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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Lier, Hermann Arthur: Korrespondenz Dresden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0128

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243

dern: „In den Dünen" und „Dünenwiese" sehen
kann, ist de Haas ein Meister in der Beobachtung
und Schilderung des Rindviehs, das er mit packen-
der Lebendigkeit und ungewöhnlicher Treue in sei-
nen Gemälden darzustellen pflegt; aber man sehe sich
nur einmal den gewitterschwangeren Himmel auf
dem größeren der beiden Bilder an und lege sich
die Frage vor: ist das noch Natur oder nicht längst
schon unleidlich gewordene Manier, bei der der
Massenverbrauch der fettigsten Ölfarben unange-
nehm auffällt, und zwar nicht deshalb, weil an und
für sich der dicke Farbenauftrag stört, sondern weil
die Wirkung der sonst fein empfundenen Gemälde
unter dieser unschönen Saucerei leidet. Wir ziehen
daher das kleinere Bild: „Dünenwiese", bei dem der
Künstler nicht in den angedeuteten Fehler verfallen
ist, dem größeren weit vor und können Sammlern, die
einen feinen de Haas besitzen wollen, dieses kleinere
Tiei-stück als ein durchaus vortreffliches Werk nur
empfehlen. Mit noch größerer Wärme müssen wir
für die große Flachlandschaft P. J. C. Gabriel'.? aus
Scheveningen eintreten, die der Katalog lakonisch
als ,,Ansicht ans Holland" aufführt. Das Bild ist
nur mit zwei Farben, allerdings in sehr verschie-
denen Nüancen gemalt, es enthält nur graue und
grüne Töne, aber es wird wenig holländische Bilder
aus neuerer Zeit geben, die einen so vornehmen
Eindruck hinterlassen und aus einer gleich intimen
Naturempfindung hervorgegangen sind. Fesselt Ga-
briel^ Landschaft vor allem den Kenner, der einen,
wie man sagt, apparten Geschmack hat, so muss Fred.
J. du Chattel's „Dorf am Fluss" mit dem tiefen Schatten
am Rande der glitzernden Wasserfläche und den ver-
schiedenen Lichtspiegelungen jeden Naturfreund ent-
zücken. Einen ähnlichen Genuss gewähren die ver-
schiedenen Marinen Hendrik Wilhelm Mesdag's, der
sich noch immer neben dem in der Ausstellung
nicht vertretenen P. J. Clays in Brüssel an der Spitze
der kontinentalen Marinemaler behauptet. Der Ka-
talog führt außer Hendrik Wilhelm Mesdag noch
einen Taco Mesdag sowie zwei Damen, Frau S. van
Honten Mesdag und Frau van Calcar Mesdag, auf,
Namen, deren Träger jedenfalls in naher verwandt-
schaftlicher Beziehung zu einander stehen. Auch
in ihrer Kunst ist diese Verwandtschaft unverkenn-
bar und die Güte der Leistungen dieser verschiedenen
Mesdags annähernd gleich. Sie steht bei ihnen allen
jedenfalls wesentlich höher als bei zwei anderen, gleich-
falls nahe verwandten Künstlern, die den Namen
Ten Kate führen und von denen der ältere, M. Ten
Kate, der Vater von ,/. M. Ten Kate ist. Die Ähnlich-

keit ihrer Bilder ist sehr groß, und man möchte
glauben, dass sich das rentable Geschäft des Vaters
auf den Sohn vererbt habe. Indessen wäre es bes-
ser, wenn dem nicht so wäre, da der Artikel des
Vaters, Frauen und Mädchen, die am Strand auf
die Heimkehr ihrer Väter, Söhne, Brüder und Schätze
warten, süßlich und koloristisch ungenügend ausge-
führt, auch in der Fabrik des Sohnes nicht viel
besser hergestellt zu werden pflegt. Glücklicher-
weise ist jedoch diese gangbare Ware nicht so
reichlich, wie sie sonst in den Kunsthandlungen
geführt zu werden pflegt, in der Ausstellung mit
untergeschlüpft, sondern bildet in ihr nur eine Aus-
nahme, die den günstigen Gesamteindruck nicht
stört.

Unter den Sittenbildern ist „das bescheidene
Mahl" von Bernardus Johannes Blommers an erster
Stelle zu nennen. Wir werden in diesem Bilde in
die ärmliche Behausung einer Arbeiterfamilie geführt,
die eben im Begriff ist, das einzige Gericht, das
ihnen der Himmel beschert hat, dampfende Kartof-
feln, zu verspeisen. Der Vater und seine älteste,
bereits erwachsene Tochter teilen den jüngsten drei
Kindern ihre Portion aus, und ein Huhn, das mit
zur Familie zählt, sucht auch seinen Anteil für
sich zu retten. Gemalt ist das Bild vorzüglich, denn
obwohl das spärlich von hinten durch ein Fenster
einfallende Licht den Raum nur halb erhellt und
der dampfende Broden der Kartoffeln den Mittel-
grund erfüllt, treten die Gestalten doch plastisch
hervor und erfreuen den Beschauer durch die Zart-
heit, mit der der Künstler die Stimmung ihrer Seele
angedeutet hat. Das Porträtfach, von dem wir merk-
würdigerweise in unseren Ausstellungen nur selten
Proben zu sehen bekommen, ist durch das inter-
essante Selbstbildnis der bekannten Malerin Therese
Schwartze vertreten, die auch das Brustbild eines
rauchenden Herrn ausgestellt hat, während sich
Margarethe Roosenboom in gewohnter Weise durch
ihre Blumenstücke hervorthut.

Neben dieser Ausstellung von Ölgemälden hol-
ländischer Meister, die in den Salons der Arnold'schen
Kunsthandlung an der Ecke des Altmarktes und der
Wilsdruffer-Straße stattfindet, hat dieselbe Firma noch
in ihrem alten Kunst-Salon über dem Hauptgeschäft
in der Schlossstraße eine stattliche Sammlung hol-
ländischer Aquarelle, Pastelle und Zeichnungen, die
das Gesamtbild der holländischen Malerei unserer
Tage in wünschenswerter Weise ergänzt, vereinigt.
In ihr kehren die meisten Künstler, die man als Öl-
maler in der ersteren Ausstellung kennen lernt, mit
 
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