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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 1.1866

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Heft 21 (12. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4905#0140

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140

durchaus umnalerischen Gegenstand, wohl verstanden mit
absichtlicher Betonung seiner unmalerischen Seiten, male-
risch zu behandeln. Dadurch wird das kleine Werk zur
Jronie und Satire gestempelt, und es fragt sich, ob Mittel
und Zweck zu einander stimmen. Mir kommt es vor, äls
gehörte dergleichen der Jllustration. — Zwei Landschaften,
die einevonOtto Weber, die andere von Lamoriuisre
veranlasseu mich uoch zu einigen Bemerkungen. Beide
haben es im Naturalismus so weit wie möglich getrieben,
mit dem Unterschiede nur, daß der erstere seinen Gegeu-
stand ohne Wahl und Beschränkung aufgenommen hat
und dabei an eincn ganz uukünstlerischen Vorwurf ohne
Reiz und ohne Einheit gerathen ist, den er mit Entäuße-
rung jedes verbessernden Kunstmittels mit Pinselfertig-
keit abgebildet hat. Der zweite dagegen ist in der Äus-
wahl seines Motives glücklicher gewesen, °und obgleich
auch bei ihm die natürlichen Farben der Dinge unver-
mittelt und unveredelt gegen einander treten, sind doch
manche Theile höchst anziehend und selbst bildmäßig ge-
worden. Es ist mit dem Naturalismus immer eine be-
deukliche Sache, wenn nicht der Geschmack des Künstlers
in jedem Augenblicke über dem Werke sorgsam wacht, und
wenn die ganz verwerfliche AnsichtPlatz greift, was wahr
ist, sei anch schöu.

Ueber die Kunstausstellung hat die vorige Nummer
der Zeitschrift bereits berichtet. Es war natürlich, daß
der Berichterstatter unter deu ersteu Eindrücken manche
preiswürdigen Werke übersehen hat, von denen ich mir
demnächst einige nachzutragcn erlauben werde.

Münchcn, Ende Septcmber.

8—t. Nun dcr Krieg vorbei ist, beginut man anch
wieder der holden Musen zn gcdenken, und manche ver-
schobene Untcrnehmnng findet jetzt ihre Erledignng, so
daß wir uns nicht wundern dürfen, weun sich innerhalb
weniger Wochen verhältnißmäßig vicles zusammendrängt.
So haben wir auf dcm Gebiete der Plastik die am 19.
Scptember erfolgte Euthüllung des von K. Knoll mo-
dellirten ncucn Fischbrunnens zu verzeickmeu, die bereits
am LudwigStage hatte stattfindcn sollen. Daß der Mün-
chener sich vor Freude kaum zu finden weiß, verdenken
wir ihm nicht; ist doch nun eiumal der Anfang gemacht,
auch dem lebendigen, ewig beweglichen Element des Was-
sers seine ästhetische Berechtigung zu verschaffen, und es
wäre ungerecht von uns, wollten wir auf den ersten An-
lauf alles geleistet finden. Aber unsere Bedenken glauben
wir nicht verschweigen zu dürfcn, um so wcniger, als wir
gerade in Kardinalpnnkten der Plastik von dem Künstlcr
divergiren. Das Ganze baut sich folgendcrmaßeu auf.
Am untcrsteu Theile des Postamcntes, das von eiuem
uicht sehr großeu Beckcu eingeschlosseu wird, deuten alle-
gorische Relieffigureu das Unterliegcn dcr Pest au; sie

tragen zwei muschelförmige Wasserbecken an deren einem
zwei Tänbchen sich schnäbeln, während in das anderc zwei
aus der ofsenen Kufe entkommene Fischlein sich zu flüchten
im Begriff sind. Darüber sitzen auf rundem, rings um-
gehendem Vorsprunge vier Fleischerburschen, wclche sich
nach der Sitte des Metzgersprunges mit Wasser begießen;
über ihnen spielen vier Kinder als Musikanten unter den
mit Schnee bedcckten Tannenzweigen, von welchen vicr
Schilder herabhängen, eines mit dem Münchener Stadt-
wappen, die drei andern mit den Jnschriften: „Errichtet
von der Stadt München"; „Erfunden nnd auSgeführt
von Konrad Knoll 1864"; „Jn Erz gcgossen von F.
von Miller 1866"; das Postament cndlich kront ein den
Trinkspruch ausbringender Altgeselle. — Das Werk schcint
uns unangenehm zwischen strenger Stilistik nnd naturali-
stischer Ungebundenheit, zu schwanken; die sich beschütten-
den Metzgerburschen sind, wie sie dargestellt sind, ganz
und gar unplastisch und fügen sich nicht der Architektonik
der Säule; und dann die schneeigen Tannenzweige! da
sieht man natürlich weder das Grün der Nadeln, noch
das Weiße des Schnees, ja sie siud, wie es auch gar uicht
anders sein konnte, dunkler gehalten als die Bronzefarbe
des Postamentes. Eine solche Einfügung der Pflanzen-
ornamente ist nur dann zu gestatten, wenn sie weit ent-
fernt von allem Natnralismus dcu baulichcu Formcu
dienstbar sind nnd zeigen, wie aus dem unorganischen
Gesteiu ein bewegtes Leben cntsprießt; äber hier sind sic
nur äußerlich angesctzt, es ist ebcn blos ciu Einfall des
Künstlers, der vou Manchem beklatscht wird, aber mit der
wahren Kuust sichcrlich nichts zn thun. Zum Ucbcrfluß
erscheint uns noch die Gliederung nicht uuergisch geuug
durchgeführt uud vou uuschöneu Vcrhältnissen. Aber
dennoch haben wir nns au dem Werke gefrcut und wir
wüuschcu unr, daß die Stadt fortfahrcn mögc, dic Wich-
tigkeit eiues mouunicntalen Brunueubanes zu bcherzigeu.

Jn Betrcff des nothwcndigeii Hintergrundcs znm
Fischbrunnen, nämlich des Nathhauses ist uun cudlich eine
Eutscheidung gekommcu. Da der Magistrat sämmtlichc
Grnudpläne perhorrcscirtc, sv hat er dem Jugeuienr Ze
netti deu Auftrag gegeben eincu ncuen anznfcrtigcn; ob
dicser auch die Fayade dazu machcu wird, könncn wir znr
Stunde nicht angeben, doch glauben wir nicht, daß cinc
andere Entscheidung möglich ist. Soviel ist übrigcns
gewiß, hätte man ahneu können, daß so dic Konkürreuz
ablaufen werdc, dann hättc nian noch eiue schönc Sunimc
Geldes i» der Tasche.

Am 7. September fand die Gruudstcinlcgnng dcr
ncuen Giesingcr Pfarrkirche statt. Sic soll in gothischcin
Stilc nach den Pläncii dcs Jngenicurs Dollmaun crbant
werdcn; Nähercs darübcr hosfcn wir in eincr folgcndcu
Korrespondenz zu bringen. Doch ist bei all dem Ncucn
auch dic ehrwürdige Kathcdrale uicht vcrgcsscn wordcn;
vor ihrer Front hat nian die Hänscr weggeränmt, sv daß
 
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