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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0036

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59

Bücherschau.

60

sowohl in Mainz als auch in Worms besitzen alle frei-
stehenden Schiffpfeiler und die korrespondirenden
Außenmauerpfeiler einen durchgehenden Sockel in
der Form der attischen Basis; beim Dome zu Speier
haben die Schiffpfeiler und Außenmauerpfeiler nur
einen kleinen Mauerabsatz, aber keinen profilirten
Sockel; nur sämtliche Halbsäulen des Mittelschiffes
und die der beiden Seitenschiffe besitzen ihre Basis.
Weiter hat Herr Meyer - Schwartau das für die ro-
manischen Dome so charakteristische Arkadengesims
in seinen Zeichnungen vom Querschnitte auf Tafel 12
und vom Längenschnitte auf Tafel 14 anzugeben
vergessen. Wenn die Maler das Arkadengesims des
Langhauses in den vierziger Jahren wegschlagen
ließen, um größere Flächen für die Freskobilder zu
erhalten, so darf doch ein Baumeister, welcher eine
umfangreiche Publikation des Kaiserdomes herstellt,
ein so wichtiges Bauglied nicht fortlassen. Chapuy,
Allemagne monumentale, und nach diesem Franz
Kugler, Geschichte d. Baukunst II, S. 452, geben in
der Langhausperspektive das in Rede stehende Ar-
kadengesims.

Auf Seite 135 und 136 werden dem Kaiser Hein-
rich IV. (1056—1106) der Umbau der Seitenschiffe zur
Wölbung, der Neubau des gewölbten Mittelschiffes,
der Umbau der Querhalle zur Wölbung, der Neubau
des gewölbten Mittelschiffes, der Umbau der Quer-
halle zur Wölbung, Krypta, Vierungsturm und obere
Geschosse der Osttürme zugeschrieben. Der Beweis
hierfür ist aber weder durch Urkunden noch bau-
analytisch erbracht worden. Dagegen führen wir
an, dass unter den drei mittelrheinischen Domen der
zu Mainz unbedingt der erste im Mittelschiffe ge-
wölbte Bau gewesen und dass dieser keinenfalls vor
dem Jahre 1140 (1137 fand ein Dombrand statt) als
vollendete Konstruktion betrachtet werden kann.
Sankt Mauritius in Köln und die im Sprengel des
Mainzer Erzbischofs gelegene Cistercienserabteikirche
Eberbach im Rheingau sind von Anfang an im
Mittelschiff auf Steinwölbung angelegt; erstere wird
urkundlich 1144 als fertiggestellt bezeichnet und letz-
tere 1186 eingeweiht.

Weiter wird auf Seite 43 Bischof Otto von Bam-
berg (1063—1139) als Bauleiter des Speierer Domes
unter Heinrich IV. gefeiert, und da Herr Meyer-
Schwartau diesem Kaiser die Einwölbung des Mittel-
schiffes zuschreibt, so wäre die Ausführung durch
Otto den Heiligen, den Apostel von Pommern, vor
1106, in welchem Jahre Heinrich IV. starb, erfolgt. Es
hat aber der von 1102—1139 als Bischof von Bam-
berg regierende Otto in seinem Sprengel nicht weni-

ger als vierzehn neue Basiliken erbaut; wie kommt
es nun, dass der kunstverständige Oberhirt darunter
nicht eine einzige ganz gewölbte Kirche ausführen
ließ, wenn er schon lange Zeit vorher den Speierer
Kaiserdom mit Steindecken im ganzen Langhause
und Querschiffe versehen haben sollte?

Bei Besprechung des Querschiffes sagt auf Seite
106 Herr Meyer-Schwartau: „Gänzlich dunkel ist
die Herkunft des griechisch angehauchten Kapitals
Fig. 3, Taf. 21". Für uns unterliegt es gar keinem
Zweifel, dass wir hier eiu altrömisches Säulenkapitäl
von demselben Tempel besitzen, welchem auch die
antiken, von uns beim Neubaue des Ostgiebels 1868
wieder aufgefundenen Dachkranzgesimse entstammen.
Siehe des Referenten Aufsatz „Römische Tempel in
Speier" in von Lützow's Zeitschrift für bildende
Kunst, Bd. XXIV, Seite 275-278. Offenbar war der
1030 abgetragene Dom eine dreischiffige Säulenbasi-
lika, bei der von den antiken Tempeln der Stadt
Speier nicht nur die Säulenkapitäle, sondern auch
die skulptirten Gesimse, soweit der Vorrat reichte,
zur Verwendung gekommen sind. Beim Neubaue
des Domes der deutschen Kaiser von 1030 fanden
die antik-römischen Details abermalige Verwendung,
und so erklärt es sich ganz einfach, dass wir uns
heute noch in deren Besitze befinden.

Auf Seite 101 wird der Neubau des Ostgiebels
besprochen, und da dieser nach dem Entwürfe und
unter Leitung des Referenten im Jahre 1868 er-
folgte, so möge hier angeführt werden, dass die beim
Abbruche der bis dahin bestandenen Riegelwand
aufgefundenen Quadersandsteinstücke zweihäuptig
waren und sich unterhalb der Dachkranzhöhe be-
fanden. Es konnte der ehemalige alte Domgiebel
noch an seinen beiden Enden erkannt werden und
zwar aus zwei Fensteröffnungen, deren unterer, im
Halbkreise gebildeter Wölbstein vorhanden; hiernach
; waren die Fenster 55 cm im Lichten breit und etwa
j 1,50 m hoch gewesen. Aus den entdeckten Resten
ergab sich weiter, dass die Stärke der ehemaligen
Giebelmauer 65 cm betrug, bei welcher geringen
Mauerstärke keine Nischen von halbkreisförmigem
Grundrisse, wie Herr Meyer-Schwartau meint, im
oberen Teile des Giebels konnten angebracht wer-
den. Bekanntlich bildet der Giebel am Ostchore des
Mainzer Domes den Unterbau für die hohe acht-
eckige Kuppel, der Giebel hat daher eine ganz ge-
waltige Mauerstärke und da lag es hier sehr nahe,
darin fünf tiefe Nischen zur Belebung anzubringen.
Die Annahme des Herrn Meyer-Schwartau, dass das
Hauptgesims am ehemaligen Speierer Ostgiebel wage-
 
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