehmen anch neben der Ausstellung ein
Jnteresse in Anspruch. De Kcyser's „Gottfried von
Bouillon, seine Waffen weihend," lebensgroße Einzel-
figur mit Beleuchtungseffekt, wirkt trotzdem großartig und
ansprechend, anch erregt die Technik Anfmerksamkeit. —
Fr. Biard hat nsit scinen zwei Bildern „Das Fest des
höchsten Wesens auf dcmRevolntionsplatzc zuParis"und
„ein ländlichcs Fest" keine wcißen Steine in die Urnc
seincs Ruhmes gelegt. DerKern des ersteren ist nnmalcrisch,
dasBildvondemspicßbürgcrlichenPathosderRcvolutions-
zeit nur in allzu großer Wahrheit und Trockenheit erfüllt.
Das letztere Bild hätte dem gcmüthlichen Humor anch in
dcn Köpfen niehr Recht lassen sollcn; es ist cine Gesellschaft
znm fürchten, besonders in ihrer unhciiiilichen Färbung. —
Unter den kleinen trefflichen Genrebildcrn, von denen ein
feines Kabinetstückchen von Madou, „Jm Park" und
eineüberaus delikateMalerei von Willems, „derMusik-
untcrricht", besonders erwähnt sein mögen, tritt uns in
Toulemouche's „Erstem Zusammenkommen" cine ori-
ginelle Leistung entgegen. Der Effekt beruht auf dcr Art,
wie die beiden jiingcn Lente einander stumm und verlcgcn
gegenübersitzen, unfähig durch das erstc Wort sich aus dcr
peinlichen Situation zu befreien. Der glatt gebngelte
Leibrock und Hut des jungen Mannes haben sich dcr be-
sonderen Vorliebe dcs Künstlers zu crfreucn gehabt. Das
Bildchen versucht, wie weit es gelingen konnte, einen
 
Annotationen