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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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Scherer, Christian: Neues über Ignaz Elhafen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0162

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münster fünf in Holz geschnitzte Eelief's befänden, die
alttestamentliche Gegenstände darstellten, im Jahre 1685
in Wien durch die Vermittelung des Bürgers und Gold-
schmieds Joh. Bapt. Voglhundt für 350 fl angekauft
und nach der noch vorhandenen, im dortigen Archiv auf-
bewahrten eigenhändigen Quittung des Künstlers von
I. Elhafen angefertigt wären. Der Wortlaut dieses
Schriftstückes ist folgender: „Ich Enz Onderschreiber
bekhenne das ich Von Herrn Johan Badiss Voglhund
habe Vor 5 geschnidene stuckh ') 350 fl Zu recht Em-
pfangen hab. Das bezeigt mein Eigen Handschrift und
betschafft

(Siegel) Ignati Ehlhafen

Bildhauer in Wüen."

Diese Quittung ist in doppelter Hinsicht wichtig.
Einmal erfahren wir daraus, daß E. 1685 in Wien lebte,
wo er, dem verhältnismäßig hohen Preis zu Folge, den
er für jene Arbeiten erhielt, schon ein geschätzter Künst-
ler und mithin nicht mehr allzu jung gewesen sein
muss2); sodann, dass er neben seinen Arbeiten in Elfen-
bein, durch die er ja hauptsächlich bekannt geworden
ist, auch Schnitzwerke in Holz angefertigt hat.

Von Arbeiten der letzgenannten Art dürften sich
aber jetzt, wo wir fünf urkundlich bezeichnete kennen,
noch einige andere nachweisen hissen. Zunächst mag
hier ein im Herzogl. Museum zu Braunschweig befind-
liches, 0,085 hohes und 0,140 langes Relief in Gedern-
holz erwähnt werden, das die Bekehrung des Saulus
darstellt und im Gegenstande, in der Komposition im
allgemeinen und in der Art der Behandlung mit einem
jimer fünf Kremsmünsterer Reliefs auffällig überein-
stimmt, sodass es nicht zweifelhaft sein kann, dass
beide Reliefs von demselben Meister herrühren.:i) E.
hat also auch hier, wie er das bei seinen Elfenbeinarbeiten
öfters gethan '), dieselbe Komposition mit geringen Ab-
weichungen, offenbar auf Bestellung, nochmals angefertigt.
Ferner seien drei in der Sammlung kunstindustrieller
Gegenstände des Allerhöchsten Kaiserhauses zu Wien
befindliche Holzreliefs genannt, die in Ilg's „Führer"
durch diese Sammlung p. 150 No. 27. 29 u. 31 und in

1) In der Rechnung Voglhundts werden sie „5 Kunstliche
stuckh in Holz geschulten" genannt.

2) Bei der Annahme, dass er damals etwa 25—!iO Jahre
alt gewesen, würde er um die Mitte des Jahrhunderts geboren
und also, etwa 60 Jahre alt, gestorben sein.

3) Herr P. Schmid hatte die Liebenswürdigkeit, das
liraunschweiger Relief auf Grund einer ihm übersandten
Photographie mit dem Kremsmünsterer zu vergleichen und
mir eingehend hierüber zu berichten.

4) Vergl. z. B. No. 15 meines Verzeichnisses Elhafen'scher
Arbeiten; ferner befinden sich, wie ich nachträglich von
Herrn Regierungsrat Dr. A. Ilg erfahre, in Wien zwei Elfen-
beinreliefs, die fast ganz mit den No. 9 u. 12 meines Ver-
zeichnisses übereinstimmen.

dem von demselben Gelehrten herausgegebenen Buche
„Kunstgeschichtl. Charakterbilder aus Österreich-Ungarn"
p. 206 alter Tradition zu Folge dem Alexander Golin zu-
geschrieben werden. Diese Zuweisung stützt sich zwar

j auf eine gewisse allgemeine Stilverwandtschaft der
Reliefs mit Arbeiten dieses niederländischen Meisters,
besonders mit seinen Marmorreliefs am Denkmale Ma-

\ ximilian's in der Hofkirche zu Innsbruck, beruht aber
im wesentlichen auf jener Tradition, „obwohl zugestan-
den werden muss, dass dies in den Inventaren erst im
vorigen Jahrhundert geschieht und zwar bloß in Bezug
auf das eine, welches den Raub der Sabinerinnen vor-
stellt." ') Nun zeigt aber ein anderes dieser drei Re-
liefs, das eine Römerschlacht darstellt und in Ilg's
Kunstgeschichtl. Charakterbildern p. 205 abgebildet ist,
nicht nur in der ganzen Art der Behandlung, sondern
auch in der Wiederholung gewisser Motive und sogar
ganzer Figuren 2) eine so unverkennbare Verwandtschaft
mit dem, in meinem Verzeichnis Elhafen'scher Arbeiten
unter Nr. 1 angeführten Münchener Elfenbeinrelief, dass
beide Werke meines Erachtens nur von derselben Hand

i herrühren können. Dazu kommt, dass aucli Herr
P. Schmid die große Ähnlichkeit zwischen jenen fünf
Kremsmünsterer Reliefs und diesen drei Wiener nach-
drücklichst betont und diese letzteren gleichfalls für
Arbeiten Elhafens zu halten geneigt ist. Unter diesen
Umständen dürfte es kaum allzu gewagt erscheinen,
wenn ich, eine nähere Untersuchung mir für später

I vorbehaltend, schon jetzt die Ansicht ausspreche, dass
wie jene fünf in Kremsmünster befindlichen Reliefs
und die etwas veränderte Wiederholung eines derselben
in Braunschweig, so auch jene drei in Wien aufbe-
wahrten Reliefs von der Hand des Meisters Ignaz El-
hafen herrühren. Alle diese Arbeiten haben eine un-
verkennbare Ähnlichkeit mit einander, die sich im
Material (Gedern- oder Kappelholz), in den Maßen
sowie in der technischen und stilistischen Behandlung

: kundgiebt, und sind wohl sämtlich in den 70er bezw.
80er Jahren des 17. Jahrhunderts entstanden. Ihr Stil
ist im ganzen noch strenger und weniger barock als

i in den Elfenbeinarbeiten des Meisters. Es ist daher

| wahrscheinlich, dass Elhafen, als er diese Holzschnitz-

I werke fertigte, Italien noch nicht kannte, dass er
vielmehr noch unter dem Einflüsse anderer Vorbilder
stand, zu denen möglicherweise auch Colin's Arbeiten
gehörten, und erst später, also wohl im Laufe der
90er Jahre, sich jenen maßvollen Barockstil aneignete,

l den ich als das Ergebnis seines römischen Aufenthaltes
in Verbindung mit dem Studium von Rubens und Bernini
betrachte. Dr. CHR. SCHEUER.

1) Briefliche Mitteilung des Herrn Direktors Dr. Hg
in Wien.

2) Vergl. z. B. die Figur des links im Vordergrunde mit
gefällter Lanze zum Angriff vorschreitenden Kriegers, eine

| echte Elhafen'sche Figur.
 
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