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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Der kunsthistorische Kongress in Köln, [1]
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Der kunsthistorische

Kongress in Köln. I.

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der Wissenschaft längst anerkannte Verein für rheinische
Geschichtskunde hat hier seinen Sitz und in dem städtischen
Archivar seinen Vorsitzenden, wenn auch seine Mitarbeiter
im wesentlichen der benachbarten Universität angehören,
ünd ein neues städtisches Archiv- und Bibliothekgebäude
ist in der Ausführung begriffen. Die städtische Verwaltung
sieht eben die Pflege der Kunst und Wissenschaft, gerade
weil uns die Universität genommen ist, nicht bloß als ein
Erbteil unserer Vorfahren, das wir in Ehren halten müssen,
sondern als eine ihrer schönsten und edelsten Aufgaben an.
Diese Aufgabe zu erfüllen ist allerdings nicht ohne Schwierig-
keiten in einer Zeit, wo die Stadtverwaltung zugleich be-
deutende, mit großen Kosten verbundene praktische Auf-
gaben zu lösen hat. Aber die sich stets steigernde Benutzung,
die unsere noch so bescheidenen Kunstsammlungen und
wissenschaftlichen Institute von der Bürgerschaft erfahren,
und die verständnisvolle Unterstützung, die wir mit unseren
Bestrebungen in der Bürgerschaft finden, giebt uns den Mut,
auf dieser Bahn weiterzuschreiten. Das wird natürlich je
mehr gelingen, je mehr das Verständnis für die Bedeutung
der Kunst und Wissenschaft alle Kreise durchdringt. Und
dieses Verständnis und Interesse, meine Herren, wird, hoffen
wir, auch neu angeregt durch Ihren Kongress. Darum sind
Sie uns so liebe Gäste, darum möchten wir Ihnen ein äuße-
res Zeichen unserer Wertschätzung von vornherein entgegen-
bringen. Als das geeignetste zu diesem Zweck haben wir
die Festschrift ausgewählt, die, von unserem derzeitigen
Archivar Ennen zur Domvollendungsfeier im Jahre 1880
verfasst, durch den Bachhandel aber nicht zu beziehen ist.
Ein solches Exemplar, gleich dem hier vorhandenen, stellen
wir jedem auswärtigen Teilnehmer des Kongresses zur Ver-
fügung, Sie können dasselbe in dem Bureau des Kongresses
jederzeit in Empfang nehmen. Indem ich Sie nun bitte,
meine Herren, hiervon recht reichlichen Gebrauch zu machen,
verbinde ich damit den Wunsch, dass Ihre Verhandlungen
einen recht anregenden, für alle Beteiligten befriedigenden
Verlauf nehmen möchten, dass Sie sich aber bei uns in dem
modernen Köln auch so wohl fühlen möchten, wie es bei
Gästen im mittelalterlichen Köln stets der ]?all gewesen ist,
und dass Ihnen die Festschrift eine liebe Erinnerung von
Ihrem Kölner Besuch bleiben möge. Leider bin ich durch
einen Trauerfall verhindert, mich an Ihren geselligen Freu-
den zu beteiligen, ich hoffe aber, desto größeren Nutzen
von Ihren Beratungen zu ziehen. Und so heiße ich Sie
nochmals auf das herzlichste willkommen."

Der Vorsitzende des ständigen Ausschusses der
kunsthistorischen Kongresse, Prof. Dr. Carl von
Lützoiv, dankte auf diese Ansprache des Oberbürger-
meisters und für die Festgabe mit warmen Worten.
Manche Gründe — so fuhr er fort — hätten für
die Wahl Kölns als Kongressort gesprochen, den
Männern der Kunstwissenschaft sei aber vor allem
maßgebend gewesen, dass Köln eine der ehrwürdig-
sten Pfiegestätten nationaler Kunst sei. Köln biete
ein bedeutsames Bild des Zusammenhanges von
Kunst und Stadt, der Thätigkeit und des Interesses
der Bürgerschaft für die Kunst. So war es im
Athen des Phidias, in Flandern, Nürnberg, Augs-
burg. So war und ist es in Köln. Freilich hat
nicht jede Epoche ihren Meister Wilhelm, die Ent-

wickelung bietet den Anblick von Berg und Thal,
aber der geistige Strom ist in Köln derselbe ge-
blieben, auch in unserem Jahrhundert. In diesem
Sinne feiert der Redner die Kongressstadt als eine
edle Behüterin deutschen Wesens und deutscher
Kunst. Die Versammlung bringt mit dem Redner
ein dreifaches Hoch auf das Gedeihen der Stadt
aus. —

Hierauf wurde das Bureau für die Kölner Ver-
handlungen gebildet. Dasselbe bestand aus dem
Vorsitzenden Prof. v. Lützow (Wien), Beigeordneter
Thewalt (Köln) und Direktor Woermann (Dresden),
sowie aus den Schriftführern Dr. A. Kisa und Dr.
E. Zimmermann (Köln).

Als ersten Punkt der Tagesordnung brachte der
Vorsitzende, Prof. v. Lützow, die Wahl des nächsten
Kongressortes zur Entscheidung. Er erinnerte an
den in Nürnberg einstimmig gefassten Beschluss,
dass dem Kölner Kongress als nächster Versamm-
lungsort für das Jahr 1896 Budapest empfohlen
werden soll. Die Versammlung einigt sich durch
Akklamation für die Wahl von Budapest.

Hierauf hielt Hofrat Direktor Aldenhoven (Köln)
den programmmäßig angekündigten Vortrag über
Meister Wilhelm. Redner knüpfte an die These Henry
Thode's an, dass die meisten Bilder, die dem Meister
Wilhelm zugeschrieben werden, dem 15. Jahrhundert
angehörten und mit dem Chronistenbericht des Jahres
1380 gar nichts zu thun hätten. Erinnerungen
irgendwelcher Art bestehen in Köln nicht. Wallraf
fing nach einer langen Zeit völliger Gleichgültig-
keit an, den alten Goldgrundbildern wieder Interesse
zu schenken, und Friedrich Schlegel betonte zuerst
die hohe Bedeutung des Kölner Dombildes. Seit
1833 ist Meister Wilhelm eine Gestalt der Kunst-
geschichte. 1858 tauchte eine Theorie auf, die in
der ganzen altkölnischen Malerei, namentlich auch
den Fresken des Hansasaales, Meister Wilhelm und
seine Schule sah, eine falsche Theorie, die bis heute
noch fortspukt. Der Vortragende führte nun in ein-
gehender Analyse der besonderen Kennzeichen alt-
kölnischer Figurendarstellung aus, dass irgend ein
neu auftretender Meister sich ganz wesentlich von
der übrigen altkölnischen Schule erster Zeit unter-
scheide, wie wiederum aus den Bildern späterer
Perioden erkenntlich wird, die eine allmählich sich
abschwächende Nachahmung dieses hervorragenden
Meisters zeigen. Das Auftreten Stephan Lochner's,
gestorben 1452, muss die unterste Grenze für die
Zeitbestimmung des rätselhaften Kölner Meisters
bilden. Einen festen Anhalt bildet nur das Werk
 
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