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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 6.1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.5782#0164

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315

Sammlungen und

Ausstellungen.

310

was gut und tüchtig ist, findet sich auch Dilettantenhaftes. [
Aber man sieht doch das Interesse, das lebhafte Mitempfin-
den an einem Unglück, das gerade ein Land betroffen hat,
das wie kein anderes seit Dürers Zeiten mit den deutschen
Kunstbestrebungen auf das innigste verwandt ist und trotz
aller französischer Tendenzen revolutionärer Kunstgeister
verwandt bleiben wird. — Auch die Künstler des deutschen
Kaiserhauses haben sich an der Ausstellung beteiligt: der
Kaiser selbst durch eine flott und sicher, mit starkem Em-
pfinden für den dramatischen Moment ausgeführte Tusch-
zeichnung, die einen Kampf zwischen einem Panzer und
Torpedoboten darstellt, die Kaiserin Friedrich durch das
vortrefflich gezeichnete und modellirte Pastellbildnis eines
jungen Mädchens aus Trient und die Prinzessin Friedrich
Karl durch eine anmutige, landschaftliehe Ölstudie aus der
Villa d'Este.

Düsseldorf. Bei Eduard Schulte hat W, Schreuer seinen
beiden, in einem früheren Bericht erwähnten Manöver-
szenen eine Anzahl Erinnerungsskizzen folgen lassen, die
in vollem Maße halten, was man erwarten durfte, und in-
sofern von besonderem Interesse sind, als nicht nur seine
bisherige Schwarz-Weiß- oder Braun-Weiß-Manier, sondern
auch farbige Sachen darunter sind, die auf den ersten Blick
den tonfein empfindenden Koloristen dokumentären. Er hat
dadurch den Beweis für das gebracht, was man nach der
feinen Abstufung von Licht und Schatten und Mitteltönen
in den beiden Manöyerbildern bei Kaiserswerth voraus-
setzen und auszusprechen wagen durfte, den Sinn für Ton-
reiz und Stimmung. Unter den zweifarbigen Blättern ist
das sehr dünn (beinschwarz und weiß) gemalte, im Hinter-
grund mit der Stadtansicht genommene Flussufer, mit Kin-
derstaffage, von einer zartempfundenen und vornehmen, et-
was lyrischen Stimmung, während die Manöverszene
(durchziehende Artillerie an einer Straßenecke), in Schwarz
und Weiß, einen düsteren, kräftigen Ton anschlägt. Bei der
durchaus subjektiven Auffassung dieser Momentbikler ist es
auffallend, dass sich Technik und Empfindung, /tV/idruck
und AhsAxmcV, wie sonst nur bei ausgereiftem Künstlertum,
völlig decken. Nirgends ein Strich ungewollt und selbst da,
wo nichts ist, glaubt man zu sehen, so geschickt wird das
Auge immer auf das Notwendige, Sprechende und malerisch
Entscheidende hinübergeleitet. Eine Übung auf dem Ka-
sernenhof der Ulanen, in kühl - feuchten Morgennebel ge-
hüllt, zeugt für die feine Charakteristik und sprühende
Lebendigkeit in der Auffassung kleiner Porträtköpfe und
in der Bewegung. Das Ganze, in lichtbraunem Mollaccord
abgetönt, kontrastirt fein mit dem dicht daneben hängenden
kühl-grauen und lichtvollen Genrestückchen am Flussufer,
mit der Frau und den spielenden Kindern im Vordergrund.
Alle diese sind in kleinem Format gehalten und zeigen den
Künster von einer Zartheit und Einheit des Tons, auf den
die ersten schwarz-weißen Blätter schließen ließen. Bei dem
Blatt „Die Donauperlen" ist der Versuch gemacht, die Wir-
kung künstlicher Beleuchtung in Rot-Weiß-Manier zu er-
reichen. Die Damen des Wiener Streichorchesters sitzen auf
dem Podium. Hier ist weniger Nachdruck auf Porträtähn-
lichkeit als auf die charakteristischen Stellungen und Be-
wegungen der musizirenden weißgekleideten Gestalten ge-
legt, die als helle, leuchtende Flecken sich hinter dem
Publikum abheben. Es ist noch nicht an der Zeit, voraus-
zusehen und weise Schulbetrachtungen darüber anzustellen,
welche Wege diesem jungen Genie einzuschlagen und aus-
zunutzen vorbehalten sein können. Jedenfalls steht schon
soviel fest, dass er das Zeug dazu hat, sich aus sich selbst
heraus zu entwickeln, nicht von anderen zu borgen braucht

und vermutlich auch nicht borgen könnte, so ursprünglich
und selbstempfunden ist alles, was aus seiner unendlich
durchgeistigten Beobachtung und von Energie durchtränkten
Ausdrucksweise hervorgeht. — Die umfangreiche Studien-
und Skizzenkollektion von Carl Schuhe, aus früheren und
späteren Jahrgängen zeigt den Entwickelungsgang des be-
gabten und gewissenhaften Künstlers. An überraschender
Korrektheit der Zeichnung, mit feinem Gefühl für Harmonie
in der Farbe verbunden, stehen die Tierstudien nach der
Natur (Kühe, Stiere vor dem Pflug etc.) obenan. Gewisser-
maßen als Absehluss hängt in der Mitte das von der vorigen
Märzausstellung her bekannte Straßenbild, welche" die feucht-
warme Tauschneestimmung mit einer Wahrheit, Breite der
Behandlung und einem Schmelz des Tons erfasst hat, welche
nicht zu übertreffen sein dürften. — Hans Bohrät's große Hoch-
seeinarine ist, obgleich noch hie und da schwer in der Farbe,
in künstlerischer Beziehung ein Fortschritt. Der „Viermast-
klipper im Passat", der so ziemlich alles gesetzt hat, was
er kann, und durch die vielen schmalen Segel nicht vorteil-
haft erscheint, durchzieht die Wogen des Ozeans mit kräf-
tigem Druck. In der Bewegung der langen Wellen mit der
tiefdunklen Farbe und den hellen Reflexlichtern des Him-
mels zeigt der Maler, dass er wirklich auf der hohen See
gewesen ist. — Hermann Emil Pohle hat den Hauptsaal
bei Schulte mit einer Sonderausstellung ausgefüllt, die als
Debüt des Künstlers gelten kann und einen Einblick in lang-
jähriges Schaffen und Ringen giebt. Auf das große Histo-
rienbild: „Friedrich der Große nach der Schlacht bei Zorn-
dorf in dem zerstörten Küstrin" kann man allenfalls
verzichten. Es ist ein vor Jahren begonnenes, groß-gewolltes
Werk, das, durch Krankheit unterbrochen, keinen sicheren
Zug hat und den Stempel des nicht Vollendeten an sich
trägt. Weit interessanter sind die kleineren Momentbilder
und skizzenhaften Entwürfe. Hier zeigt sich ein. gährendes
und leidenschaftliches Talent, das in erster Linie immer
koloristisch empfindet. Mit wenigen breiten Pinselhieben
wird eine Stimmung erreicht, die sofort packt. In warmem
und sattem Mollton setzt eine Abendstimmung ein: gegen
das tiefe Grün und Rot und dunkel-schattige Violett und
Blau des Terrains klingt ein kühlklarer Himmel zu einem
leuchtenden Gegenklang zusammen, der wie modern instru-
mentirte, rauschende Musik wirkt. Farbe spricht gegen
Farbe, schreit auch wohl einmal laut auf, aber über dem
Ganzen liegt Wohlklang. Das Figürliche ist leider nicht
immer glücklich geraten. Neben diesem starken und vollen
Farbenorchester muten die im oberen Saal angekommenen
Holländer und Schotten etwas zahm an. Das kühle Grau
oder melancholische Gelbgrün herrscht bei beiden vor, und
da die Landschaften und Marinen meistens aus Holland
sind, so ist zwischen den eingeborenen und ausländischen
Künstlern nicht viel Unterschied vorhanden, es sei denn,
dass die Schotten noch düsterer, kräftiger als die feintonigen.
elegisch angehauchten niederländischen Kollegen auftreten.
Bei beiden sieht man das treue Streben nach Wiedergabe
einer besonderen Augenblicksstimmung, ein Naturlaut wird
versucht festzuhalten und in allen seinen Konsequenzen
durchgeführt und darum opfert man die „Farbe", die ganzen
und halben Töne, dem „Ton", den viertel, achtel, sechzehntel
und zweiunddreißigstel Tönen. W. SCHÖLEBMANN.

%* Die diesjährige akademische Kunstausstellung in
Dresden wird am 1. September eröffnet und am 31. Ok-
tober geschlossen werden. Mit Rücksicht auf die be-
schränkten Räumlichkeiten des Ausstellungsgebäudes auf
der Brühischen Terrasse können nur ungefähr 400 Kunst-
werke aufgenommen werden, man musste daher von
 
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