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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0098

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;en. — Denkmäler. — Sammlungen und Aussteilungen. 184

Lande sowohl, wie des bürgerlichen in der Stadt, und ich
rechne es dem Verfasser zum besondern Verdienste an, dass
er diesem von manchem seiner Kollegen leider sehr vernach-
lässigten Zweige der deutschen Altertumskunde die gebüh-
rende Sorgfalt gewidmet hat (2. B. S. 15 f. 24 ff. 35 ff. 50.
73. 110. 120 ff.). Anerkennung verdient es ferner, dass Clemen
auch die meist recht schmucklosen und einfachen evange-
lischen Gotteshäuser des 17. und 18. Jahrhunderts berück-
sichtigt und somit willkommene Beiträge zu der literarisch
von K. B. 0. Fritsch neuerdings mit so viel Erfolg in den
Vordergrund gerückten Frage nach Geschichte und muster-
giltiger Form der protestantischen Kirche gegeben hat (bei-
läufig mache ich hierbei auf die merkwürdige Kanzel in
Langenberg, S. 72, aufmerksam, welche mit ihrem breiten
Gange fast an die grossen Rednerbühnen Italiens erinnert).

HERMANN EHRENBERG.

* Brockhaus' Konversations-Lexikon schreitet in seiner
neuesten sechzehnbändigen Auflage rasch dem Abschluss ent-
gegen. Der kürzlich erschiene 12. Band (Morea—Perücke)
enthält wiederum zahlreiche sorgfältig neubearbeitete Auf-
sätze aus dem Kunstgebiet mit einer Auswahl trefflich aus-
geführter Illustrationen. In einer vorzüglichen Abbildung
wird z. B. Murillos Madonna im Prado-Museum zu Madrid
vorgeführt. Den Artikel „Niederländische Kunst" begleiten
acht Tafeln mit den hervorragendsten Denkmälern alter und
neuer Baukunst, Bildnerei und Malerei der Niederlande. Auch
der Abschnitt über Paris und der Artikel „Parlamentsge-
bäude" sind durch interessante Zusammenstellungen von
Bildern erläutert. Der Erfolg der neuen Auflage ist begreif-
licherweise ein enormer.

NEKROLOGE.

*„* Der französische Orientmaler und Zeichner Alexan-
der Bida ist am 3. Januar zu Paris im 82. Lebensjahre ge-
storben.

%* Der polnische Bildnismaler Heinrich Rodakowski ist
am 27. Dez. v. J. zu Krakau im Alter von 71 Jahren gestorben.

PERSONALNACHRICHTEN.

*„* Der Maler Edmund Barburger in München hat den
Professortitel erhalten.

Dr. Th. Volbehr, dem seit der Gründung des städtischen
Museums in Nürnberg (November 1893) die provisorische
Leitung der vereinigten kunstgewerblichen Sammlungen und
der Gemäldegalerie übertragen war, ist zum Direktor des
städtischen Museums für Kunst und Kunstgewerbe in Mag-
deburg ernannt worden.

O Dem Kunstkritiker Ludwig Pietsch in Berlin ist aus
Anlass seines 70. Geburtstages (25. Dez. vor. Jahres) vom
preußischen Kultusminister der Professortitel verliehen worden.

WETTBE WERBUNGEN.

%* Von der Berliner Kunstakademie. Das Stipendium
der Adolf Ginsberg-Stiftung im Betrage von 2000 M. ist
durch Beschluss des Kuratoriums der Stiftung für das Jahr
1895 dem Maler August ton Brandis aus Haselhorst bei
'Spandau und dem Bildhauer Karl Reinert aus Friedrichsthal
bei Gartz a. O., jedem zur Hälfte im Betrage von 1000 M.,
verliehen worden.

DENKMALER.

*„* Die Ausführung des Bronzegusses der zum National-
denkmal für Kaiser Wilhelm 1. gehirrigen Bildwerke ist den
Gießereien der Gebrüder Gladenbeck in Friedrichshagen bei
Berlin, von Martin und Piltzing in Berlin und von F. von
Miller in München übertragen worden. Der Guss des Reiter-
standbilds ist der Gladenbeck'schen Werkstätte zugefallen.

%* Die neun Statuen brandenburgisch-preußischer
Herrscher, die für den Schmuck des umgebauten weißen
Saales im Berliner Königsschlosse von den Bildhauern Schaper,
Calandrelli, Eberlein, Toberentz, Hundrieser, Schott, Unger,
Baumbach und Boese ausgeführt worden sind, sind zur Auf-
stellung gelangt und am 23. Dez. v. J. vom Kaiser besichtigt
worden. Nach der Besichtigung hielt der Kaiser eine An-
sprache an die Künstler, in der er nach einem Berichte der
„Post" betonte, „dass er den Künstlern zu danken habe für
die Bereitwilligkeit, mit der sie auf seine Intentionen ein-
gegangen seien. Er lege Wert darauf, dass der Künstler,
nur einer Stimme folgend, die den Impuls gegeben habe,
unabhängig und unbeeinflusst von Kommissionen in freiem
Schaffen seine Empfindungen zum Ausdruck bringen könne.
Die Künstler würden noch oft Gelegenheit haben, in diesem
Sinne zu arbeiten." Prof. Schaper wurde durch das Komtur-
kreuz des Hohenzollern'schen Hausordens, Prof. Calandrelli
durch die große goldene Königsmedaille, Hofbauinspektor
Geyer und Hofbaurat Ihne, die den Umbau geleitet hatten,
durch den roten Adlerorden 3. Kl. und den Kronenorden
3. Kl. ausgezeichnet.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

A. R. Ein in Dresden ansässiger Maler deutsch-russi-
schen Ursprungs, Hamens Sascha Schneider, hat in Gurlitt's
Kunstsalon in Berlin sieben Kartons ausgestellt, die wegen
ihres mystisch-kabbalistischen Inhalts einige Feuilletonisten
und Reporter, die aus Mangel an politischem Stoff und sen-
sationellen Tagesereignissen im Leben und auf der Bühne
plötzlich ihren Beruf zur Kunstkritik entdeckt haben, als
eine willkommene Abwechselung in dem grauen, aufregungs-
losen Einerlei saurer Wochen erschienen sind. Wer gelernt
hat, den Dingen tiefer auf den Grund zu sehen, wird freilich
nicht in den Jubel derer einstimmen, die sofort einen neuen
Kunstheiland oder doch zum mindesten „eine neue Kunst-
größe" entdeckt haben, weil jemand einmal barocke Einfälle
in ein seltsames Gewand gekleidet hat. Er wird sich auch
dadurch nicht imponiren lassen, dass einer oder zwei dieser
Kartons — die Tafel mit der entsprechenden Aufschrift bei
Gurlitt giebt keine sichere Auskunft darüber — für die Dres-
dener Galerie angekauft worden sind. Denn diese beiden
Kartons sind nicht nur die kleinsten, sondern auch die, die
voraussichtlich in Dresden am wenigsten Anstoß erregen
werden, obwohl sie die Phantasie der Schwärmer für Tolstoi,
Dostojewsky und Ibsen am mächtigsten erregt haben. Auf
beiden Bildern sehen wir die Rückseite eines kräftig ge-
bauten, nackten Mannes, der in seiner ganzen Körpergestal-
tungan ein Bildwerk Stucks, den „Athleten", erinnert. Auf dem
einen Blatte, das „Anarchist" betitelt ist, erhebt der nackte Mann
eine Bombe mit brennendem Zünder über dem Kopfe, um
sie gegen ein Königsbild in assyrischem Stile zu schleudern,
auf dem zweiten Blatte steht er als Verkörperung des „Schuld-
bewusstseins" — so ist das Bild genannt — da. Die mit
Ketten belasteten Arme hängen schlaff herab, und gesenkten
Hauptes blickt er einem Ungeheuer entgegen, das, auf der
Erde liegend, seine vor Raubgier funkelnden Augen auf ihn
richtet und seine mächtigen Fangarme zum Ausstrecken bereit
 
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