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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Frimmel, Theodor v.: Aus der Stuttgarter Galerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0024

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Aus der Stuttgarter Galerie.

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mit einer Hirschjagd steht dem Jan v. Huehtenborch
viel näher, als irgend einem der Maler Namens Mo-
lenaer.

Nr. 310 lässt sich wieder auf keinen der drei
Ruisdael's beziehen, auch nicht auf Jacob Salomonsz,
den der Katalog nennt. Die Signatur ist gewiss
später von fremder Hand aufgesetzt, so dass man
beim Bestimmen dieses Bildes am besten wieder
ganz von vorne anfangen wird. Einige Benennungs-
versuche gab vor einigen Jahren die Kunstchronik.

Nr. 313. Interessantes Bildchen, das mit der
echten Unterschrift des Guilliam (nicht Jacob) de
Heuseh versehen ist und mit guten feinen Figürchen
von Abraham Guylenborch (kaum von Poelenburg)
geziert ist. Wilhelm de Heusch und Cuylenborch
waren Söhne derselben Stadt Utrecht.

Ein Hauptwerk der Galerie ist Nr. 327, das
„Brustbild eines niederländischen Bürgermeisters"
von Michel Miereveld. Die Inschriften des trefflich
erhaltenen Bildes sind größtenteils gut leserlich und
lauten folgendermaßen: „Baudewyn Ottesen de Man,
Ontvanger t' Delf . ." (links oben in schwarzer la-
teinischer Kursive, von der nur das erste t und we-
niges andere etwas undeutlich geworden sind), fer-
ner: „Aetatis, 66 . A? 1638" und darunter: „M.
Miereveld ad vivum super pinxit" (in verschiedenen
Schriftarten kursiven Charakters links, etwa in hal-
ber Höhe). Diese Inschriften klären uns nun dar-
über auf, dass der Dargestellte nicht Bürgermeister,
sondern Einnehmer („ontvanger") war. Bezüglich
des Namens erhielt ich durch E. W. Moes (der be-
kanntlich eine breit angelegte wichtige Arbeit über
niederländische Bildnisse unter dem Titel „Icono-
graphia Batava" herausgiebt) aus Amsterdam die
freundliche Aufklärung, dass die Familie de Man im
17. und 18. Jahrhundert in Delft verzweigt war,
wonach es nicht überraschen kann, dem Balduin
(Boudewyn) Otto's Sohn (Ottesen) de Man in Delft
zu begegnen.

Bei Nr. 333 ist Cornelis Jansen van Ceulen ein
Name, der sich dem Betrachter mit Gewalt auf-
drängt und der auch bald über die unhaltbare Be-
nennung Miereveld den Sieg davontragen dürfte.

Bei einigen angeblichen Berghems, die ich ge-
sehen habe, wird wohl auch eine Neutaufe nötig
werden, so bei Nr. 349, 353 und 369, deren Be-
zeichnung nicht standhält.

Nr. 350 und 357 sind hochinteressante Bild-
nisse, die einem Monogrammisten -o -f sehr nahe
stehen, dessen Werke in Pest und Pominersfelden zu
suchen sind.

Für die Landschaft Nr. 348 lässt sich eine be-
stimmte Benennung finden. Das Bild ist sicher
von Anton Mirou, der mir aus etwa zehn signirten
Bildern gar wohl bekannt ist (also nicht Brueghel).

Nr. 402, ein interessant gemachtes, flott gemaltes
Bild: „Die Belagerung einer Feste" hat mich stark
an Lissandrino (Magnasco) erinnert.

Nr. 415 wird kaum einem anderen angehören
als dem Gülls Neyts, den man aus signirten Bildern,
Radirungen und Zeichnungen recht gut kennen ler-
nen kann. Nach Van den Branden's Forschungen
ist Gillis Neyts um 1617 geboren und um 1687 ge-
storben. Die Antwerpener Gildebücher nennen ihn
im Jahrgang 1647 auf 1648 als Meister.

Das Bildchen mit der Jagdgesellschaft Nr. 428
habe ich für eine Arbeit des Wouwerman-Nachah-
niers Willem Seliellinck angesehen, Nr. 440 für einen
Junius, den sog. Amberger Nr. 494 für einen Rohrich
oder dergleichen, Nr. 515 (angeblich Holbein) für
ein Bild aus der Richtung des Orley, womit nur
Andeutungen gemacht werden.

Überdies darf ich nicht verschweigen, dass die
Wappen auf Nr. 517 und 526 unechter Schmuck
sind. Diese beiden Nummern sind angeblich die Bild-
nisse des Patrizierpaares Ehinger und sollen 1523
gemalt sein. Darauf führten die Inschriften und
Wappen. Nun sind diese (die ich bei einem der
Bilder eigens genau untersucht habe) offenbar falsch.
Nach dem unverfälschten Kostüm der Dargestell-
ten aber müssen die Bilder in die Zeit nach 1600
fallen, womit denn freilich die Mühe wieder von
vorne anfängt, zu ermitteln, wer der Maler war
und wie die dargestellten Personen heißen.

Vielleicht darf ich hoffen, dass meine Diagnosen
die Zustimmung der Fachgenossen finden werden.
Mit vielen der Urteile, die früher schon über allerlei
Bilder der Stuttgarter Galerie veröffentlicht worden
sind1), stehe ich vollkommen im Einklang, so z. B.
bezüglich Nr. 442, eines Bildnisses, das ich nicht
für englisch halten kann, sondern für holländisch um
1620, ferner bei Nr. 412, das wohl wirklich von
Paul Vredeman de Vries, dem Sohne des Hans Vred.
de Vries herstammen dürfte, bei Nr. 416 als Sybrand
van Beest, bei Nr. 425 als Benjamin Cuyp, ferner bei
Nr. 454, der „Landschaft mit Ruinen und einer Hir-
tenfamilie bei vielem Vieh", die ich mir als Hendr.
Mommers notirt habe, um hier nur einiges wenige
anzudeuten.

Wien. DR. TR v. FRIMMEL.

1) Es sind die Ansichten von Bode, Bredius, Frizzoni
und Eisenmann.
 
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