Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0044

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
75

Sammlungen und Ausstellungen. — Vereine und Gesellschaften. — Vermischtes.

76

wir nicht. Es scheint aber, dass die aufgewendete Summe
nicht weit von 400 000 M. entfernt ist. Wenn eine öffent-
liche Sammlung, die erste des preußischen Königreichs,
zu einer Galerie ersten Ranges wachsen will, darf sie vor
solchen Ausgaben nicht zurückschrecken, und da auch
der Kaiser seine Zustimmung zu so außergewöhnlichen
Ausgaben erteilt hat, ist auch eine Kritik nach Rück-
sichten einer sparsamen Volkswirtschaft überflüssig. An
dieser Stelle, wo ausschließlich die Kunstinteressen gepflegt
werden, haben wir uns nur des Erworbenen zu freuen, das
aus dem Dunkel des Privatbesitzes der Öffentlichkeit er-
schlossen worden ist. Die lange Verborgenheit hat aber das
Gute gehabt, dass das ungewöhnlich große Bild tadellos er-
halten ist. Nur ein gelber, trüber Firniss deckt es, aber
doch nicht so stark, dass der ursprüngliche helle Goldton
darunter verloren geht. Das Bild macht trotz des gallert-
artigen Firnisses sogar den Eindruck einer Helligkeit, die
nicht viele Gemälde Rembrandt's aus seiner Blütezeit zeigen.
Wenn man den Firniss beseitigt, wird man vielleicht an
einem sonst unverdorbenen Meisterwerke ermessen können,
was Rembrandt in seiner Blütezeit eigentlich gewollt und
gekonnt hat. In diesem Bilde zeigt sich eine Meisterschaft,
die Großes und Kleines gleichmäßig berechnet und doch in
der summarischen Behandlung gewisser Teile schon auf
eine neue Phase der Weiterentwickelung des rastlosen
Genies deutet. Das Bildnis der trostbedürftigen Frau im
Vordergrunde hat noch viel von der strengen Art der hol-
ländischen Bildnismaler vor Rembrandt. Man möchte glau-
ben , dass diese Frau das Bild bei Rembrandt bestellt hat
und dass sie sich in ihrer herben Natur ohne malerische Kunst-
griffe darstellen lassen wollte. Was Rembrandt selbst wollte,
hat er in dem Bildnis des Predigers gezeigt, das er in dem-
selben Jahre auch radirt hat, und in dem köstlichen Still-
leben von Büchern, Schriften und Leuchtern, das er auf
dem mit prächtigen Decken belegten Tische zur Rechten
des Geistlichen aufgebaut hat. Das Bild ist 1781 von
Boydell in Schabkunstmanier gestochen worden; der Stich
giebt jedoch nur Köpfe und Hände ziemlich treu wieder.
Von den großen koloristischen Vorzügen des Bildes giebt
er keine Vorstellung. Es ist kein schwarzer Rembrandt,
sondern ein durch und durch heller, der keinen dunklen
Punkt hat.

Dresden. Der Verein bildender Künstler Dresdens er-
öffnete seine erste Jahresausstellung bei Lichtenberg am
Sonntag den 4. November.

*„,* Internationale Kunstausstellung in Baden-Baden.
Der Kunsthändler J. Th. Schall aus Berlin, der seit mehre-
ren Jahren im Konversationshause eine Ausstellung von Ge-
mälden moderner, meist badischer Künstler mit schönem
Erfolge unterhält, ist auf den Gedanken gekommen, in dem
vielbesuchten Badeort für das Jahr 1896 eine internationale
Kunstausstellung zu veranstalten. Es ist ihm gelungen, den
Großherzog und die städtischen Behörden dafür zu interes-
ßiren, und es sollen jetzt zunächst die für eine solche Aus-
stellung notwendigen Baupläne in Angriff genommen werden.
Es soll sich nicht um eine Massenausstellung, sondern nur
um eine Eliteausstellung handeln, deren Leitung die Karls-
ruher Kunstgenossenschaft übernehmen wird. Schönleber,
Kallmorgen, Zügel u. a. wollen an die Spitze des Unterneh-
mens treten. Die Beteiligung an der Ausstellung wird nur
auf Grund von Einladungen erfolgen, die an etwa 300
Künstler aller Nationen gerichtet werden sollen.

%* Auszeichnungen der Dresdener Kunstausstellung.
Das sächsische Ministerium des Innern hat auf Vorschlag
des akademischen Rats beschlossen, für hervorragende Werke

auf der akademischen Kunstausstellung die goldene Staats-
medaille Prof. Eduard von Gebhardt in Düsseldorf, Prof-
Heinrich Zügel in München und Prof. Carl Ludwig in Ber-
lin, die silberne Staatsmedaille Prof. Paul Kießling in Dres-
den, Bildhauer Bruno Fischer in Dresden, Maler Hans von
Volkmann in Karlsruhe, Maler Eugen von Blaas in Venedig.
Maler Franz Hochmann in Dresden und Prof. Jos. Weng-
lein in München zu verleihen. Außer Preisbewerb waren
die Künstler gestellt, welche, wie v. Defregger, Knaus, v. Len-
bach u. s. w., auf ausdrückliches Ersuchen der Ausstellungs-
kommission einige ihrer zumeist älteren Kunstwerke zur
Ausstellung gebracht haben, und sämtliche Mitglieder des
akademischen Rates.

Im Wiener Künstlerhause wurde am 9. Oktober eine
Ausstellung von Werken in- und ausländischer Künstler er-
öffnet; die Hauptanziehungspunkte bilden eine Kollektion
von Gemälden und Zeichnungen Anton Straßgschwandtner''s
(t 1881) und ein Teil des malerischen Nachlasses des Genre-
malers und Dialektdichters Ignaz Ellminger (f 2. Februar
1894), sowie die bekannte Serie echt ^l/fcrs"schen Humors
„Bakschisch". R- Bk.

0 Die amtliche Bekanntmachung der Verleihung der
goldenen Medaillen ist am 10. November, also fast zwei Mo-
nate nach Schluss der Ausstellung, durch den Staatsanzeiger
erfolgt. Sie lautet: „Seine Majestät der König haben aus
Anlass der diesjährigen Großen Berliner Kunstausstellung
mittels Allerhöchsten Erlasses vom 11. v. M. den Malern
Jose Villegas in Rom und Max Koner in Berlin, sowie der
Malerin Vilma Parlaghy ebenda die große goldene Medaille
für Kunst, und den Bildhauern Rudolf Maison in München
und Peter Breuer in Berlin, den Malern E. Dettmann in
Charlottenburg und Rudolf Eichstaedt in Berlin, den Archi-
tekten Baurat Franz Schwechten und Paul Wallot ebenda,
sowie der Malerin Bertha Wegmann in Kopenhagen die
kleine goldene Medaille für Kunst zu verleihen geruht". Zur
Beurteilung dieser Angelegenheit, die die Presse in den
letzten Wochen lebhaft beschäftigt hat, ist zu bemerken,
dass nach dem neuen Kunstausstellungsstatut dem Preis-
gericht nur das Recht zusteht, Vorschläge zu machen, dass
im übrigen aber der Kaiser die Medaillen nach eigenem Er-
messen verleihen kann. Die Jury hatte an dritter Stelle
für die große goldene Medaille den Baurat Wallot vorge-
schlagen; aber der Kaiser, dessen Abneigung gegen das
Wallot'sche Reichstagsgebäude bekannt ist, hatte den Namen
gestrichen und an Wallot's Stelle die Malerin Parlaghy ge-
setzt, die auf der Ausstellung mit einem Bildnis des Kaisers
und Bildnissen des Grafen Caprivi und des Erzbischofs von
Stablewski vertreten war. Wallot hat nur die kleine Me-
daille erhalten.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

0 Der Verein Berliner Künstler hat in seiner Sitzung
vom 6. November den Baurat Paul Wallot zum Ehrenmit-
glied ernannt.

VERMISCHTES.

*„,* Der Umbau des weißen Saals im königlichen
Schlosse zu Berlin wird auch eine Anzahl Berliner Bild-
hauer beschäftigen. Zur Ausschmückung der Nischen hat der
Kaiser bei den Bildhauern Schaper, Eberlein, Calandrelli,
| Hundrieser, Schott, Boese, Dnger, Baumbach und Toberentz
eine Reihe von überlebensgroßen Statuen brandenburgischer
Kurfürsten und Könige bestellt, die bis zum 23. Dezember
 
Annotationen