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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Levin, Th.: Die Ausstellung alter Bilder in Utrecht, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0042

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Die Ausstellung alter Bilder in Utrecht.

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als eine Familie im Schäferkostüm, ist wenigstens
nicht ausgeschlossen. Vielleicht fühlt man sich
durch diese Bemerkungen zu einer Nachprüfung
angeregt.

Ganz besonders freut es mich, auf dieser Aus-
stellung die Bekanntschaft mit Johan Cornelis van
Loenen gemacht zu haben. Der Katalog teilt uns
mit, dass man ihn nur durch ein am 21. Febr. 1643
mit Petronella van Quirijnen zu Utrecht verlaut-
bartes Testament kennt. Sein Bildnis eines drei-
jährigen Mädchens, schön gezeichnet: J. van Loenen
Fe. 1634 (No. 128 P. F. L. Verschoor, Haag), ist
eine treffliche Arbeit von hellster, fast farbloser
Harmonie. Die Handführung, ganz außerordentlich
elegant und charakteristisch, liebt die Anwendung
von zarten Croustillants. Ich glaube mich nicht zu
täuschen, wenn ich in dem trefflichen Bildniss des
Jacob Josias van Bredehoff (No. 304, Frau Quarie
Willemier van Oosthuizen, Utrecht), welches der Kata-
log der Schule des Frans Hals zuweist, ein zweites
Werk des van Loenen erkenne.

Bei Poelenburgh finden wir zwei gleiche Dar-
stellungen der Bathseba in Konkurrenz. Alph. de
Stuers, Paris (No. 164) muss mit seinem Exemplar,
das nur als Kopie bezeichnet werden kann, vor
0. Huldschinsky, Berlin (No. 163) die Segel streichen.
— No. 166 ist ein kleines Meisterwerk, Christus
am Kreuz in scharf gegensätzlicher Beleuchtung,
(No. 165, Jos. Mönchen, Haag). — Die Arcadische
Landschaft (No. 167 Jacob Fischer, Mainz), ein
prächtiges Bildchen, welches schon 1886 in Düssel-
dorf ausgestellt war, führt uns Juda's Werbung um
Thamar vor, wie ich bereits in meinem Bericht
(Kunstchronik 1887) nachgewiesen habe, und wie
der Utrechter Katalog in den Zusätzen berichtigend
anmerkt.

Das Bildnis des Gerardus Johannes Vossius
von der Hand des Joachim von Sandrart (No. 179,
Universität Amsterdam) gehört zum Besten und Stärk-
sten, was die Ausstellung gebracht hat. — Unter
den fünf Arbeiten des Roelant Savery nimmt die
lebensgroße Henne aus dem Museum Boymans
(No. 184) das Interesse ganz besonders in An-
spruch. — Der seltene und lange unbekannt ge-
bliebene Stilllebenmaler Michiel Simons ist mit drei
Arbeiten vertreten, wovon zwei mit vollem Namen
bezeichnet sind. — No. 201 aus dem Besitz von
J. D. Waller, Baarn, vom Jahre 1664 ist ein treff-
liches und charakteristisches Beispiel von dem
Wirken des interessanten Künstlers.

Dirk Stoop ist durch ein köstliches Reiter-

gefecht (No. 205) aus der Sammlung Schubart,
München und durch eine an A. Cuyp streifende
Ruhe auf der Jagd (No. 206, G. de Clercq, Amster-
dam) vertreten. Von seinem Namensvetter M. Stoop
von dem ein bezeichnetes Bild zuerst auf der Düssel-
dorfer Ausstellung 1886 erschien, wird durch die
importante Darstellung des verlorenen Sohnes (No.
207, HopendijL Naarden) in ein weit helleres Licht
gerückt. Ein höchst interessanter Manierist von viel
Temperament und schwacher Zeichnung! Das tüchtige
Bild No. 108, rauchender Soldat (No. 208, J. E. Goed-
hart, Amsterdam), vielmehr an Knupfer und Duck
streifend, möchte ich nicht auf Rechnung des M.
Stoop setzen. Ebenso wenig No. 209, eine Wacht-
stube (v. d. Burgh, Haag), die schon der Katalog
als nur „zugeschrieben" bezeichnet. Das Bild weist
sehr deutlich auf Benjamin Cuyp. Das B. Z. be-
zeichnete Frauenporträt (No. 210, Thieme, Leipzig),
das der Katalog unter Bernardus Swaerdecroon auf-
führt, wird in dem Nachtrag als toegeschreven be-
zeichnet, und diese Vorsicht erscheint äußerst be-
rechtigt.

Von dem mit drei Bildern vorzüglicher Quali-
tät vertretenen Arie de Vois dürfte wohl nichts
Besseres gemalt sein als das Bildnis des Joseph
Hoeuffs, Heer van Lunenburg von 1679 (No. 222,
J. A. Grothe, Utrecht).

Dirk van Voorst, der mit zwei bezeichneten
Bildnissen in der Universitäts-Sammlung zu Würz-
burg und sonst nirgend vorkommt, zeigt in einem
Geistlichen auf dem Paradebette (No. 225 Klerezij
achter Klarenburg, Utrecht) eine bemerkenswerte
Größe des Stils. Das interessante Bild ist mit dem
vollen Namen bezeichnet.

Das Prediger-Bildnis von Jan van Wyckersloot,
vom Jahre 1683 mit schöner Signatur (No. 249,
Everdingen, Utrecht) wird vielleicht die Nachprü-
fung des weiblichen Porträts in Berlin No. 825 A
ermöglichen, dessen Benennung mir immer Zweifel
erregt hat.

Was in Vorstehendem Erwähnung gefunden
hat, bildet wie sich schon aus den Zahlen ergiebt,
nur einen kleinen Teil des Gesamtbestandes. Ich
gebe zunächst noch eine Zusammenstellung der bis-
her kaum genannten, bezw. zum ersten Male er-
scheinenden Namen von Meistern der Utrechter
Schule. Jan de Bondt, Stillebenmaler; Jean Henri
Brandon, Bildnismaler, der erste Meister von Hendrik
van Limborch; Johan George Colasius, Bildnismaler;
Christiaen van Colenbergb, desgleichen; Cornelis
Droochsloot, der Sohn des Joost Cornelisz; Michiel
 
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